21 Andrés - Die Zeiten ändern sich

229 22 11
                                    

Andrés saß entspannt auf Blue, der ungerührt neben Chicagos Eskapaden den Strand entlang stapfte. Der Himmel strahlte hellblau über ihnen, wenige einzelne Wölkchen brachten ein wenig Farbvielfalt hinzu. Die Ebbe hinterließ nassen Sand und gelegentliche Priele im Watt, und ein paar Seemöwen trudelten im leichten Aufwind.

Andrés war froh, dass sie angekommen waren, dass alle Pferde die kurze Reise gut überstanden hatten, und als endlich jeder Reiter samt Gepäck auf dem Pferd saß. Und er war froh darüber, dass sich dieser kleine Ausflug wie eine Flucht aus dem Alltag anfühlte.

Also noch mehr, als er dem Alltag durch den Sommer bei Liam sowieso schon entflohen war. Andrés dachte an Liams Worte, die dieser so möchte-gerne weise an dem Feuerkorb in der Gewitternacht verkündet hätte – dass sich Andrés entscheiden müsste, für oder gegen etwas. Dass halbherziges in den Tag hinein leben auch kein Zustand war, das war er so langsam gewillt zu akzeptieren.

Nur wie, wie sollte er sich für oder gegen etwas entscheiden, wenn er nicht wusste, was richtig oder falsch war. Wenn er nicht wusste, welche Entscheidung ihn glücklich machen würde, wie er Lösungen für seine Themen und Probleme finden sollte, und was überhaupt eine funktionierende und nachhaltige Lösung dafür sein würde.

„Und, bist du öfter hier?", tauchte Carter mit seinem Palomino an Andrés anderer Seite auf.

Josh schnaubte amüsiert neben ihnen, und Andrés rollte mit den Augen. Er verstand die Anspielung sehr wohl, hatte sich ein Teil des Neuzugangs ihrer Gruppe, namentlich Anna, vorhin doch sehr auffällig versucht, mit ihm zu flirten. Wofür Andrés ungefähr so empfänglich gewesen war wie für Telefonmarketinganrufe.

Ungerührt schenkte er Carter dann ein breites Lächeln. „Klar, Schatzi, für dich immer."

Der hustete daraufhin erstmal, als er sich verschluckte. Josh schnaubte derweil mit seinem Pferd um die Wette.

Maila, die mit ein wenig Abstand vor ihnen die Tete führte, und sich bisher mit Ronja unterhalten hatte, warf einen neugierigen Blick nach hinten, bevor sie sich leicht kopfschüttelnd wieder umdrehte.

„Ach, Andrés. Wie du immer die richtigen Worte findest". Carter nahm sich selbst auf die Schippe, und blinzelte übertrieben zu ihm herüber.

Andrés verzog daraufhin nur das Gesicht, er hatte genug von der Schmierenkomödie, und trabte Blue an. Chicago buckelte neben ihnen los, was Blue und Andrés geflissentlich ignorierten, und sie schlossen zu Maila und Ronja auf.

Letztere grinste, als sie ihren Bruder und seinem Rodeopferd zuschaute. „Ganz ehrlich? Ich habe ihn noch nie so viel Schimpfen gehört beim Reiten."

Andrés schmunzelte, „Ja, da kannte er dieses Pferd ja auch noch nicht."

Chicago hatte derweil genug von seiner Gymnastik, und versuchte jetzt, durch Seitwärtstritte in Richtung des langsam verschwindenden Meers zu kommen. Planschen stand bei ihm immer hoch im Kurs, und die kommende Ebbe erschwerte sein Vorhaben sehr.

„So gesehen hattest du mehr Glück bei der Pferdewahl." Auf Andrés Kommentar hin erhellte ein Lächeln Ronjas Gesicht.

„Ich würde sie am liebsten gar nicht mehr hergeben. Oder abends mit aufs Sofa nehmen. Ich bin mir sicher, sie hätte nichts gegen das Sofa." Damit tätschelte das Mädchen den schlanken Hals der Rappstute, die zufrieden schnaubte.

Andrés dachte an Chicago, der gegen Sofas oder sonstige Inneneinrichtungsgegenstände auch nur den Einwand hatte, dass der Fuchs diese nicht detaillierter betrachten durfte.

„Das wäre ein sehenswertes Bild", erwiderte er dann, während die Gedanken in seinem Kopf sich immer schneller im Kreis drehten. Behalten, nein fürs Pferde behalten konnte er nicht sorgen. Die Ausnahme war Attila gewesen. Und er konnte auch nicht garantieren, dass es für immer sein würde, aber was, wenn er zumindest ein paar Reitern wie Josh und Ronja für eine Junioren oder Junge Reiter Phase ein passendes Pferd zur Verfügung stellen konnte? Nur, was würde das dann für ihn heißen? Wäre das dann doch eine Entscheidung für den Reitsport und gegen sein Studium? Wollte er das?

Hufspuren im HerzWhere stories live. Discover now