KAPITEL 11 | fliegender Stift

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ZALEA

Eine Woche ist das Treffen mit Caius her. Rowan. Sein verfluchter Zweitname, den nur Holt für ihn verwendet.

Schnaufend sinke ich auf die Sitzbank in dem monströsen Kleiderschrank und starre die Shirts und Blusen an, die an edlen Bügeln baumeln. In den letzten sieben Tagen habe ich eine ernstzunehmende Kaufsucht entwickelt. Jeder Laden, der mir in die Quere kommt, wird von mir nach wunderhübschen Teilen durchforstet. Vor drei Tagen habe ich ein riesiges Paket an die Mädels geschickt, in dem ich Souvenirs, Süßigkeiten und kleine Geschenke verstaut habe. Der Hotelpage hat mich erschrocken gemustert, als ich ihm das Paket überreicht habe.

Jetzt sitze ich hier und betrachte mit gekräuselten Lippen die Auswirkungen meiner Sucht. Ein lockerer knielanger roter Rock schwingt um meine Beine und eine leichte weiße Bluse flattert um meinen Oberkörper. Kopfschüttelnd steige ich in meine weißen Heels, schließe den Verschluss am Knöchel und stemme mich wieder hoch.

Holt will sich mit mir treffen. Caius ist unauffindbar. Er vermutet, dass er sich in seiner Wohnung verschanzt und zum Arbeiten in die Firma seines Vaters fährt. Mich irritiert, dass er ihn ständig Rowan nennt, und bislang hatte ich nicht die Gelegenheit, ihn danach zu fragen. Holt hat mir viel über Caius erzählt.

Ich kenne seinen Geburtstag und seinen favorisierten Drink. Manhattan. Wie ich vermutet habe. Caius ist Sternzeichen Stier, was überraschend gut zu ihm passt. Die Tätowierungen sind eine Art Rebellion gegenüber seiner Familie, die wohl äußerst spießig ist. Caius hat eine Schwester und drei Brüder. Er ist der älteste Sohn und wurde von seiner Verlobten sitzengelassen. Seitdem ist er süchtig nach der Arbeit. Caius kennt das Wort Freizeit nicht und er ist nicht mehr glücklich. Mittlerweile höre ich die Sorge in Holts Stimme, wenn er über seinen besten Freund spricht.

Ich greife mir meine Tasche, verstaue alle wichtigen Dinge und verlasse das Hotel. Der Fahrer wartet auf mich, um mich zum Treffpunkt mit Holt zu bringen. Die Fahrt dauert nicht lange und endet vor einem monströsen Gebäude, welches nach Geld riecht. Mit gerunzelter Stirn steige ich aus, schiebe die Sonnenbrille in meine Haare und werfe einen Blick die Fassade hinauf. Über dem Türbogen prangt der Name einer Firma, den ich durch die Reflexion der Sonne nicht entziffern kann.

Meine Augen wandern über den Gehweg, aber ich kann Holt nirgendwo entdecken. Ich drehe mich um, damit ich den Fahrer fragen kann, allerdings ist der Wagen weg. Nachdenklich fahre ich mir durch die Haare und lasse den Blick schweifen. Dann ziehe ich mein Handy hervor und wähle seine Telefonnummer.

»Zalea«, begrüßt er mich überschwänglich. »Es ist jemand auf dem Weg, um dich abzuholen.«

»Wieso stehe ich vor einem Firmengebäude?« Meine Frage lässt ihn lachen.

»Weil ich einen Plan verfolge«, erwidert er.

»Du hast mich um ein Treffen gebeten und jetzt schickst du mich in eine Firma? Wie genau sieht er Plan denn aus, Holt? Soll ich mir einen Job suchen?«

»Warte ab.« Im nächsten Augenblick ist die Verbindung weg und ich starre blinzelnd auf das Display. Missmutig verstaue ich das Handy in meiner Handtasche, als ich eine hübsche Blondine bemerke. Mit einem breiten Lächeln und winkend kommt sie zielstrebig in meine Richtung.

»Sie müssen Zalea sein«, ruft sie freudig und bleibt vor mir stehen. »Mein Name ist Courtney. Mister Wells hat mich geschickt, um Sie nach oben zu bringen.« Verdattert folge ich ihr in das imposante Gebäude. Das Lächeln verrutscht den gesamten Weg hinein nicht. Sie strahlt, wie eine grelle Glühbirne.

Der Aufzug stoppt in der vierzehnten Etage und die Türen gleiten auf. Sie geben den Blick auf einen marmornen Empfangstresen frei. Dahinter sitzen zwei ebenso bildschöne Frauen. Sie mustern mich neugierig, während Courtney mich einen langen Flur entlangführt. Edle Holztüren, unzählige Grünpflanzen und polierter Boden. Die Firma muss einen Haufen Geld scheffeln.

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