KAPITEL 2 | Schampus und Schmierlappen

136 29 69
                                    

ZALEA

In meinem gesamten Leben, welches nun schon seit dreißig Jahren auf dieser Erde besteht, bin ich noch nie in der ersten Klasse geflogen. Jetzt sitze ich hier. Direkt neben mir ein grinsender, schmieriger Kerl, dessen Namen ich mir nicht gemerkt habe. Seinetwegen bin ich überhaupt in diesem Flugzeug, weshalb ich mich fast schlecht fühle, weil ich ihn derart biestig behandelt habe.

Der Kerl zahlt mir eine Stange Geld dafür, dass ich mich um jemanden kümmere, der offenbar einen Freund braucht. Nur deswegen habe ich meine Freundinnen für die nächsten vier Wochen in der WG allein gelassen. Nur deshalb musste ich mir eine plausible Lüge für meine Familie einfallen lassen. Und nur deswegen bin ich total zappelig vor Aufregung.

Bisher weiß ich nicht viel über den Mann, um den es geht. Lediglich, dass er ein Arbeitstier und vor einigen Jahren von seiner Verlobten sitzengelassen worden ist.

»Schampus, chéri?«, murmelt der Schmierlappen in meine Richtung, als die Stewardess vorübergeht. Seine Stimme verheißungsvoll rauchig. »Du wirst ihn brauchen. Rowan ist kein besonders geselliger oder gelassener Mensch.«

Richtig. Der Kerl, mit dem ich mich anfreunden soll, heißt Rowan.

»Gibt es auch Erdbeeren?« Meine Stimme klingt eindeutig aufgeregt. Daraufhin lacht der Typ neben mir, ehe er die langbeinige Stewardess herbeiwinkt.

»Wir hätten gerne zwei Champagner und eine Schale Erdbeeren«, bittet er. Der Augenaufschlag, den er ihr schenkt, lässt selbst mich errötend die Beine überschlagen. Aus jeder Pore trieft Sex. Ich mag es nicht zugeben, weil er ein bisschen eklig ist, aber er ist nicht von schlechten Eltern. Ein hübscher Mann, der die Lawinen aus lasziven Blicken gekonnt in eine Konversation einbringt. Sie entfernt sich mit tippeligen Schritten und jetzt bekomme ich seine volle Aufmerksamkeit. »Hast du bisher auf keinem Flug Snacks bekommen?« Sein Raunen lässt eine Gänsehaut auf meinen Armen entstehen.

»Ich bin noch nicht sonderlich oft geflogen und Champagner mit Erdbeeren sind keine alltäglichen Snacks für mich«, antworte ich schulterzuckend. Unauffällig rutsche ich ein Stück von ihm ab. Obwohl er erstaunlich gut riecht, dafür, dass er mich um halb drei vor meiner Wohnung abgeholt und anschließend direkt mit mir zum Flughafen gefahren ist, geht mir die körperliche Nähe gegen den Strich.

»Also, bist du kein Mitglied im Mile High Club?«

»Ein Clubmensch bin ich ohnehin nicht«, gebe ich mit gefurchter Stirn und einem Kopfschütteln zurück. Er lacht begeistert auf, klatscht sogar belustigt in die Hände. »Bist du denn Mitglied?«, frage ich gespielt interessiert.

»Oh Babe, ich bin Mitglied in so ziemlich jedem guten Club dieser Welt«, antwortet er überaus selbstbewusst. Er sieht eindeutig wie ein Clubmitglied aus. Ein überaus schnöseliger Club.

Mit einem verkniffenen Lächeln nicke ich verstehend und wende mich schließlich dem Fenster zu. Die Wolken sehen aus wie Zuckerwatte, die Landschaft wie eine Miniatur im Museum und die Sonne wirkt endlos. Als Kind habe ich mir vorgestellt, dass der Himmel gefüllt ist mit allerlei Engeln und verstorbenen Menschen, allerdings ist es hier oben beinahe gespenstisch leer.

Die Stewardess stellt den Champagner und die Erdbeeren auf den kleinen Tisch zwischen unseren Plätzen und schenkt meinem Sitznachbarn einen derart aufreizenden Blick, dass ich rot werde. Er grinst begeistert, reicht mir meine Champagnerflöte und sorgt beim Anstoßen für ein klirrendes Geräusch. Zwei Sekunden später hat er sein Glas geleert, eine Erdbeere verspeist und erhebt sich. »Entschuldige mich, Babe. Ich werde jetzt meine Mitgliedschaft verlängern«, informiert er mich. Blinzelnd sehe ich ihm nach, wie er in Richtung der Stewardess schlendert. Überraschenderweise greift er nach ihrem Handgelenk und zieht sie mit sich. Meine Augen werden groß, als ich beobachte, wie er die Tür zur Toilette öffnet und sie grinsend hineinschiebt, bevor er ihr folgt.

MONSTER'S HEARTWo Geschichten leben. Entdecke jetzt