27. Kapitel

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Ich blinzelte Akuna verständnislos an. Dann lachte ich kurz nervös auf.
"Ähhm, du weißt schon das wir in einem Wüstendorf leben und Sand da nichts ungewöhnliches ist, oder?", fragte ich in einem belustigten Ton, doch mein Bauchgefühl sagte mir dennoch das irgendwas nicht stimmte.
Der Blick meiner Freundin war immer noch ernst und voller Sorge.
"Das stimmt zwar, aber es ist nicht normal wenn wir in einer Leiche, in den tiefsten Wunden und in den inneren Organen so eine Menge Sand finden, besonders nicht wenn er mit Chakra durchzogen war. Und es war nicht das Chakra deiner Mutter."
Ich schluckte aus Angst vor den nächsten Worten.
"Deine Mutter wurde von jemandem getötet, der mit Sand gekämpft hat. Und in Suna gibt es, soweit ich weiß, nur eine Person die das so gut kann. Du weißt wen ich meine, nicht?"
Natürlich wusste ich es. Aber aus irgendeinem Grund schockierte es mich nicht. Es machte mich nicht einmal traurig. Alles was ich spürte war Wut. Aber es war nicht meine eigene. Verwundert ließ ich meine Gedanken frei schweifen und fühlte plötzlich Minorus Geist sehr stark. Es war seine Wut, sein Hass den ich so stark spürte.

Minoru? - WAS?! - Kein Grund gleich so aggressiv zu werden... - ACH NEIN?! DU HAST JA KEINE AHNUNG!!

Ich schluckte und versuchte den fauchenden Dämon aus meinem Kopf zu verbannen. Im Moment hatte ich meine eigenen Probleme. Zum Beispiel Akuna, die, nachdem ich ihr nicht geantwortet hatte, verwirrt mit der Hand vor meinem Gesicht herum wedelte.
"Ähm, Takami? Hast du mir zu gehört? Ich habe gesagt, dass Gaara vermutlich deine Mu-"
Ich ergriff blitzschnell ihre Hand und starrte sie mit rot leuchtenden Augen an.
"Ich habe es gehört! Okay?"
Verschreckt trat meine Freundin einen Schritt zurück, doch nach ein paar Sekunden versteinerte sich ihre Miene. In ihren Augen funkelte ein merkwürdiger, undeutbarer Ausdruck.
"Ich wollte nur sagen... Pass auf mit wem du deine Zeit verbringst, ja?"
Und mit diesem Worten drehte sie sich um, dann rannte sie fast schon die Straße entlang und verschwand um die nächste Ecke.
Ich blieb ein paar Minuten einfach so stehen und versuchte mit dem fertig zu werden, was das schwarzhaarige Mädchen mir grade gebeichtet hatte. Plötzlich schoss die Erkenntniss wie ein Blitzschlag auf mich ein. Es war, als wäre das ganze vor ein paar Sekunden noch nicht wirklich war gewesen, es war einfach surreal und unrealistisch. Aber jetzt füllte dieser eine Gedanke meinen ganzen Kopf.
Gaara war der Mörder meiner Mutter. Also vermutlich. Wahrscheinlich. Sehr wahrscheinlich. Ach verdammt! Ich verstand es einfach nicht. Irgendwie war ich nicht einmal wütend. Ich fühlte mich einfach leer, so wie damals als ich die Leiche meiner Mutter gefunden hatte. Ja und jetzt, wo ich den vermeintlichen Mörder kannte, war es das selbe.
Gaara. Mein Gaara. Mein wunderschöner, liebevoller, rothaariger, nahezu perfekter Gaara. Vielleicht hätte ich es mehr verstanden wenn es noch zu der Zeit gewesen wäre, in der er noch so unheimlich und mordlustig war, aber es war schon einige Wochen gewesen, nachdem er sich so schlagartig verändert hatte.
Ein trauriges Lächeln huschte über meine Lippen. Ich liebte ihn so sehr. Und ich hatte keine Ahnung was ich jetzt tun sollte. Es zerriss mich innerlich, einerseits war der Verlust meiner Mutter unglaublich schlimm für mich gewesen und ich sollte Gaara dafür hassen, aber andererseits war er mir so unglaublich wichtig, vielleicht sollte ich ihm verzeihen...? Und dann war da noch ein winziger, klitzekleiner Teil meines Herzes, der mir sagte, dass Gaara sie vielleicht garnicht umgebracht hat. Aber warum sollte Akuna mich anlügen? Sie war meine beste Freundin, sowas würde sie nicht machen, oder?
Ein kalter Schauer schoss über meinen Rücken und ich begann augenblicklich zu frieren. Warum war es so kalt? Das ist ziemlich ungewöhnlich für Suna, besonders um diese Jahreszeit. Ich beschloss, erstmal nach Hause zu gehen und dann noch einmal gründlich zu überlegen was ich tun sollte.

