Kapitel 5

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Als Aris seinen Pullover auszog, konnte sie nur auf seinen exquisiten Oberkörper starren. Perfekt gemeißelte Muskeln unter leicht gebräunter Haut, die bewies, dass er viel draußen im Freien war. Ein Körper wie geschaffen, um der Traum einer Frau zu sein. Celeste musste sich zusammen reißen, nicht zu sabbern. Am liebsten würde sie jetzt ihre Hände wieder darüber gleiten lassen, um dann mit der Zunge jeden Zentimeter der glatten Haut, die Hügel und Kuhlen seiner Muskeln zu erkunden. Über sich selbst überrascht, blinzelte sie. Was zum Kuckuck war nur los mit ihr? Hatte sie es so bitternötig, dass sie in dieser Situation ausgerechnet an Sex dachte? Dann begann sich sein Körper zu verändern und ihr Gehirn war wie leergefegt.

Die Knochen in seinen Armen verlängerten sich und die Jeans, welche vorher bequem gesessen hatte, fing an, seine Beine eng zu umspannen und kürzer zu werden. Er wurde größer? War er vorher schon hochgewachsen, so wuchs er jetzt auf über zwei Meter Körpergröße an. Sein Oberkörper veränderte sich, wurde vor allem breiter, die Muskeln kräftiger. Wenige Augenblicke später hatte er Arme wie Celeste Oberschenkel. Seine Hände wandelten sich ebenfalls, die Finger verlängerten sich zu messerscharfen Klauen. Am Handrücken bildete sich kurzes schwarzes Fell und wuchs an den Armen entlang bis hinauf zum Hals, wo es in seine Haare überging. Bauch, Brust und Gesicht blieben frei. Und seine Gesichtszüge, oh mein Gott! Ober- und Unterkiefer verschoben sich ein Stück aus dem heraus und die Eckzähne wuchsen zu bedrohlichen Fängen. Als das Ungetüm die Augen öffnete, starrte sie ihn zwei bodenlose schwarze Löcher, aus denen ihr Grausamkeit und tödliche Kälte entgegenschlugen.

Voller Entsetzen taumelte sie von dem Wesen, das vor wenigen Momenten Aris gewesen war, zurück. Instinktiv dachte sie daran, die Beine in die Hand zu nehmen und zu fliehen. Gleichzeitig wurde ihr klar, dass es dumm wäre vor einem Jäger davon zulaufen. Mit diesen Gedanken im Kopf stolperte sie rücklings über etwas und landete mit einem kleinen überraschten Schrei auf dem Hosenboden.

Gespannt schaute sie mit vor Angst klopfendem Herzen zu dem Lykaner auf. Es war real! Alles, was Aris ihr erklärt hatte, war Realität. Sie hatte es nicht gänzlich glauben können und bis zuletzt gehofft, er würde ihr ein Märchen auftischen, um sein Dasein als Geheimagent oder was auch immer zu verbergen. Aber hier stand der Beweis seiner Worte, wenige Meter vor ihr: Ein perfekter Jäger, mit Klauen und Reißzähnen. Die Intelligenz eines Menschen, gepaart mit der Agilität und Hartnäckigkeit eines Raubtieres. Sie starrte ihn eine Weile an und er starrte unbewegt zurück. War da wirklich noch Aris in diesem Ungeheuer? Sie war sich nicht sicher, als Bewegung in das Ungetüm kam. Es trat ein paar lange Schritte auf sie zu, beugte sich halb zu ihr hinunter und streckte ihr seine Krallenhand entgegen, als wolle es ihr aufhelfen. Sie blinzelte verdutzt und nach einem Moment der Überraschung nahm sie sein Angebot an. Ohne sichtbare Anstrengung wurde sie wieder auf ihre Beine gehoben. Sobald sie sicher stand, atmete sie tief ein. Jetzt erst wurde ihr bewusst, dass sie die Luft angehalten hatte, als die Veränderung bei Aris einsetzte.

„Hab keine Angst vor mir, Schönheit", kam es dunkel und seltsam verzerrt von ihm. Seine Stimme kaum zu erkennen, war sie um einiges tiefer und es schwang ein dunkles Knurren darin mit. Celeste schluckte und musterte erneut sein Gesicht und seinen Körper. Ja, wenn sie genau hinschaute, konnte sie den Menschen Aris in diesem Alptraumwesen sehen. Ihr Blick wanderte zurück zu den tiefschwarzen Kohlenstücken seiner Augen, als diese sich wieder zu den azurblauen Seelenspiegeln des heißesten Mannes auf Erden verwirbelten. Aris schrumpfte auf Normalgröße zurück, was ihn anderthalb Köpfe größer als Celeste machte. Einige Sekunden vergingen, in denen sie jetzt wieder den gewohnten Anblick vor sich hatte. Noch etwas unter Schock hob sie langsam ihre Hand zu seiner Brust. Sie ertastete glatte Haut, harte Muskeln und seine Körperwärme. Ja, er war es wirklich. Unsicher wie sie sich jetzt verhalten sollte, schaute sie zu ihm auf und in seinen Augen sah sie einen undeutbaren Ausdruck. Er schien auf etwas zu warten. Sie ließ ihre Hand zusammen mit ihrem Blick wieder sinken und wandte er sich abrupt von ihr ab. Er ging zur Hütte hinüber, lehnte sich mit verschränkten Armen dort an die Wand und beobachtete sie unter halb gesenkten Lidern.

Aris - Der LykanerWhere stories live. Discover now