Kleines Lächeln

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Wir betraten den Club. Die laute Musik, die man schon von außen gehört hatte, schallte in den Ohren. Ich folgte Andre, der als erstes vor mir und den anderen lief. Er führte uns zu Sitzplätzen, die über der Tanzfläche waren. Wie immer. Ich setzte mich neben Jan. Ich wollte mich nicht neben Andre setzten, ich hoffte die Gefühle einfach weg drücken zu können. Neben die Jungs, die ich kaum kannte wollte ich auch nicht. So blieb nur Jan übrig. Ich kannte Jan ungefähr genau so lang, wie Andre, doch er hielt sich eher im Hintergrund. Ich hatte nie viel mit Jan zu tun gehabt. Er war, so viel ich weiß, ein cooler Typ. Irgendwann stand Andre auf und ging. Ich wusste nicht wohin und blieb sitzen. Ich starrte weiterhin auf den Platz, wo er gesessen hatte. Dann riefen die anderen irgendwas zu uns, was ich aber durch die laute Musik nicht hören konnte und sie gingen auch. Ich stand langsam auf und schaute nach unten. Dort war Andre. Bei ein paar Mädchen. Ein kleines Lächeln bildete sich auf meinen Mund und trotzdem kamen ein paar Tränen. Ich starrte noch etwas auf Andre und beobachtete, was er machte. Doch ich wurde aus meiner Beobachtung gerissen. „Alles gut", rief Jan in mein Ohr. Er stand genau neben mir und hatte sich mit den Armen auf dem Geländer aufgestützt. Er lächelte mich leicht an. Ich wischte schnell die Tränen weg und setzte ein leichtes Lächeln auf. „Ja", meinte ich dann und rief dann schnell: „Ich geh tanzen! Okay?" Er nickte und ich ging runter. Auf der Treppe begegnete ich den anderen und ein paar Mädchen. Ich suchte mir ein Platz am Rand und ließ die Musik durch meinen Körper fließen. Ich begann zu tanzen. Es tat gut. Es fühlte sich so an, als ob ich den Frust weg tanzen könnte. Doch dann sah ich ihn. Ihn mit ihr. Ich hörte auf zu tanzen und beobachtete sie. Doch Andre und das Mädchen schien nichts um sich herum mit zu kriegen. Ich wusste zwar, dass sie ihm nichts bedeutete. Aber es tat trotzdem weh. Sie kamen immer näher und näher. Dann geschah es . Sie küssten sich. Ich riss mein Blick weg und ging wieder hoch. Ich wollte es nicht sehen. Ich setzte mich hin und hatte mit mir zu kämpfen. Er war ein Freund. Sonst nichts. Warum tat es dann so weh? Doch dann setzte sich jemand neben mich, ich sah auf. Es war Jan. Er hatte zwei Becher in der Hand. Er reichte mir einen. Ich gab ihm ein Lächeln. Ich nippte am Becher. Wasser. „Danke", meinte ich. Er rückte etwas näher und redete in mein Ohr: „Gerne doch." Er nickte im Takt der Musik mit dem Kopf und ich schaute ihn an. Wir tranken ein bisschen, bis er mein Blick merkte. „Wirklich alles gut?", fragte er. „Ja. Alles gut. Und bei dir so? Schon ein Mädchen gefunden?", fragte ich und zum ersten mal an diesem Abend war mein Lächeln echt. „Naja. Sieht nicht so gut aus. Ich bin aber auch gerade nicht auf der Suche", sagte er. „Und du? Ich meine, hast du schon jemanden gefunden?", fragte er. „Nein. Ich bin heute auch nicht auf Suche", erzählte ich. Er nickte . Anscheinend war meine Traurigkeit doch nicht so unauffällig, wie ich dachte. Dann plötzlich stand Jan auf und stellte sich vor mich. Ich schaute auf. Er hatte ein Grinsen auf seinen Lippen und streckte mir seine Hand hin. Ich schaute nur verwirrt, aber er machte eine Handbewegung, dass ich seine Hand nehmen sollte. Ich nahm sie und er zog mich hoch, zog mich hinter sich her. Er führte mich wieder auf die Tanzfläche und begann mit einem Grinsen zu tanzen. Er nahm meine Hände und bewegte sie mit. Ich begann zu lachen und tanzte mit. Er munterte mich wieder auf. Ich vergaß für diesen Moment alles. Meine Sorgen, meine Probleme. Einfach alles. Das erste mal, seit langen, fühlte ich mich fröhlich und sorglos. Wir lachten und tanzten. Irgendwann, wahrscheinlich schon etwas später, denn der Club hatte sich merklich geleert, gingen Jan und ich wieder hoch zu den Sitzplätzen. Dort waren ein paar Leute, die ich nicht kannte. Trotzdem setzten wir uns auch hin. Doch ich stand bald wieder auf und machte Handzeichen, dass ich was zum trinken holen wollte. Er nickte und ich ging nach unten. Die Bar war überraschend leer. Ich musste mich nur in eine Schlange von vier Personen einreihen. Ich holte wieder zwei Wasser und bezahlte. Der Barkeeper war etwas unhöflich, was mir leicht missfiel. Doch trotzdem setzte ich ein Lächeln auf, bedankte mich und verließ die Bar. Als ich die Treppen wieder hinauf stieg, sah ich Jan. Er redete gerade mit Andre. Die beiden wirkten angespannt und etwas wütend. Dann sahen mich Jan und Andre. Andre sagte noch schnell etwas und zog dann eine Frau mit sich. Als er an mir vorbei ging schaute er mich kurz an und ging mit schnellen Schritten weg. Ich schaute ihn noch mal kurz verwirrt hinterher. Wer war diese Frau? Ich ging, mit fragender Miene zu Jan und reichte ihm das Wasser. Er bedankte sich und ich setzte mich neben ihn. „Was war den mit dir und Andre los?", fragte ich ihn in sein Ohr, damit er es durch die Musik verstand. „Ach... Nichts besonderes. Er hat nur gesagt, dass er jetzt geht", meinte Jan. Ich schaute ihn prüfend an. Ich sah, dass er log. Doch ich wollte ihn nicht weiter fragen. Der Abend war bis jetzt sehr schön gewesen und ich wollte es nicht zerstören. Dann sagte keiner mehr etwas. Doch mich interessierte es nicht. Ich dachte über Andre nach und über das Mädchen, was er mitgenommen hatte. Sie hatte ganz schön betrunken ausgesehen... Ich wusste nicht, ob Andre etwas getrunken hatte. Doch als ich aus meinen Gedanken wieder in die reale Welt ging merkte ich, dass Jan mich ansah. Ich tat so, als ob ich es nicht merkte und schaute zu den Männern, die vor mir saßen. Langsam wurde es langweilig. Ich drehte mich zu Jan, der schnell weg schaute. "Du? Jan? Ich geh' nach Hause. Bin kaputt", erklärte ich. Jan erwiederte: "Ich komme mit." Ich schaute ihn überrascht an, sagte aber nichts. Wir standen auf und gingen aus dem Club. Als wir durch die Tür gingen war die Lautstärke deutlich gesunken. Doch die Musik halte immer noch in meinen Ohren. Es war ein komisches Gefühl. "Kommst du?", fragte Jan und deutete auf ein Taxi. Ich nickte und wir setzten uns hinten hin. Ich nannte meine Adresse und der Taxifahrer fuhr los. "War mit dir und Ande wirklich alles in Ordnung?", fragte ich, als ich auf seinem Handy die Nummer von Andre sah. Jan steckte schnell sein Handy wag und meinte: "Ja. War nichts." Ich beließ es bei der Antwort und schaute aus dem Fenster. Die bunten Lichter huschten an dem Auto vorbei und verschwammen ineinander. "Wie fandest du den Abend?", fragte Jan, um die Stille zubrechen. "Keine Ahnung. Gut. Und du?", meinte ich und schaute immer noch aus dem Fenster. "Auch", gab er von sich. Damit war das Gespräch auch wieder beendet. Der Abend war nicht so toll und trotzdem fantastisch. Ich konnte es nicht erklären. Ich wollte Andre vergessen, jedenfalls die Gefühle. Das hatte ich auch geschafft, wenn auch nur für kurze Zeit. Trotzdem hatte ich ein schlechtes Gewissen. Der Abend war auch fantstisch, durch Jan. Er hatte mich wieder zum Lachen gebracht... "Der Abend war sehr schön", korrigierte ich und schaute Jan an. Jan, der vorher schweigend aus dem Fenster geschaut hatte, schaute mich jetzt lächelnd an. "Echt?", fragte er. Ich nickte und erwiederte sein Lächeln.

