Kapitel 6

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Seit knapp vier Wochen gab es für uns keinen Fall und deshalb, nichts als Büroarbeit zu erledigen. In dieser Zeit hatte ich noch oft an Gloria gedacht und tat es noch. Ich konnte ihr angsterfülltes Gesicht und ihre Schreie nicht mehr vergessen und auch Keith's Worte, wollten nicht mehr aus meinem Kopf verschwinden. Meine Alpträume kamen zurück und waren schlimmer als zuvor, doch das war im Moment alles nebensächlich, denn ich hatte ein viel größeres Problem. Ich saß auf dem Rand der Badewanne und wartete. Unruhig schaute ich auf den Schwangerschaftstest, der sich in meinen Händen befand. Währenddessen versuchte ich mich an die Nacht mit Spencer zurückzuerinnern, was mir nur teilweise gelang, weswegen mir ein wichtiges Detail nicht mehr einfallen wollte. Dass ich seit fünf Tagen überfällig war, senkte meine Unruhe auch keines Wegs, eher im Gegenteil. Meine Nervosität wurde von Sekunde zu Sekunde stärker und es kam mir vor als würde die Zeit einfach stehen bleiben. Ich wandte meinen Blick von dem Test ab und ging ins Wohnzimmer, wo ich diesen auf den kleinen Glastisch legte und anfing auf und ab zulaufen. Immer wieder fuhr ich mir durch meine Haare, bis ich zurück ins Bad ging und sie dort schließlich unordentlich zusammenband. Als ich wieder ins Wohnzimmer trat, fiel mein Blick sofort auf den Tisch. Angespannt ließ ich mich aufs Sofa fallen und griff, ohne hinauf zu schauen, nach dem Test. Ich schloss meine Augen, begann schwer zu atmen und spürte wie mein Herzschlag sich beschleunigte. Meine Neugier besiegte jedoch die Angst, weshalb ich meine Augen wieder öffnete, auf den Test schaute und die zwei blauen Streifen sah. In dem Augenblick fühlte es sich an als würde mir der Boden unter den Füßen weggerissen werden und ich in ein tiefes dunkles Loch stürzen. Meine Gefühle und Gedanken wurden völlig durcheinander gewirbelt und ich brach in Tränen aus. "Ich habe mir immer gewünscht Kinder zu haben, aber so? Wie soll ich es Spencer erzählen? Wie wird er reagieren?" ging es mir durch den Kopf, der plötzlich höllisch weh tat. Ich wischte mir meine Tränen beiseite, wobei es nicht viel brachte, da gleich darauf weitere Tränen folgten. Ich schaute erneut auf den Test, aber es tat sich nichts. Der zweite Strich blieb und würde auch nicht wieder verschwinden oder sich einfach in Luft auflösen. Wütend und frustriert warf ich den Test in Richtung Küche, diese war mit dem Wohnzimmer verbunden und dementsprechend nicht besonders weit weg. Der Test landete mit einem lautem Aufprall in der Spüle. Deprimiert vergrub ich mein Gesicht, welches durch die Tränen komplett nass war, in meinen Händen. "Wie kann eine Nacht mein komplettes Leben ändern? Wie kann ein kleiner Fehler so gravierend sein?" dachte ich und hob meinen Kopf. Ich atmete tief durch, wischte abermals die Tränen von meinen Wangen und öffnete meine Haare. Entschlossen zog ich mir meine Stiefel an und ging zur Garderobe, wo ich mir meine Lederjacke über die graue Sweatshirtjacke zog, die ich bereits trug. Meinen Schlüssel und mein Portmonnaie steckte ich in die Jackentasche, bevor ich aus der Tür ging. Draußen schlug mir ein starker Wind entgegen, der mich frösteln ließ. Ich schloss den Reißverschluss meiner Lederjacke und schaute die dunkle Straße entlang. Die wenigen Straßenlaternen spendeten kaum Licht, weshalb meine eigentlich freundlich wirkende Wohngegend plötzlich unglaublich