KAPITEL 6 | Flanellnegligé

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ZALEA

Sacht streichen warme Finger über meinen Handrücken, während ich den Stiel des Glases festhalte. Ein heißer Schauer rieselt über meine Haut. Caius sieht mir derart tief in die Augen, dass mein Herz zittert. Er wartet auf meine Antwort, doch mir fallen die passenden Worte einfach nicht ein. Sie wollen nicht aus meinem Mund, obwohl ich sie aussprechen will.

Der Mann ist ein absoluter Leckerbissen. Nur zu gerne würde ich ihn mit in mein Hotelzimmer nehmen, allerdings geht es bei meinem Aufenthalt in Denver nicht um mein Vergnügen. Wenn ich in Mesa wäre, würde ich ihn sofort mitschleifen. Aber ich bin nicht zu Hause.

»Ich kenne den Gesichtsausdruck«, macht sich Caius' Stimme wieder in meinem Ohr bemerkbar. »Du denkst darüber nach, nicht wahr?« Jetzt schmunzelt er. Hastig nehme ich noch einen Schluck von dem köstlichen Wein.

»Ich muss dich enttäuschen, Caius.« Langsam schüttle ich den Kopf und senke den Blick auf seine Hand. Die Tätowierungen überziehen seine Haut, als wäre diese Kunst eigens für ihn erschaffen worden. Im Licht der Bar kann ich die Einzelheiten nicht erkennen. »Heute bin ich für keine Fahrt in der Geisterbahn zu begeistern.« Die Ablehnung schmerzt auf meiner Zunge.

Caius blinzelt, ehe er tief durchatmet und sich aufrichtet. Mit einem Nicken erhebt er sich von seinem Platz. Sein Gesichtsausdruck ist eine steinerne Maske, während er ein Lächeln offenbart. »Viel Spaß mit deinem Date«, wünscht er mir, dann dreht er sich um. Innerhalb weniger Sekunden ist er zurück an seinem Tisch. Allerdings schenkt er mir für die nächsten zwei Stunden, in denen ich an der Bar sitze und auf Holt warte, keinerlei Beachtung mehr.

Um kurz vor zwei Uhr nachts wird es mir zu blöd und ich bitte einen Kellner um die Rechnung. Schluckend begleiche ich die achtzig Dollar, die ich für zwei Gläser Wein berappen muss, und verschwinde. Caius wirft mir nur einen kurzen Blick zu, als ich mich noch einmal umdrehe. Ganz leicht scheinen seine Augen sich zu verengen, dann bin ich aus der Tür und atme die frische Nachtluft ein.

Fröstelnd, weil ich nicht damit gerechnet habe, eine Jacke zu brauchen, begebe ich mich auf den Weg in Richtung Hotel. Die Herfahrt ist kurz gewesen, weshalb ich mir den Weg merken konnte. Die Bars am Straßenrand sind voll, ebenso die Restaurants. Mit einem Summen auf den Lippen schlendere ich an den Geschäften vorbei, werfe Blicke in die Schaufenster und sehe mich nach einer Gelegenheit für einen Snack um. An einer unscheinbaren Imbissbude bestelle ich mir Pommes und schlendere damit zurück zum Hotel.

Imposant ragt das kolossale Gebäude vor mir in den Nachthimmel hinauf. Ich gehöre hier nicht her, obwohl ich im Augenblick stark danach aussehen muss. Ein Angestellter hält mir die Tür auf, während ich fröhlich grinsend mit den Pommes hineinschlendere.

Das Zimmer ist still und verlassen. Ich knipse eine der Lampen auf dem Nachttisch an, schäle mich aus dem Kleid und hänge es zurück in den Schrank. Ich binde mir die Haare zurück, schlüpfe nebenbei aus den Schuhen und schnappe mir meinen Schlafanzug aus dem Koffer.

Im Badezimmer entferne ich das Make-up von meiner Haut, putze mir die Zähne und schnaube der schwarzhaarigen Frau – die nichts mit mir gemeinsam hat – im Spiegel entgegen.

Schlussendlich lande ich auf dem monströsen Bett, kuschle mich in die flauschigen Kissen und schalte den Fernseher an. Gelangweilt zappe ich durch die Programme, bis mein Handy klingelt. Hastig stürze ich aus dem Bett zurück ins Badezimmer und greife nach dem schwarzen Gerät, das nach wie vor auf dem Waschtisch liegt. Auf dem Display leuchtet der Name von Holt. Die Nummer habe ich nach der Ankunft im Hotel eingespeichert. Ein ungutes Gefühl bildet sich in meinem Magen.

»Hallo?«, melde ich mich. Meine Stimme flattert vor Nervosität.

»Wieso bist du abgehauen? Es lief doch gut«, sagt er ohne jegliche Begrüßungsfloskel.

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