„Wir sind da", unterbrach der Fahrer die angenehme Stille. Ich stieg langsam aus und gab dem Fahrer das Geld. Jan stieg auch aus und stellte sich relativ dicht an mich. „Na dann...", flüsterte ich und schaute in seine Augen. „Na dann", meinte Jan. „Tschüss..", sagte ich. „Tschüss", erwiderte er. Dann beugte er sich zu mir runter und gab mir einen kurzen Kuss. Dann ging er zum Taxi und machte die Tür auf. Ich war völlig überrascht. Ich fühlte so etwas, wie Schmetterlinge im Bauch. Ich wusste, dass es vermutlich falsch war, aber ich sagte: „Jan?" Er hielt inne und schaute zu mir. „Ja?", meinte er. „Willst du vielleicht noch mir nach oben kommen?", fragte ich vorsichtig. Er nickte, gab dem Fahrer sein Geld und schlug die Tür zu. Er folgte mir zur Haustür. Mein Herz klopfte wie wild. Ich kramte nach meinem Schlüssel und schloss die Tür auf. Wir gingen schweigend die Treppen hoch. „Warst du eigentlich schon mal in meiner Wohnung?", fragte ich ihn und schaute zu ihm. Er schüttelte den Kopf: „Noch nicht." Ich schloss mit zitternden Händen die Tür auf und hoffte, dass er das Zittern nicht merkte. Wir zogen uns die Schuhe und die Jacken aus. Dann zeigte ich ihn meine Wohnung. „Sie ist schön", meinte Jan, als ich ihm alles gezeigt hatte. Ich führte ihn ins Wohnzimmer und wir setzten uns auf die Couch. Wir schauten uns schweigend an. Es war komplett ruhig. „Möchtest du vielleicht etwas trinken?", flüsterte ich. „Nein", gab er zur Antwort. Dann kam er langsam auf mein Gesicht zu. Er schien unsicher. Ich wusste selbst nicht, ob ich ihn jetzt küssen sollte. Doch ich wollte endlich wieder mal glücklich sein. Keine leere Betthälfte. Ich wollte mich wieder geborgen und beschützt fühlen. Ich kam ihm auch entgegen. Kurz bevor unsere Lippen sich berührten, schloss ich die Augen es war ein tolles Gefühl endlich mal wieder geküsst zu werden. Ich legte vorsichtig meine Hände um seinen Nacken. Er legte sanft eine Hand um meinen Rücken und mit der anderen stützte er sich auf das Sofa. Vorsichtig lehnte er sich immer weiter nach vorne, bis er über mir lag...



Marco und PoloWhere stories live. Discover now