Kapitel 16

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Es war eine unruhige Nacht gewesen. Immer wieder bin ich panisch aufgewacht, wobei Spencer jedes mal mit wach geworden war. Seine Anwesenheit hatte mich zwar beruhigt, doch meine Alpträume konnte er mir nicht nehmen. Genau so wenig wie meine Schuldgefühle, die mich die Nacht über geplagt hatten. Nachdem ich ein drittes Mal hochgeschreckt war und in Spencer's erschöpftes Gesicht  geschaut hatte, wollte ich, dass zumindest einer von uns beiden ein paar Stunden ruhig schlafen konnte. Ich hatte mich deshalb so leise wie möglich von Spencer getrennt, damit ich mich umdrehen konnte, um aus dem Bett zu kommen. Dazu kam es jedoch nicht, da Spencer mich sanft an sich gezogen und seine Arme um mich gelegt hatte. "Spence." hatte ich leise geflüstert und versucht mich aus seinem liebevollen Griff, welcher zum einen um meine Hüfte und zum anderen um meinen Bauch ging, zu befreien. "Ich schlaf auf der Couch, damit du..." hatte ich begonnen, aber Spencer ließ mich nicht ausreden, wobei er seinen Griff etwas lockerte. "Was habe ich davon, wenn du wach im Wohnzimmer liegst und vor lauter Gedanken nicht schlafen kannst?" hatte Spencer leise gefragt. "Du musst schlafen und ich will dich nicht davon abhalten." hatte ich ebenso leise erwidert. "Du müsstest auch schlafen." war das einzige was er dazu gesagt hatte, bevor es plötzlich hell im Raum wurde und ich meine durch das Licht stechenden Augen geschlossen hatte. "Was soll das?" "Sprich mit mir." hatte Spencer mich gebeten, während ich spüren konnte wie sein warmer Atem auf meinen Nacken traf. "Mach das Licht aus." hatte ich schnippisch verlangt und meine Augen fester zusammen gedrückt, bis ich wahrnahm, dass der Raum wieder dunkel war. "Ich will nicht reden." hatte ich mürrisch gesagt und meine Augen erneut geöffnet. "Aus welchem Grund willst du auf der Couch schlafen?" hatte Spencer nachgehakt. "Du bist völlig fertig, saßt vor einiger Zeit noch im Flugzeug und hast dich zuvor um zwei Serienmörder gekümmert, da möchte ich einfach, dass du schläfst." hatte ich zickig und gleichzeitig fürsorglich entgegnet. "Ist das alles?" hatte Spencer mit sanfter Stimme gefragt und über meinen Arm gestrichen. "Ich kann verstehen, wenn dir meine Nähe im Moment..." "Deine Nähe ist der einzige Grund, der mich davon abhält nicht auf der Stelle das Bett zu verlassen." war ich ihm ins Wort gefallen, woraufhin Spencer mich näher an sich gezogen hatte. "Ich bin hier, wenn du aufwachst." hatte er geflüstert und mir einen zaghaften Kuss auf meinen Hinterkopf gegeben, ehe ich durch seine Ruhe, welche er ausgestrahlt hatte, eingeschlafen war.

Müde öffnete ich die Augen und genoss sogleich Spencer's Wärme, welche sich von meinem Rücken aus anfing im Körper zu verteilen und ein wohliges Gefühl in mir hervorrief. Meinen Kopfschmerz vertrieb sie allerdings nicht. Vorsichtig löste ich mich von Spencer und schob geräuschlos die Decke beiseite, bevor ich mich eigentlich ebenso leise aufsetzen wollte, was mir jedoch nicht gelang, da ich vor lauter Schmerz leise aufstöhnte und mir meinen dröhnenden Kopf hielt. Nur mit Mühe schaffte ich es, ohne weitere schmerzerfüllte Laute von mir zu geben, aus dem Bett zu steigen und ein wenig wacklig auf den Beinen in der Küche anzukommen. Das erste was mir dabei ins Auge fiel, waren die Scherben, welche vor der Haustür verstreut lagen. Nach kurzer Überlegung entschied ich mich dazu erst einmal Kaffee aufzusetzen, da ich diesen seitdem ich erfahren hatte, dass ich schwanger war, nicht mehr angerührt hatte. "Ich verzichte für immer auf Koffein und Alkohol, wenn ich dafür mein Baby zurück bekomme." ging es mir durch den Kopf, während ich demotiviert die Kaffeemaschine einschaltete, welche gleich darauf unglaublichen Lärm verursachte und meinen Kopf höllisch zu schaffen machte. Nicht ganz so sicher auf den Beinen holte ich Handfeger und Schaufel unter der Spüle hervor, um