Mein Herz pochte nervös als ich vor meiner Haustür stand und den Schlüssel im Schloß herumdrehte. Einerseits hoffte ich das Gaara nicht da war, damit ich ihm nicht begegnen musste, andererseits war es vielleicht besser, dieses Gespräch gleich hinter mich zu bringen als es aufzuschieben. Ich atmete mit geschlossenen Augen lange aus, dann betrat ich leise die Wohnung.
"Ah, da bist du ja!"
Unvermittelt zuckte ich erschrocken bei seiner Stimme zurück. Dann sah ich ihn unsicher an.
Da stand er vor mir. Mein wunderbarer Freund. Der Mörder meiner Mutter. Und lächelte mich an. Tränen schossen mir in die Augen und ich drängelte mich ohne ein Wort an ihm vorbei ins Wohnzimmer, in dessen Mitte ich stehen blieb um dann wieder zu Gaara, der mir gefolgt war, herumzuwirbeln. Er hatte diesen süßen, verwirrten Ausdruck im Gesicht und ich schaute kurz zu Boden. Als ich wieder aufsah, stand er direkt vor mir und ich wich einen Schritt zurück.
"Ähm... Alles in Ordnung bei dir?", fragte Gaara unsicher und musterte mich immer noch völlig verwirrt.
Einen Moment lang starrte ich ihn einfach nur an, dann explodierte plötzlich die Wut in meinem Magen.
"Garnicht ist in Ordnung!", fauchte ich wütend und Gaara war sichtlich überrascht.
"Takami, was ist los? Was ist passiert?"
Ich lachte einmal humorlos auf.
"Was passiert ist? Nichts wichtiges, ich habe mir grade erfahren, dass mein Freund vor einiger Zeit meine Mutter ermordet hat! Aber das weißt du vermutlich schon, nicht wahr?"
Jetzt war der Rotschopf völlig fertig. Seine Augen weiteten sich unnatürlich und ein gehetzter Ausdruck trat auf sein Gesicht. Dann begann er unkontrolliert zu zittern und packte mit der rechten Hand seine linke Schulter. Jetzt war ich es die verwirrt war. Was sollte das denn jetzt werden?
"T-Takami, ich... Es... Es tut mir so leid..."
Plötzlich begann er zu keuchen als ob etwas ihm starke Schmerzen bereiten würde und seine Hand wanderte an seiner Brust runter bis sie an der Stelle angekommen war, wo sein Herz saß. Dort krallte er die Finger um den roten Stoff zu einer Faust zusammen. Der Anblick gab mir einen scharfen Stich in mein eigenes Herz, diese Geste hatte ich schon einmal bei ihm gesehen. Plötzlich tat er mir unglaublich leid. Ich versuchte dieses Gefühl zu unterdrücken, ich wollte wütend sein, wütend und aufgebracht und enttäuscht, aber alles was ich fühlte war Mitleid und Schmerz. Ich wollte zu ihm gehen. Ihm Sagen das alles okay ist. Ihm sagen das ich für ihn da bin und das er nicht allein ist. Aber ich konnte nicht. Es ging einfach nicht.
"Takami, bitte..."
Ich starrte ihn ausdruckslos an, wartete darauf das weiter redete. Seine blauen Irden brachen sich direkt in meine und offenbarten mir die tiefen Gefühle mit denen er die nächsten Worte sagte.
"I-Ich werde immer für dich da sein und dich mit meinem Leben beschützen, egal was passiert... Das versprech ich dir... Ich... Liebe di-"
Bevor er den Satz beenden konnte, packte ich seine Hand zum Zeichen das er still sein sollte. Mit trüben, tränengefüllten Augen sah ich ihn an.
"Spar dir das... Lass es einfach gut sein, okay?", flüsterte ich mit erstickter Stimme und Gaaras Blick drückte so viel Schmerz aus, dass ich kurz davor war einzuknicken. Langsam ließ ich seine Hand los, drehte mich um und ging langsam zur Wohnungstür. Als ich mich noch einmal umdrehte, stand Gaara wie eingefroren immer noch mitten im Wohnzimmer und starrte regungslos, mit weit aufgerissenen Augen auf den Boden. Mein Herz zog sich schmerzvoll zusammen und ich verzerrte das Gesicht zu einer verkrampften Grimasse, als ob ich mir wirklich weh getan hätte. Dann riss ich den Blick von Gaara los und stürmte so schnell wie möglich ins Freie.

How to Love a Demon  [Sabaku no Gaara]Where stories live. Discover now