Kapitel 13

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Celeste holte ein letztes Mal tief Luft, bevor die doppelten Türen vor ihr sich öffnen würden. Ihre Nervosität explodierte in ihrem Magen und kurz wurde ihr schwindelig. Dies könnte jedoch auch durch die eng geschnürte Korsage verursacht werden, welche es der jungen Frau erschwerte, tief Luft zu holen: Das altmodische Folterinstrument war Teil des Ballkleides, dass ihr in den vergangenen Tagen auf den Leib geschneidert worden war.

Gwen hatte darauf bestanden und die Schneider - und Anprobearbeiten hatten die gesamte Zeit beansprucht. Es wurden ihr auch von der Königin diverse Tipps zur Etikette und Eigenheiten der versnobten adligen Lykaner-Gesellschaft eingetrichtert. Wenn sie daran zurückdachte, schwirrte ihr immer noch Kopf, neben den ganzen blauen Flecken, Piksern und dem Muskelkater vom stundenlangen Stillstehen.

Doch jetzt war es so weit, ihr pfirsichfarbenes Kleid in A-Linie in glänzender Seide wurde rechtzeitig fertig, verziert mit feinster schwarzer Spitze und in Gold gefassten Kristallen. Sie fühlte sich darin selbstbewusst und wie eine Prinzessin. Ihre Locken waren in einer halboffenen Hochsteckfrisur kunstvoll arrangiert und fielen ordentlich drapiert über ihre freien Schultern, der herzförmige Ausschnitt betonte ihre Brüste. Einzig die enge Korsage bereitete ihr Kummer, neben den hohen Absätzen ihrer Riemchenschuhe. Celeste betete, dass sie gleich die Stufen nicht herunter purzeln würde, wie ein nasser Sack, da sie solche Schuhe überhaupt nicht gewohnt war.

Kalte Nachtluft strömte auf sie ein, als sich die Türen öffneten und gaben die Sicht auf die heraufführenden Stufen preis. Diese endeten vor einer nachtschwarzen vierspännigen überdachten Kutsche, die ebenso königlich und altmodisch wirkte wie der Mann, der neben dem Einstieg auf sie wartete. Azurblaue Augen leuchteten in einem frisch rasierten Gesicht, gekrönt von penibel gestylten Haaren, aus denen sich ein paar vorwitzige Strähnen gelöst hatten und die Stirn zierten. Aris war gekleidet in einem Gehrock aus schwarzem Brokat, welcher mit goldenen Borten und verziert war und mit farblich passenden Kordeln geschlossen wurde. Dazu trug er dunkle Hosen, die zur Hälfte in dunkelglänzenden kniehohen Stiefeln verschwanden. Ergänzt wurde das durch einen halblangen Fellumhang ebenfalls in nachtschwarz, gehalten von goldgelben Schnüren, der ihm einen wilden und zugleich märchenhaften Look verpasste. Beim Herabsteigen der Stufen erkannte sie einen Stehkragen und Rüschchen, welche aus den Manschetten hervorquollen, im selben Stoff wie ihr Kleid. Gwen hatte ihr erklärt, dass es üblich war, für Lykaner und ihre Erasthai farblich abgestimmte Garderobe passend zu ihrem Haus zu tragen. Denn die Adeligen waren fasziniert von Blutlinien und teilten sich dazu in Adelshäuser auf. Und Aris Adeligenhaus trug Schwarz und Orange. Die Farbe stand im krassen Gegensatz zu seinen faszinierenden Augen und betonte diese auf überirdische Weise. Er wirkte wie ein Märchenprinz als sie vor ihn trat. Ihr Lykaner ergriff ihre Hand und hauchte formvollendet einen Kuss auf ihre zitternden Finger.

„Guten Abend, Schönheit!", richtete er sich auf und ließ bewundernd seinen Blick über sie schweifen. „Ich hätte nie erwartet, dich in den Farben meines Hause zu sehen." Er pausierte, als müsste er erstmal seine Gedanken sammeln, weil der Anblick der jungen Frau ihn in absolutes Staunen versetzte. „Neben dir verblasst heute Nacht selbst der Mond in seiner vollen Pracht,", beugte er sich zu ihr und flüsterte, nur für ihre Ohren bestimmt: „Und ich werde jeden in diesem Ballsaal töten müssen, der dich zu lange anschaut", bevor er sich mit einem Zwinkern wieder aufrichtete und Celeste sprachlos zurückblieb.

Er öffnete die Tür der Kutsche und bedeutete ihr, einzusteigen. Die junge Frau war von seinen Worten wie erstarrt. Sie hatte den Lykaner seit dem Abendessen vor zwei Tagen nicht mehr gesehen und war völlig überfordert von seinem Anblick und seiner Ausstrahlung. Seine Wirkung auf sie war nach wie vor unübertroffen und sie stellte fest, dass sie ihn schmerzlich vermisst hatte. Sie war so beschäftigt gewesen, dass ihr das jetzt erst bewusst wurde, als sie wieder vor ihm stand. Seine Berührung hatte ihre Nervenenden entflammt und seine Aussagen ihre Gehirnzellen gegrillt. Als sie nicht auf seine Aufforderung zum Einstieg reagierte, wandte er sich zu ihr um und lächelte.

Aris - Der LykanerDove le storie prendono vita. Scoprilo ora