anschließend die Scherben des Weinglases zu beseitigen. Da es mir zu wenig erschien Spencer bloß mit einem Kaffee zu wecken, öffnete ich den Kühlschrank und ließ meinen Blick durch die Fächer schweifen, ehe ich beschloss Pancakes zu machen. Ich suchte alles was ich brauchte heraus und begann die Zutaten in einer kleinen Schüssel, nicht wie sonst mit einem Handrührgerät, sondern mit einem Schneebesen zu verrühren, da ich versuchte alles was laut war zu vermeiden, da mein Kopf auch so schon zu platzen drohte. Den nicht ganz glattgerührten Teig für die Pancakes gab ich portionsweise in die Pfanne, welche ich auf den Herd gestellt hatte und wartete ab, bis der Teig sich verfestigte und ich in der Lage dazu war, diesen zu wenden. Schnell erfüllte der süßliche Geruch, durch den ich das erste Mal seit drei Tagen wieder Hunger bekam, die Wohnung und ließ diese herrlich duften. Nachdem aus dem letzten Rest des Teigs ebenfalls Pancakes geworden waren, goss ich Kaffee in zwei große Becher und stellte sie auf ein kleines Tablett, auf welches ich ebenso Messer, Gabeln, zwei leere Teller und den Teller mit den fertigen Pancakes stellte. Nachdenklich betrachtete ich das voll gestellte Tablett, während ich einen kleinen Zuckertopf hinauf stellte und zwei Teelöffel mit zu legte. Mit dem Tablett, welches schwerer als erwartet war, ging ich zurück ins Schlafzimmer und stellte es dort auf den Nachttisch, der sich auf Spencer's Seite befand. Vorsichtig setzte ich mich aufs Bett und strich ihm liebevoll über seine Wange, woraufhin er langsam wach wurde und verschlafen seine Augen öffnete. "Wie spät ist es?" wollte Spencer wissen, während er sich stürmisch aufsetzte und sich durch seine Haare fuhr. "Hast du eine Nachricht, dass du ins Büro musst?" hakte ich nach, ließ ihn jedoch nicht antworten. "Spence, es ist Samstag." beruhigte ich ihn lächelnd und überreichte ihm einen der beiden Kaffeebecher. Ich war froh, dass Derek sich bisher nicht bei mir gemeldet hatte und mit mir trainieren wollte. Den letzten Monat hatten wir ohnehin mehr als sonst trainiert, da es längere Zeit keinen Fall, sondern nur Papierkram zu erledigen gab und wir dementsprechend viel mehr Freizeit hatten, welche Derek und ich zum trainieren genutzt hatten. "Danke." erwiderte Spencer etwas verwirrt und musterte das Tablett, welches ich vorsichtig auf seinem Schoß abstellte. "Nicht dafür." sagte ich und setzte mich auf meine Seite des Bettes. "Ich sollte diejenige sein, die sich bei dir bedankt." brach ich die entstandene Stille und nahm mir einen Teller. "Du hast dich für nichts zu bedanken." versicherte Spencer mir, während er Zucker in seinen Kaffee schüttete. "Ich war nicht der einzige, der sich Sorgen um dich gemacht hat." fing er an und nahm einen Schluck vom Kaffee. "Ich weiß." nuschelte ich mit vollem Mund und deutete auf den Nachttisch, auf welchem mein Handy lag. JJ hatte mich mehrfach versucht anzurufen und mir einige Mailboxnachrichten, in denen sie mir befohlen hat, dass ich mich endlich bei ihr melden sollte,   hinterlassen. "Wenn ich gewusst hätte, dass du durch Donnie O'Neill dein..." Spencer stoppte und sah mich mit einem verletzten Blick an. "Unser Kind verloren hast." fuhr er leise fort und umfasste seinen Becher fester als zuvor. "Ich hätte den Kerl auf der Stelle und ohne zu zögern erschossen." brachte Spencer wütend hervor und spannte sich sichtbar an, weshalb ich meinen Teller beiseite stellte und näher an ihn rückte, um meine Hände auf seine zu legen. "Wenn ich früher mit dir gesprochen hätte..." "Du hast dir keine Vorwürfe zu machen." unterbrach Spencer mich mit ruhiger Stimme, während er den Kaffee auf das Tablett zurück stellte und anschließend seine Arme um mich legte. "Wir schaffen es zusammen." flüsterte Spencer. Gerade als ich etwas erwidern wollte, sah ich wie der Bildschirm meines Handys aufleuchtete und der Name meines Chefs auftauchte. Zögerlich griff ich nach meinem Handy und öffnete