schaurig wirkte. Ich versuchte die aufkommende Angst zu ignorieren und stieg in meinen Wagen, den ich abschloss sobald ich drinnen saß. Es war glücklicherweise noch nicht so spät, auch wenn es bereits stockdunkel war und ich keine Menschenseele entdecken konnte. Ich startete den Motor und fuhr los. Auf dem Parkplatz einer Drogerie stoppte ich den Wagen und stieg aus. Ich konnte mich bloß schwer beherrschen nicht in die gesuchte Abteilung zu rennen. In der Abteilung fing ich hektisch an die Regale abzusuchen und griff, als ich ihn sah, ängstlich nach einem weiteren Schwangerschaftstest. Mit diesem in meiner Hand drehte ich mich einmal um mich selbst. Ich musste völlig paranoid wirken, doch das kümmerte mich in diesem Augenblick nicht. Ohne mich weiter um zusehen, ging ich mit schnellen Schritten auf die Kasse zu. Unendlich erleichtert darüber, dass niemand außer mir an der Kasse war, legte ich den Test mit zittrigen Händen auf das Band. Die Kassiererin würdigte mir, während ich ungeduldig darauf wartete, dass sie mich nach dem Geld fragen würde, keinen Blick. Doch zum Glück fragte sie schnell nach dem Geld, sodass ich ihr den genannten Betrag hastig in die Hand drückte und aus dem Laden verschwand. Draußen atmete ich erst einmal die kühle Februarluft ein, bevor ich wieder in mein Auto stieg und zu meiner Wohnung zurück fuhr. Zuhause angekommen ließ ich die Haustür leise ins Schloss fallen, zog mir meine Jacke aus, die ich einfach achtlos auf den Boden schmiss und eilte ins Badezimmer, wo ich hektisch die Verpackung aufriss. "Bitte sei negativ." murmelte ich und schloss die Tür des Badezimmers, um den Test zu wiederholen. "Noch eine Minute." flüsterte ich, während ich mit dem Test in der Hand durch mein Wohnzimmer lief. Ich hielt es einfach nicht aus still zu sitzen. Ich kam mir in diesem Moment vor wie in einem schlechten Film. "So etwas passiert anderen Menschen, aber einem selber?" dachte ich und schüttelte belustigt meinen Kopf. "Wie kann man nur so blöd sein? Mit seinem Kollegen schlafen und dann nicht einmal..." meine Gedanken wurden durch das Piepen meines Handys unterbrochen. Ich nahm dieses zur Hand und schaltete den Timer aus, um es anschließend zurück auf den Esstisch zu legen. Erneut schlug mein Herz schneller als es eigentlich sollte und meine Atmung wurde deutlich unregelmäßiger. Ich nahm all meinen Mut zusammen und schaute auf den Test, der als ich das Ergebnis sah, zu Boden fiel. Meine Kraft war weg und meine Muskeln ließen schlagartig nach, weshalb ich auf meinen Knien zu Boden ging. Ich starrte auf den Test, der vor mir lag und spürte wie mir erneut Tränen in die Augen stiegen. Die Gefühle die in mir vorgingen waren nicht zu beschreiben. Das Ergebnis warf mich völlig aus der Bahn. Denn auch, wenn es bereits der zweite Test war und ich es nur schwer glauben konnte, war es nicht mehr abstreitbar. "Ich bin schwanger." flüsterte ich. Ohne zu überlegen steckte ich den Test in die Tasche meiner Sweatshirtjacke, hob meine Lederjacke auf und stürmte aus der Wohnung. Während ich die Treppen runterlief kramte ich meinen Autoschlüssel aus der Tasche, in die ich ihn wieder hineingetan hatte. Mit einem leisen Geräusch öffnete sich mein Wagen, in den ich mich setzte. Mit Tränen gefüllten Augen machte ich mich auf den Weg zu der wahrscheinlich einzigen Person, die mich verstehen würde.

The heart wants what it wants// criminal mindsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt