Eine Dusche - Cassian

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Weniger als zehn Jahre danach starb unsere Mutter und ich wurde zum Krüppel, Casus mein erklärter Feind.

Der Impuls kam innerhalb einer Sekunde. Ich drehte mich schnell herum und verschwand von dem Ort des Geschehens. Keine Ahnung ob sie mich in diesem Moment bemerkten oder sogar noch weiter sprachen. Ich kann nicht sagen, dass es mich interessierte, da ich sogar für einen kurzen Moment das Gefühl hatte, es würde mich sehr wohl etwas angehen, doch gleichzeitig wollte ich es nicht hören. Was plante diese Frau und warum half ihr Casus?

Ich rollte weiter, wand mich nicht um, während es in meinem Kopf weiter zu rattern begann. Es war als wäre ich letzte Nacht irgendwann eingeschlafen und hätte es nicht mehr geschafft aufzuwachen. Alea war wieder zurück. Casus traf sich mit einer komischen Frau um Pläne zu besprechen.

Der gut fünfzig Jahre alte Rollstuhl kam mit einem Ruckeln und knarren zum stehen. Die aus matten Stahl scheinenden Türen glitten auf und lies mich hinaus. Ich hatte vergessen, dass ich den Problemen „Zuhause" etwas entkommen wollte. Draußen schien allerdings auch nur Casus ominös Unterredung auf mich zu warten.

Ich steckte den Kodierten Schlüssel in das Schloss. Intrigierte Prozessoren begannen zu rechnen und schienen erst dann zu beschließen, ob sie mich nun wirklich auch hinein lassen wollten. Leise klickte es und die Tür sprang einen Spaltbreit aus dem Schloss. Ich drückte sie auf und fuhr hinein, wobei mein Rollstuhl die Tür noch weiter zur Eile anstacheln wollte.

„Cassian?" kam es aus der Küche mit der Stimme von Katrin. Ich schrie etwas erwiderndes zurück und machte dann klar, dass ich noch schnell unter die Dusche wollte. Natürlich nannte ich keinen Grund oder erzählte sonst etwas von meinem Tag. Schnell verschwand ich einfach nur in meinem Zimmer und stieß den Rucksack angewidert von meinem Rollstuhl. Ich hätte auch gern den Rollstuhl von mir gestoßen, doch dann wäre ich auch einfach am Boden gelegen. Nicht das mich mein Körper nicht anwidert.

Den Beanie schmiss ich auch von meinem Kopf und verließ dann auch schon wieder den Raum. Aus der Küche hörte ich das klirren von Geschirr, genauso wie Klingen, die durch verschiedenes organisches Material glitten. Gemüse, Kräuter, rohes Fleisch. Alles schien dabei zu sein, wobei ich hoffte sie würde sich nicht selbst in ihre schönen Hände schneiden. Es würde einwenig das Bild von ihr Trüben, dass man hatte, wenn man sie so betrachtete.

Ich fuhr weiter den schmalen Gang entlang, dabei kam ich auch an Lolas Zimmer vorbei. Die Tür war nur angelehnt, wobei das Licht aus ihrem Fenster deutlich von rosa Vorhängen getrübt wurde. Ganz leicht erweiterte ich den Spalt und sah hinein. In dem weißen Prinzessinnen Bett lag ein rose farbene Decke, in der sich ein kleine Gupf gebildet hatte. Es war ganz augenscheinlich Lolas kleiner Körper, der sich immer wieder langsam hob und senkte, wenn sie atmete. In der Hoffnung sie würde wieder aufwachen bewegte ich mich weg von dem Zimmer und setzte meinen Weg fort.

Erleichterung durchströmte mich, als ich das Schloss der Badezimmertür drehte und es einrastete. Ich sank etwas tief in meinem Rollstuhl, was mein Becken etwas näher an den Rand des Rollstuhles schob. Allein konnte für einen Moment wirklich schön sein, doch ich wusste genau würde ich das länger betreiben, dann würde ich schneller noch tiefer in die Depressionen rutschen. Zuviel nachdenken kann wirklich nicht gesund sein.

Langsam zog ich mir das T-shirt über meinen Kopf und versuchte mich dabei möglichst wenig anzusehen. Auf meiner Brust waren immer noch Naben und die wollte ich jetzt wirklich nicht sehen. Langsam öffnete ich meine Hose und vollzog einen halben akrobatischen Akt, um diese auszuziehen. Alles was ich noch am Leib trug landete am Boden und ich in der Dusche. Ich drehte das Wasser möglichst heiß auf und wartete bis die einzelnen Tropfe sich bei ihrem Weg nach unten in meinen Rücken brannten. Ich stemmte meine Hände gegen das Glas, dass mich in der Kabine einschloss und versuchte so etwas halt zu finden. Scharf zog ich bei dem aufkommenden Schmerz die Luft ein und tat alles um weiterhin halbwegs regelmäßig zu atmen.

Mit jedem Tropfen, der an mir hinab floss, dann schwand auch die Hoffnung für mich, dass es sich hier bei alle dem um einen bloßen Traum handelte. Ich wollte, dass nichts von dem wirklich wahr war. Wie irrational es eigentlich war, wenn man darüber nun nachdenkt. Alea war endlich wieder da. Das Mädchen, in dass ich mich mit nun hundertprozentiger Wahrscheinlichkeit verknallt hatte. Sie hatte mir Albträume beschert und wegen ihr haben ich vor meiner Schwester und meinem mir so verhassten Bruder geweint. Es wäre auch gelogen zu behaupten, dass ich sie mir nie nackt vorgestellt hatte.

Nun saß ich hier in der Dusche unter brennend heißem Wasser und wünschte mir nichts sehnlichster, als dass sie wieder verschwand. Liegt es an diesem Traum? Kann mich dass denn wirklich so sehr beeinflussen? Niemals kann das wahr gewesen sein.

Leise konnte ich bereits wieder Tränen über meine Wangen kriechen hören. Es waren keine Tränen des Trauers, sondern einfach nur der Frustration und des Schmerzes. Es schien als wollte das Leben für mich nicht einfach seien. Alles ist scheiße! Kann ich nicht glücklich sein?

Fast vergaß ich das Shampoo und das was man halt sonst so tat, wenn man normalerweise in der Dusche stand. Manchmal konnte man sich nur fragen, wieso das ganze eigentlich. Ich war nicht gerne draußen, weswegen es mir fast unnötig erschien so etwas wie Körperpflege regelmäßig zu betreiben.

„Ignorieren. Alles was man nicht sieht geht auch vorbei. Es ist nicht wahr wenn man es nicht sieht." Wie ein Mantra begann ich diese Worte immer wieder zu flüstern. Hoffte sie könnten bewirken, dass sich beim Abschalten des Wassers etwas änderte. Ich war lange nicht so naiv und wusste genau, dass es sich eigentlich nichts brachte, wenn man versuchte sich so etwas einzureden. Es war dumm und engstirnig, wenn man begann sich so etwas einzureden. Gewisse Dinge geschahen. Sie waren passiert und verschwanden nicht nur weil man es leugnete. Immer gab es Personen, die davon wussten. Es war nicht wirklich zu vermeiden. 

Born - Pregnant 2Donde viven las historias. Descúbrelo ahora