Kapitel 19

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Nachdem ich mit meiner Mum das Cafè verlassen hatte, war es bereits kurz nach drei gewesen. Das hieß, dass wir ganze vier Stunden, welche wie im Flug vergangen waren und mir wirklich gut getan hatten, im Cafè verbracht hatten. Ich wollte von dort aus nicht direkt zu Spencer, da ich meine Mum zum einen nicht einfach stehen lassen wollte und zum anderen erst noch etwas Wichtiges zu erledigen hatte. "Was hast du vor?" hatte meine Mum misstrauisch gefragt als wir nach einer gefühlten Ewigkeit endlich in meiner Wohnung angekommen waren und ich die beiden Weinflaschen, von denen eine bereits zur Hälfte geleert war, aus dem Kühlschrank holte. "Ich möchte denselben Fehler kein drittes mal begehen." hatte ich geantwortet, während ich die halbleere Weinflasche geöffnet hatte, um ihren Inhalt anschließend ins Waschbecken zu kippen. Ich hatte dabei zugesehen, wie die dunkelrote Flüssigkeit die Spüle langsam verfärbte, bis sie im Abfluss verschwand. Es war ein befreiendes Gefühl gewesen, welches sich in mir ausgebreitet hatte, als der Alkohol nach und nach weniger wurde und ich wusste, dass ich nicht wieder auf diesen zurückgreifen konnte. "Ich fahre jetzt zu Spencer." hatte ich meiner Mum leise mitgeteilt und die zweite leere Weinflasche neben die andere gestellt, wobei mein Blick nach draußen gefallen war. Da ich es nicht geschafft hatte die Meinung meiner Mutter zu ändern und sie unbedingt für ein paar Tage bei mir bleiben wollte, hatten wir in der Innenstadt noch einige Sachen für sie besorgt. Wie viel Zeit wir damit überhaupt verbracht hatten, wurde mir bewusst als ich den fast komplett dunklen Himmel betrachtete. "Schau mich an." hatte meine Mum mich gebeten, woraufhin ich mich zu ihr gedreht hatte und ihrer Bitte nachgegangen war. "Es wird alles gut werden meine Süße." hatte sie leicht lächelnd geflüstert und mir über meine Wange gestrichen. "Hoffentlich." war das einzige was ich mit einem erzwungenem Lächeln erwidert hatte, bevor ich aus meiner Wohnung gegangen war.

Nervös sah ich aus dem Autofenster, während ich abwesend den Motor abschaltete. Meine Atmung war unregelmäßig und mein Herz pochte so stark, dass ich dachte es würde jeden Moment vor lauter Aufregung aussetzen. Bloß zögerlich öffnete ich die Autotür, um anschließend das Gebäude zu betreten, in welchem Spencer's Apartment lag. Mit jedem weiteren Schritt stieg meine Nervosität und die Angst ihm in die Augen zu schauen. "Was ist, wenn Spencer mir nicht verzeiht? Wenn er mich einfach wegschickt?" ging es mir durch den Kopf als mich nur noch wenige Treppenstufen von Spencer's Wohnung trennten. "Warum sollte er mich sehen wollen?" flüsterte ich und stoppte kurz vor der dunkelbraunen Holztür, die ich für einen Augenblick musterte, ehe ich mich umdrehte und wieder gehen wollte. Doch die Ungewissheit, welche darin bestand, dass ich nicht wusste was in Spencer's Kopf vorging und was er über mich dachte, konnte ich nicht ignorieren. Aus diesem Grund drehte ich mich wieder um, atmete tief durch und klopfte, bevor ich es mir noch einmal anders überlegen konnte, an der Tür. Es war ein so vorsichtiges Klopfen, dass ich mir nicht sicher war, ob Spencer es überhaupt gehört hatte. Meine Zweifel wurden größer als nichts geschah. "Bitte Spence." brachte ich mit leiser Stimme hervor und klopfte ein zweites Mal. Erneut blieb alles still, was nicht spurlos an mir vorbeiging, sondern einen stechenden Schmerz in meinem Herzen auslöste. Jegliche Ängste wurden größer als die dunkle Tür plötzlich geöffnet wurde. "Warum bist du hier?" wollte Spencer mit kalter Stimme von mir wissen. "Weil es mir leid tut." entgegnete ich den Tränen nah. "Ist das alles?" hakte Spencer nach und wollte bereits die Tür schließen. "Spence!" brachte ich fassungslos hervor und schob meinen Fuß kurzerhand zwischen die Tür. "Ich habe verstanden, dass du mich nicht brauchst, also was..." "Ich brauche dich Spencer und das weißt du." fiel ich ihm aufgebracht ins Wort. "Du behauptest, dass ich es weiß ?" hakte Spencer nach und sah mich herausfordernd an. "Du glaubst, dass du mich besser kennst als..." "Hör auf meine Worte so umzudrehen, dass du sie gegen mich verwenden kannst!" fuhr ich Spencer wütend an, woraufhin er meine Hüfte umfasste und mich in sein Apartment zog, da er anscheinend nicht wollte, dass die gesamten Bewohner unseren Streit mitbekamen. Wir schauten einander tief in die Augen, während seine Hand noch immer auf meiner Hüfte ruhte. "Nimm deine Hand weg." forderte ich Spencer mit leiser und zugleich bedrohlich klingender Stimme auf, wobei mir die Art und Weise, wie er mich leicht an sich drückte und somit einen angenehmen Druck auf meine Hüfte auswirkte, eigentlich gefiel. Spencer schwieg und sah mich mit einem Blick an, den ich nicht genau deuten konnte. "Es ist noch gar nicht lange her, da wolltest du nichts lieber als das." entgegnete er schnippisch und wollte seine Hand von meiner Hüfte nehmen. Ich hielt ihn jedoch davon ab. "Du machst mich verrückt." gab ich verzweifelt wieder. "Ich mache dich verrückt?" fragte Spencer mit großen Augen. "Du bist diejenige, die mich erst anschreit, bevor sie plötzlich aus dem Nichts mit mir schlafen will." warf er sprachlos ein. "Oh du hast keine Ahnung wie sehr ich genau das wollte." zischte ich, wobei ich mich leicht auf meine Zehenspitzen stellte, weshalb unsere Gesichter bloß noch wenige Zentimeter voneinander trennten. Ich konnte das Verlangen Spencer küssen zu wollen nicht leugnen und hätte es am liebsten einfach getan. "Du bist nicht besser als ich!" warf ich ihm stattdessen vor, woraufhin er mich erwartungsvoll ansah. "Du hörst mir nicht zu..." "Ich höre dir nicht zu?" unterbrach Spencer mich und schenkte mir einen wütenden Blick. "Ich habe dir immer zugehört und tue es jetzt auch." gab er sauer wieder. "Würdest du mir jetzt zuhören, wüsstest du wie sehr es mir leid tut!" entgegnete ich aufgebracht. "Ein einfaches..." "Tut mir leid, ändert nichts." vervollständigte ich seinen Satz mit ruhigerer Stimme und blickte in seine verletzten braunen Augen. "Ich dachte dennoch, dass du mir eine Chance gibst, mich zu entschuldigen." fuhr ich fort und schob anschließend Spencer's Hand beiseite, um mich von ihm abzuwenden. "Ich weiß, dass ich nichts von dem was ich getan und gesagt habe... was ich dir angetan habe rückgängig machen kann, genau so wenig wie die Worte die ich nicht gesagt habe." unterbrach ich ihn, wobei ich mit dem Rücken zu ihm stand, da ich nicht wollte, dass er meine mit Tränen gefüllten Augen sah. Ich drehte mich erst wieder um als ich Spencer's Hände um meine Taille spürte. "Ich kann nicht mehr." flüsterte ich, wobei die ersten Tränen an meinen Wangen hinunterlaufen wollten, was diese jedoch nicht schafften, da Spencer mein Gesicht sanft in seine Hände nahm und die Tränen beiseite schob. "Es tut mir leid Spence." brachte ich leise hervor. "Shh." flüsterte er. "Ich brauche dich. Ich brauche dich wirklich." schluchzte ich und vergrub mein Gesicht an seiner Brust. "Ich brauche dich." flüsterte ich ein weiteres mal, woraufhin Spencer mein Kinn zaghaft anhob und mich somit zwang, ihm in seine Augen zu schauen. "Weißt du, dass du recht hattest als du gesagt hast, dass du mich nie gebraucht hast?" fragte er leise, was mich meinen Kopf schütteln ließ. "Du bist 24 Jahre ohne mich ausgekommen..." "Ich fühlte mich 24 Jahre unverstanden und allein." fiel ich ihm ins Wort. "Du warst nie allein." sagte Spencer mit einfühlsamer Stimme. "JJ war und ist für mich da, doch sie konnte mir das Gefühl der Einsamkeit nicht nehmen, dass konnte niemand. Niemand außer dir. Nie hat mich jemand so verstanden wie du es tust." erwiderte ich unter Tränen, wobei Spencer mich fester an sich drückte. "Ich liebe dich Spencer." brachte ich weinend hervor und schaute ihn mit Tränen in den Augen an. "Ich liebe dich." flüsterte ich noch einmal, während ich deutlich spüren konnte, wie Spencer's Herz immer stärker gegen seine Brust schlug. "Ich liebe dich auch." antwortete er dennoch ohne zu zögern und küsste meine Stirn. Ich wischte meine Tränen beiseite und sah Spencer völlig überwältigt an. "Du meinst es ernst." stellte ich leise fest. "Ich meine es ernst." bestätigte er lächelnd und strich gleichzeitig eine Haarsträhne aus meinem Gesicht. "Warum sollte ich es nicht ernst meinen?" hakte er anschließend nach. Ich schüttelte ahnungslos den Kopf. "Weil ich..." ich stoppte und wich seinem Blick aus. "Du hast nicht verdient wie ich dich behandelt habe. Genauso wenig wie du die Sachen, die ich gesagt habe, nicht verdient hast." machte ich kaum hörbar weiter. "Ich hätte dir keine Vorwürfe machen sollen." warf Spencer ein, allerdings schüttelte ich meinen Kopf. "In der Nacht als du getrunken hast..." "Hast du nichts falsch gemacht." beendete ich seinen Satz. "Ich war egoistisch und habe mich nur um meine eigenen Gefühle gekümmert, ohne auf deine zu achten." fuhr ich fort, während Spencer mich losließ und wir uns auf seine kleine Couch setzten. "Case." flüsterte Spencer, was mich von meinen Händen in sein Gesicht schauen ließ. "Du bist traumatisiert." fügte er hinzu. "Aber ich bin nicht die einzige, die ein Kind verloren hat." warf ich mit leiser Stimme ein, woraufhin ich sah, wie Spencer's Augen leicht zu glänzen begannen. "Du warst für mich da und ich habe dich einfach allein gelassen." sagte ich vorwurfsvoll, wobei nicht nur ein vorwurfsvoller Ton in meiner Stimme zu erkennen war, sondern auch ein Ton von Enttäuschung und Wut. "Was geht in deinem Kopf vor?" hakte ich sanft nach und fuhr Spencer liebevoll durch sein Haar. "Ich weiß es nicht." antwortete er und schaute mich nachdenklich an. "Es ist... ich..." brachte Spencer stockend heraus, ehe er aufstand und zu einem der vielen Bücherregalen ging. "Spence." flüsterte ich als ich neben ihm stand und zärtlich über seinen Arm strich. "Ich muss an vieles denken." erwiderte Spencer leise, während mein Blick auf das Buch in seinen Händen fiel. "Die Geschichte von John Smith." las ich und sah fragend zu Spencer. "Ich hab es von Maeve bekommen." erklärte er mir flüsternd. Ich schwieg, da ich nicht wusste was ich sagen sollte. Es tat weh Spencer über sie sprechen zu hören. Er gab mir das Gefühl, dass seine vorherigen Worte nicht mir galten. "Du liebst sie noch. Ich meine, dass wirst du immer tun." stellte ich fest und bemühte mich während des Sprechens nicht in Tränen auszubrechen. "Ich kann Maeve nicht aus meinen Erinnerungen verbannen. Sie... sie ist ein Teil von mir. Das wird sie immer sein, doch..." Spencer stoppte und stellte das Buch wieder zurück ins Regal. "Ich musste aus einem anderen Grund an sie denken." sprach er weiter, woraufhin ich ihn aufmerksam musterte. "Als Brad dir damals seine Waffe gegen deinen Kopf gehalten hatte, wusste er, dass ich Maeve nicht beschützen konnte. Ich hatte nicht die Chance ihr zu sagen, was sie mir bedeutet..." "Spence." unterbrach ich ihn, weil ich meine Tränen nicht länger zurückhalten konnte und ich mich von ihm wegdrehte. "Ich dachte, dass Brad dich erschießt und mir ein zweites mal..." Spencer brach erneut ab und umfasste meine Hüften mit beiden Händen, nachdem er mich sanft zu sich umgedreht hatte. "Ich habe Angst gehabt, dass er mir die Frau nimmt in die ich mich verliebt hatte." entgegnete er, woraufhin ich ihn mit offenem Mund anschaute. "Ich weiß, dass wir uns damals kaum kannten, aber ich... ich meine du..." ich legte meinen Zeigefinger auf Spencer's Lippen, weil ich merkte, dass er nicht die richtigen Worte fand und schaute ihm bloß in seine wunderschönen Augen. "Ich wäre auch für dich gestorben, das würde ich noch immer." sagte ich leise, woraufhin Spencer meine Hand in seine nahm. "Als Brad die Waffe auf dich gerichtet hat, habe ich mir gewünscht, dass er sie wieder gegen meinen Kopf hält und..." ratterte ich herunter, wobei Spencer dieses mal derjenige war, der mich zum Schweigen brachte, indem er mich ohne eine Vowarnung küsste und näher an sich zog. Es war ein kurzer, aber intensiver Kuss, der voller Zärtlichkeit steckte. "Ich möchte nicht länger darüber nachdenken wie es hätte ausgehen können oder wem von uns es hätte treffen können." flüsterte Spencer und strich mir sanft über mein Haar. "Ich auch nicht." erwiderte ich leise, während ich meine Arme enger um ihn schlang. "Ich liebe dich Case." hauchte Spencer mir in mein Ohr und hielt mich anschließend einfach in seinen Armen. Wir verweilten eine ganze Weile im Arm des jeweils anderen, bevor wir uns langsam voneinander trennten und uns ansahen. "Bleib über Nacht." bat Spencer mich leise. "Vielleicht sollte ich lieber gehen." gab ich verlegen wieder, da ich daran denken musste, wie meine Mum mit Sicherheit schon auf mich warten würde. "Aus welchem Grund?" hakte Spencer nach, wobei ich es nicht verhindern konnte zu lächeln, weil Spencer wie ein kleines schmollendes Kind, welches mich nicht verstehen wollte, klang. Mein Lächeln verschwand jedoch kurz darauf wieder. "Weil ich Angst habe." sagte ich und sah zu Boden. "Wovor hast du Angst?" fragte Spencer leise, während er behutsam über meine Wange streichelte. "Ich habe Angst es kaputt zu machen." entgegnete ich verzweifelt, doch Spencer's Gesichtsausdruck verriet mir, dass er nicht verstand wovon ich sprach. "Ich möchte dich nicht verlieren." "Warum solltest du mich verlieren?" wollte Spencer wissen und wollte mich erneut in eine Umarmung ziehen, was ich nicht zuließ. "Weil ich nicht perfekt bin und..." "Hey." unterbrach Spencer mich, wobei er mich ernst anschaute. "Du glaubst gar nicht wie perfekt du für mich bist." "Aber das bin ich nicht Spencer." widersprach ich ihm mit frustrierter Stimme. "Was liebst du an mir?" fragte Spencer mich nun und sah mich erwartungsvoll an. "Ich liebe die Art und Weise wie du über Dinge sprichst die dich interessieren und deine Augen dabei anfangen zu strahlen. Ich liebe deine Stimme, welcher ich stundenlang zuhören könnte. Selbst wenn ich manchmal keine Ahnung von dem habe was du mir erzählst, bete ich jedes mal, dass du nicht zu sprechen aufhörst." begann ich lächelnd und musterte Spencer, der mir ebenfalls ein Lächeln schenkte. "Willst du noch mehr hören?" hakte ich grinsend nach und legte meine Hand auf seine Wange, welche leicht gerötet war und eine gewisse Wärme ausstrahlte. "Du bist..." "Wundervoll, heiß und unfassbar toll." fiel ich ihm ins Wort und fing anschließend laut an zu lachen. "Unglaublich." erwiderte Spencer lachend, woraufhin ich ihm einen zaghaften Kuss gab. "Du bist unglaublich, weil du nicht merkst, dass du mich für Sachen liebst, die andere in den Wahnsinn treiben und weil du nicht erkennst wie atemberaubend du bist." fügte er hinzu, was mich erröten ließ. "Spence?" flüsterte ich und sah ihn schüchtern an. "Das mit uns... Ich meine du und ich..." brachte ich zögerlich hervor, ehe ich mir auf meine Unterlippe biss. "Sind wir... zusammen?" fragte ich, wofür ich all meinen Mut zusammen nahm. "Ich... ich weiß nicht." antwortete Spencer unsicher. Schweigend schauten wir einander in die Augen. "Aber ich würde es mir wünschen." sprach er mit einem kleinen Lächeln weiter. "Ich mir auch." entgegnete ich leise, bevor Spencer mich abermals küsste. "Das bedeutet anscheinend ja." sagte ich lächelnd nachdem wir den Kuss unterbrachen und uns langsam voneinander trennten. "Das bedeutet es." erwiderte Spencer, wobei ich erkennen konnte, wie seine braunen Augen leuchteten. "Ich liebe dich Casey Evans." flüsterte er. "Ich liebe dich auch Spencer Reid."

Das Schönste an der Liebe ist die Liebe selber. - Kurt Tucholsky

The heart wants what it wants// criminal mindsWhere stories live. Discover now