29. Dezember 2015 - Victoria

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Freudestrahlend und voller Elan startete ich in diesen Tag. Ich hatte mich zwar noch nicht getraut ihm zu antworten, aber allein das Wissen, seine Aufmerksamkeit zu haben, machte mich schon glücklich. Das war mir anscheinend auch anzusehen. Beim gemeinsamen Frühstück mit meiner Mum, lagen ihre Augen wie Überwachungskameras auf mir. Ich traute mich nicht mal mehr genüsslich mein Brötchen zu kauen, da ich Angst hatte, dass sie auch hier etwas hineininterpretieren könnte. Meine Mum war schon immer die kühle Geschäftsfrau gewesen. Mit Emotionen konnte sie noch nie wirklich umgehen. Aber trotz alledem, wussten meine Schwester Juliette und ich, dass wir unserer Mutter alles bedeuteten. Ich versuchte ihre Blicke nicht zu erwidern, was mir aber nicht lange gelang. Das erste Mal in meinem achtzehnjährigem Leben war ich so richtig verliebt, und genau jetzt musste meine Mum aufmerksam auf meine Gesten achten. Gerade, als ich den Tisch verlassen wollte, um eine Runde joggen zu gehen, kam die Frage der Fragen. Wer ist er? Als sie diese Worte aussprach, wurde ich so nervös, dass sich ein kalter Schauer über meinen Körper zog. Anscheinend hat jede Mutter diesen Urinstinkt, und ich keine Chance mehr, mich herauszureden. Ich erzählte ihr alles ganz genau. Naja, den Namen des jungen Herren behielt ich vorerst für mich. Der Teil im Bekleidungsgeschäft, zauberte dann sogar meiner Mutter ein Lächeln ins Gesicht. Man mochte es nicht glauben, aber sie freute sich riesig für mich und drückte mir die Daumen für ein hoffentlich baldiges Date. Wir umarmten uns, und es war einer der intensivsten Momente mit ihr, seit vielen Jahren. Nach diesem interessanten Gespräch mit meiner Mum, ging ich voller Energie eine Runde laufen. Das Wetter war einfach herrlich. Eigentlich viel zu warm für einen Wintertag, aber ich genoss die leichten Sonnenstrahlen auf meiner Haut und die frische Luft, die mich umhüllte. Meine gewohnte Runde, um den See, lief ich heute leichter als sonst. Das Grinsen wollte nicht mehr aus meinem Gesicht weichen. In Gedanken versuchte ich immer wieder, die Worte für meine Antwort auf seine Nachricht zu formen. Aber irgendwie wollte sich kein Sinn in meine Formulierungen schleichen. Verzweifelt verschob ich das Antworten auf heute Abend. Ich wollte erst nochmal mit Marie telefonieren und ihre Meinung dazu hören. Als ich wieder nach Hause kam, hörte ich meinen Dad in seinem Büro telefonieren. Es fiel der Name Rogers, was meine Aufmerksamkeit auf sich zog. Ich schlich mich an die Tür und lauschte den Worten meines Vaters. Anscheinend war die Fusion der beiden Firmen nun fix und Mr. Rogers würde seinen Sohn heute Abend mit den Vertragsunterlagen vorbei schicken. Mir fiel wortwörtlich die Kinnlade runter. Thomas? Hier? Oh Gott. So schnell ich konnte, rannte ich nach Oben und unter die Dusche. So verschwitzt und ungestylt wollte ich ihm nicht begegnen. Unter der Dusche begann mein Herz wie wild zu schlagen und ich spielte die Möglichkeiten unserer Begrüßung mehrmals durch. Ich föhnte flink meine Haare, strich mir ein wenig Makeup ins Gesicht und suchte mir eine gut sitzende Jeans und ein passendes Shirt heraus. Danach gesellte ich mich zu meinen Eltern ins Wohnzimmer. Die Verwunderung war ihnen aus den Gesichtern abzulesen. Mein Blick wanderte immer wieder auf die große Wanduhr über dem Kamin und langsam machte sich Nervosität in mir breit. Es war nun schon 21:00 Uhr und so langsam glaubte ich nicht mehr daran, dass er noch auftauchen würde. Ich schrieb noch ein paar Mal mit Marie hin und her, als es plötzlich an der Türe klingelte. Zur Überraschung meiner Eltern sprang ich euphorisch von der Couch auf, um die Türe für unseren Gast zu öffnen. Mein Puls verdoppelte sich, als ich den langen Flur nach vorne zur Haustüre lief. Meine Hand lag auf der Türklinke, aber irgendetwas ließ mich noch zögern, diese zu drücken und ihm somit in die Augen zu sehen. Ich atmete noch einmal tief durch, und öffnete anschließend die Tür. Mit einem dicken Grinsen blickte ich unserem Besuch in die Augen und begrüßte diesen. Im nächsten Moment überzog mich ein Gefühl der Enttäuschung. Es war nicht Thomas. Er stellte sich mir als Zack Rogers vor. Er war der ältere Bruder von Thomas, und war gekommen um mit meinem Dad die Papiere durchzuarbeiten. Als meine Eltern und Zack im Büro verschwanden, ging ich frustriert in mein Zimmer. Aber dank dieser unerwarteten Wendung, fand ich jetzt die richtigen Worte für meine Antwort.


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