5 Andrés - Als ob wir keine Zeit haben

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Andrés verbrachte zwanzig Minuten damit, mit Chicago auf der Koppel fangen zu spielen. Das Pferd verfluchend, das jetzt an einem langen Strick hinter ihm herdackelte, wie ein zu groß geratener Hund, legte er den kurzen Weg zum Hof zurück.

Lärm drang vom Haupthaus bis auf den Hof, Gelächter, Geschirrgeklapper und das Geplapper von vielen verschiedenen Stimmen. Er genoss die Ruhe im Stall, und schloss schnell das große Tor hinter sich. Hier hörte man nur das leise Rascheln des Strohs, wenn sich ein Pferd bewegte, und hin und wieder ein Schnauben oder ein Prusten.

Josh lehnte an der Tür der Sattelkammer, seine Augen wanderten zwischen Andrés und Chicago hin und her.

"Hi", begrüßte Andrés ihn, "du bist früh." Josh warf nur einen Blick auf seine Armbanduhr, um dann mit den Schultern zu zucken.

Andrés reichte ihm Chicagos Strick und wies auf einen der Putzplätze. Genauso wortlos verschwand er dann in Liams privater Sattelkammer. Chicagos Sachen heraussuchend, tauchte Josh hinter seiner Schulter auf und sah ihn fragend an. Na gut, dann hatte er eben einen stillen Schatten, fand sich Andrés ab.

Er reichte eine Trense und Gamaschen nach hinten durch.

"Du darfst das ganze Zeug gerne in einem der Schränke in eurer Sattelkammer lagern. Gehört zum Pferd, und damit dir für den Sommer."

"Danke", brachte Josh leise hervor.

"Du dankst mir nicht mehr, wenn du morgen mit dem Chaoten eine halbe Stunde fangen spielst oder er die Bettdecke deiner Exfreundin zerfetzt hat." Der verwunderte Blick brachte ihn zum Lachen.

"Lange Geschichte", Andrés warf einige Bürsten in die zweite der Putzboxen, die in dem Sammelsurium des LKWS gelegen hatten, und die er irgendwie in seinen Schrank gequetscht hatte. "Wenn du irgendwas brauchst, bediene dich, aber sag mir, dass du es hast, ja?"

"Warum gibst du mir dein Pferd?", bekam er als Antwort auf seine Frage. Andrés tauchte aus dem Schrank auf und sah den Jüngeren an.

"Warum nicht? Welche Begründung willst du, die ehrliche, oder die von der ich glaube, dass du sie am liebsten hören magst?" Während er redete verließ er die Sattelkammer, Putzbox in der Hand, Vorderzeug und Sattelgurt über eine Schulter geschmissen.

"Beide?", Josh war ihm wieder gefolgt, und hängte die dunkelbraune Trense ordentlich an einen Haken des Putzplatzes. Chicago ruderte abwechselnd mit den Vorderbeinen in der Luft herum, wohlwissend, dass er nicht scharren durfte, und sehr stolz drauf, diese Zwischenlösung gefunden zu haben.

Andrés gab ihm einen tadelnden Klaps. Chicago wackelte mit den Ohren.

"Gut. Ehrlich ist, dass es mich ankotzt, wenn jemand der irrsinnig viel Talent hat, aus finanziellen Gründen nicht die Chancen hat, dieses zu nutzen. Was du vielleicht hören magst, ist dass der Lerneffekt für dieses Pferd mit einem fremden Reiter und mir als Trainer mit täglichem Training höher ist, als wenn ich alle zwei Tage wie ich lustig bin, mal reite."

Josh sah ihn nur an.

Andrés grinste, "ich kann auch noch ewig weiter reden, aber für mich ist das Thema damit durch. Putz Chicago. Oh, und Präferenzen, was für einen Sattel du willst?" Er fragte den letzten Teil, während er schon in der Tür stand.

"Äh?", kam es von Josh.

"Mehr Pauschen, oder fast gar keine?"

Ein Schulterzucken war wiederum die Antwort, "Ich nehme alles, und wenn es gar kein Sattel ist."

"Darfst du auch", damit schnappte sich Andrés sein Handgelenk, und zog den überraschten Josh mit sich. Seine Hosentaschen nach dem Schlüssel durchwühlend, standen sie beide vor dem dunkelblauen LKW.

Hufspuren im HerzWhere stories live. Discover now