die SMS, welche ich im Nachhinein las. "Hotch will mich in einer halben Stunde sehen." teilte ich Spencer ängstlich und mit großen Augen mit. "Wir sollten ihm erzählen was passiert ist." bemerkte Spencer, woraufhin ich meinen Kopf schüttelte. "Vergiss es Spence." antwortete ich beinahe hysterisch. "Dann wirft er nämlich nicht nur mich, sondern gleich uns beide raus." fügte ich mit einem leicht verzweifelten Unterton hinzu. "Wir können es nicht für uns behalten." bemerkte Spencer ruhig. "Warum nicht?" fragte ich verständnislos. "Weil wir nicht einfach weiter machen können als wäre nichts passiert. Du brauchst eine Pause und Zeit um..." "Ich brauche keine Pause und Zeit schon gar nicht!" fuhr ich Spencer an und wandte mich wütend von ihm ab, indem ich aus dem Bett stieg und mit meinem Teller aus dem Schlafzimmer verschwand. Ich ließ den Rest meines Pancakes in den Mülleimer wandern, ehe ich mich ins Bad begeben wollte. "Ich denke du solltest jetzt gehen." entgegnete ich kühl als Spencer ebenfalls aus dem Schlafzimmer kam. "Casey." begann er hilflos, während er sich vor mich stellte. Ich schob ihn leicht zurück, da ich seine Nähe gerade nicht ertragen konnte. Alles war mir zu viel und ich wusste nicht, wie ich auf die Situation reagieren oder mit ihr umgehen sollte. Ich wollte nicht, dass Hotch den wahren Grund für mein Verhalten erfuhr, weil ich nicht der Grund sein sollte, weshalb Spencer seinen Job verliert. Mein eigener war mir dabei völlig egal. "Es ist total verrückt, dass du wegen einem blöden One-Night-Stand riskieren möchtest gekündigt zu werden!" warf ich ihm aufgebracht entgegen, wobei ich meine Worte bereits bereute nachdem ich sie ausgesprochen hatte und Spencer's verletzten Gesichtsausdruck sah. "Spence so meinte ich es nicht." versuchte ich es wieder rückgängig zu machen und sah ihn ratlos an. "Und wie meintest du es?" fragte er ruhig, aber dennoch gekränkt. Ich fing nervös an auf meiner Unterlippe herumzukauen. "Du bedeutest mir eine Menge, deshalb habe ich mit dir geschlafen." erklärte Spencer mir leise und wandte sich anschließend von mir ab. "Spencer es tut mir leid." "Was genau tut dir leid?" hakte er verärgert nach und zog sich seinen Mantel an. "Vielleicht, dass es überhaupt dazu gekommen ist..." "Hör auf." fiel ich ihn mit Tränen in den Augen ins Wort, bevor ich völlig aufgelöst auf den Knien zusammensackte und mir meinen schmerzenden Kopf hielt. "Bitte hör auf." brachte ich weinend hervor und schaute zu ihm auf, doch es war nicht lange nötig, da Spencer sich vor mich kniete und in den Arm nahm. Dieses Mal ließ ich seine Nähe zu, wobei ich nicht sagen konnte aus welchem Grund. Ich verstand mich, meine Gefühle und meine Entscheidungen selbst nicht mehr. Es überwältigte mich einfach alles. "Ich bereue es nicht mit dir geschlafen zu haben." schluchzte ich gegen Spencer's Mantel, welcher meine ohnehin brüchige Stimme noch viel leiser klingen ließ. "Ich will nur nicht, dass du meinetwegen deinen Job verlierst." fügte ich heiser hinzu und blickte in seine mitfühlenden Augen. "Vergiss den Job und vergiss was Hotch davon halten wird, aber vergiss nicht, dass ich für dich da bin und du mir unglaublich wichtig bist." bat Spencer mich flüsternd, woraufhin ich nickte, meine Arme schwach um seinen Nacken legte und ihn unsicher umarmte. "Du solltest mich schon lange hassen." flüsterte ich, da ich mich in diesem Moment für mein Verhalten Spencer gegenüber abgrundtief hasste. "Jetzt hör du auf." wies er mich leise an und hob mein Kinn, nachdem er die Umarmung gelöst hatte, sanft an. "Ich werde dich nicht hassen." versicherte Spencer mir, ehe er mich vorsichtig küsste. Ich erwiderte den Kuss etwas unsicher und schaute ihn nach diesem schüchtern an. "Und du versprichst mir, mitzukommen und mit Hotch über die ganze Sache zu reden?" hakte ich zurückhaltend nach. "Ich verspreche es dir."

The heart wants what it wants// criminal mindsWhere stories live. Discover now