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-Levis Sicht-

,,Was wollt ihr?", brachte der Mann mit zittriger Stimme hervor. ,,Sind hier in der Gegend noch mehr von euch?", fragte Hanji. Sie wirkte ruhig, aber das war nur eine Fassade. Es würde nicht lange dauern, bis sie ihre Fassung komplett verlieren und diesen Soldaten foltern würde, wenn dieser keine Informationen preisgeben wollte.

Als der Mann ihr keine Antwort gab, stieß Hanji ihn um und presste ihre Fußsohle auf die Schulter des Mannes. Er schrie auf. ,,Ich bin der Einzige! D-Die anderen sind-"

,,Rede deutlicher ich kann dich nicht verstehen", brachte Hanji hervor. Sie verlagerte ihr Gewicht auf ihr rechtes Bein. Der Mann griff ohne zu zögern nach Hanjis Fußgelenk, um sie daran zu hindern, seine Wunde an der Schulter noch mehr zu verletzen. ,,Fass mich an und du leistest deinem toten Freund Gesellschaft. Ich bin mir sicher, dass er sich darüber freuen wird."

Der Mann versuchte seine Tränen unter den ganzen Schmerzen zu unterdrücken. Schließlich ließ er Hanji los und wagte es nicht noch einmal, seine Muskeln zu rühren.

,,Die anderen sind in der N-Nähe der Hauptstadt", antwortete der fremde Soldat brav. ,,Wer sind die anderen?", hakte Hanji nach. Sie machte ihren Job sehr gut. Sie hatte kein Problem damit, Menschen zu foltern. Ich war froh darüber, dass sie mein Freund und nicht mein Feind war.

,,Das Militär! Um die Hauptstadt herum wurde ein Zaun errichtet so einer w-wie der, den ihr passiert haben müsstet. Zu den umzäunten Orten gehört nicht nur das Zentrum der Hauptstadt s-sondern auch ihre Waldgebiete", erzählte der Mann. Er verriet uns mehr als Hanji eigentlich gefordert hatte.

Perfekt.

,,V-Vor dem Zaun ist das Militär positioniert mit ihren Panzern und Waffen. Die ganzen Evakuierten s-s-sind in Mitras", stotterte der Mann. Ich wandte mich zu ihm. Hanji ließ von dem Mann ab und trat zur Seite. Ich kniete mich zu diesem Mann und blickte ihm in seine Augen. ,,Auch die Menschen aus Quinta?"

Als der Mann diese Worte aus meinem Mund hörte, verstummte er und brachte keinen Ton hervor. Er wagte es noch nicht einmal, zu atmen. Ich packte seinen Kragen mit einer Hand.

,,Niemand aus Quinta ist dort", brachte der Mann hervor. Er drehte sein Gesicht von mir weg. ,,Was meinst du damit?", hakte ich nach. Der Mann spuckte Blut und ich verzog mein Gesicht. Widerlich. Dann rollten seine Augen nach hinten und seine Pupillen wurden weiß.

,,Er ist bewusstlos, er hat zu viel Blut verloren", sagte Hanji. Ich ließ den Mann los und stand auf, sein Kopf knallte auf den Boden und unter ihm bildete sich eine immer größer werden Lache aus tiefrotem Blut, das in die Erde sickerte. ,,Lassen wir ihn hier. Er wird sowieso sterben."

Hanji richtete seine Pistole auf den Mann und drückte ab. Jetzt war er tot. Die Kugel durchbohrte seine Stirn. Ich ließ meinen Blick für einen Moment auf dem Mann ruhen, ehe ich mich zu Hanji wandte, die geradewegs auf die Leiche zuging, die die beiden Männern getragen hatten.

Ich kniete mich zu der Person. Es war eine große Frau mit schwarzem kurzen Haar. Das ist die Frau, die auf dem Foto des Mannes war, den wir tot aufgefunden hatten. Die Kleidung der Frau war knapp. Sie trug nichts weiter als ihre Unterwäsche und auf ihrem Körper befanden sich sehr viele Blutergüsse.

,,Diese Schweine", zischte Hanji. Es war nicht unwahrscheinlich, dass diese Frau vergewaltigt wurde. Ich prüfte ihren Puls, aber es war bereits zu spät. Sie war tot und ihr Körper war kalt. Der Schuss in ihren Bauch hatte sie wohl getötet.

,,Sie wollten wahrscheinlich den Hügel dort nach oben", sagte Hanji und deutete auf die leichte Steigung rechts von uns. Ich runzelte meine Stirn und ließ von der Frau ab. Ich wollte nicht wissen, wie sehr sie gelitten haben musste.

Hanji und ich gingen die Steigung hinauf und je näher wir dem Ende des Hügels kamen, desto intensiver vernahm ich den Geruch von Eisen. Es war der Gestank von Blut, der in der Luft lag. Ein ungutes Gefühl kam in mir auf, als ich herumschwirrende Fliegen in der Luft sah.

Vor uns befand sich ein Berg voller toter Körper. Alle in Blut getränkt. Sie lagen aufeinander gestapelt und ihre Gliedmaßen hingen zu Boden.

,,Levi..."

Hanji umrundete die Leichen und blickte den steilen Abhang hinab, der einen tiefen Steinbruch bildete. Es befanden sich noch viel mehr Leichen dort unten. ,,Sie wollten die Leichen dort nach unten werfen", stellte Hanji fest. ,,Zu den Monstern..."

Mir wurde mit einem Mal schlecht, als mir bewusst wurde, wie diese Leichen entsorgt wurden. Sie wurden von den Kreaturen gefressen, die sich dort unten befanden. Von hier oben sahen sie aus wie kleine Käfer. Aber wenn man vor ihnen stand, sah man dem Tod ins Auge.

,,Das ist also das Militär, auf dessen Hilfe Eren gehofft hat."

In meinem Kopf bildeten sich sehr viele Fragen. Ich hielt die Luft an und tastete eine Leiche nach der anderen ab. Zumindest die Männer. Von den wenigen Frauen, die hier lagen, waren die meisten nackt oder nur leicht bekleidet. Hanji übernahm die ganzen Frauen und Mädchen.

Hier lagen Kinderkörper.

Ich bemerkte, wie sich Hanjis Ausdruck änderte, als sie die ganzen Frauenleichen vor sich liegen sah. Ich senkte meinen Blick und fokussierte mich nur auf die Männer.

Ich wusste, wie grausam diese dreckige Welt sein konnte. Die Frauen waren zwar nicht mehr am Leben, aber sie sollten wenigstens nach ihrem Tod nicht die Blicke eines Mannes auf ihren nackten Körpern spüren.

,,Dreh dich weg", sagte ich zu Hanji, doch sie schüttelte den Kopf. Wenn ich an ihrer Stelle gewesen wäre, dann hätte ich diesem Anblick vermutlich nicht standhalten können. Zu wissen, dass Hanji eine dieser Frauen hätte sein können...

Ich fand nur bei den wenigsten Männern einen Führerschein oder einen Ausweis, der mir verriet, dass sie aus Quinta stammten. Mit jeder Leiche, dessen Herkunft ich versuchte herauszufinden, wurde ich wütender. Die meisten aus Quinta. Manche auch aus Shiganshina.

,,Schneide die Kleidung an den Armen und am Rücken auf", hörte ich Hanji sagen. Ich runzelte meine Stirn. Hanji zerschnitt die Kleidung der Leichen. Eine nach der anderen. Dann sah ich zwei Frauenleichen, die neben ihr auf dem Bauch lagen. Auf ihren Armen war ein dezentes Tattoo.

,,Ackerman."

Scheiße.

Ich tat es Hanji gleich und zerschnitt mit einem Messer die Kleidung der Männer. Die meisten trugen das Symbol der Ackerman-Familie auf ihrer Haut. Mein Gesicht wurde mit einem Mal bleich. Auch ein paar bekannte Gesichter erkannte ich in dem ganzen Blut. Die Mafia.

,,Die Ackerman-Familie ist groß. Die Mafia ist riesig. Wenn ein paar von ihnen hier sind, können die anderen nicht weit sein."

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Monster [Ereri/Riren]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt