Kapitel 41

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POV Lukas
Berlin, jetzt
„Ach Lukas, ich will einfach nur jemanden zum Kuscheln haben", jammerte Matthias, sein Gesicht in den Händen vergrabend.
„Echt jetzt? Wirklich nur zum Kuscheln? Und wie sieht's aus mit Sex?"
„Naja, eigentlich nur kuscheln. Obwohl...der Sex den ich letztens hatte, war echt...wow."
„Ja?", lachte ich und legte mich zurück.
„Lukas, ich sag' dir: es war der Hammer! Ich hab' ihn über Grindr kennengelernt, und..."
„Wo sonst?" Ich rollte die Augen und warf meine Arme nach oben, einen missbilligenden Blick von Matthias erntend.
„Jetzt hör mir doch mal zu! Also, erst ging's im Wohnzimmer los – ich war echt so froh, dass meine Mitbewohner nicht da waren, ey, das wäre echt Scheisse gewesen."
„Wissen die davon?"
„Dass ich auf ihrer Couch gefickt habe? Nee, wissen die nicht. Ist doch auch egal. Also, dann gingen wir auf den Balkon, wo ich ihn über das Gelände beugte, Hose runter und halt dann richtig durchgefickt hatte. Es war der Wahnsinn. Und dann zog ich ihn an den Haaren..."
„Meine Güte, das hört ja gar nicht mehr auf! Konntest du überhaupt noch nach...wie vielen Stunden?"
„Vier. Also, ins Wohnzimmer wieder, wo er mir einen blies und es echt geil war. Ich kam also und dann machten wir weiter in meinem Zimmer, wo ich ihn dann verwöhnt hatte." Ich sah ihn ein wenig beeindruckt an und runzelte die Stirn. Tim und ich hatten „so" einen Sex schon lange nicht mehr gehabt...

„Bist du jetzt fertig?"
„Ja."
„Ein Glück. Ich dachte schon, das hört gar nicht mehr auf." Ich rollte die Augen und er knuffte mich in die Seite.
„Sag mal, wie geht's dir und Tim eigentlich? Immer noch so romantisch wie am ersten Tag?"
„Ja, also schon...nur...ich weiß nicht. Diese Distanz zwischen uns..."
„Wieso? Distanziert ihr euch jetzt, oder was?"
„Nein, du Depp, die Distanz zwischen hier und Bielefeld! Naja, die macht halt alles schwieriger, weißt du? Ich hätte ihn so gerne bei mir, ich würde so gerne mit ihm zusammenleben." Ich sah Matthias leidend an.
„Aber?", fragte dieser nachhakend.
„Aber er will einfach nicht."
„Wieso nicht?"
„Er hasst Berlin."
„Hmmm, wundert mich eigentlich nicht...ansonsten ist aber alles gut zwischen euch?"
„Ja, auf alle Fälle. Also, ja...schon. Ach, Matthias, du weißt doch...wenn ich Tim nicht hätte..."
„Jaja, ich weiß schon. Du und ich, hmmm? Das ist schon etwas ungeeignet, wie das alles passiert ist. Ich sag's dir, ich bin so froh, von Benjamin weggekommen zu sein. Jeden Tag der gleiche Scheiss: entweder, er hatte überhaupt keine Lust auf Sex oder er wollte irgendetwas seltsames machen..."
„Aber genau das hatte dir doch an ihm gefallen, oder?" Ich nahm einen Schluck Wein und beobachtete, wie Matthias sich eine Zigarette anzündete, inhalierte und den Rauch ausblies. Er konnte schon sehr sexy sein...

„Ja, schon, aber er wollte nie kuscheln. Einmal, nach dem Sex, hat er sich dann tatsächlich seinen verfickten Hund ins Bett geholt und mit dem gekuschelt. Mir hat er dann den Rücken zugedreht." Ich lachte laut los.
„Jetzt echt? Oh Mann, du musst den echt loswerden!"
„Hab ich ja! Er hat mich jetzt sogar auf Facebook blockiert."
„Nee, echt? Das ist schon ein bisschen kindisch, findest du nicht?"
„Ja, schon." Er seufzte und sah mich dann an.
„Weißt du, Lukas, ich finde es echt immer so schwer, immer mit dir über diese ganzen...Sachen zu reden, über Sex zu reden, dass du immer so offen bist, und dann, als Ben und ich noch zusammen waren, nachhause zu ihm zu kommen, und dann angeschnauzt zu werden, oder er hatte keine Lust auf Sex oder...naja."
„Mhm. Ja, sorry. Wenn's dich stört, können wir auch..."
„Nein! Mich stört es ja gar nicht. Ich liebe es ja, mit dir darüber zu reden, aber..." Er driftete weg.

„Was, aber?" Ich wusste, was jetzt kommen würde, ich wusste es ganz genau. Aber ich wollte es trotzdem hören, egal, was es sein würde, egal, ob es eigentlich nicht angebracht war, egal, ob es mir Probleme bereiten könnte. Er holte tief Luft und sprach dann die Worte aus, die mich ein wenig vor den Kopf stoßen würden, und die gleichzeitig meinem Herz einen Hüpfer entlocken würden.
„Lukas, weißt du, ich würde dich so gerne ficken...all die Sachen, die ich mit dir machen würde..." Er lachte dreckig auf. Ich schluckte nervös und nippte wieder an meinem Wein. Matthias drehte sich auf den Bauch und umarmte eins der vielen Kissen. Er wusste, dass es nicht gehen würde, zwischen uns beiden. Ich wusste, dass ich das hier nicht durfte. Wir redeten doch lediglich über Sex, das konnte doch nicht so schlimm sein, oder? Timi hatte mein Kontakt mit Matthias noch nie etwas ausgemacht, er hatte eigentlich nie Eifersuchtsanfälle, war immer gechillt.
„Aber es geht leider nicht."
„Ich weiß schon."
„Meinst du nicht, dass ich zu...dass ich dir zu langweilig wäre? Ich probiere doch kaum etwas Neues aus und..."
„Nee, weißt du, mich macht es total an, wenn ich andere verwöhnen kann. Mir ist egal, ob ich komme, aber solange der andere kommt, ist alles bestens." Wow. Ich schluckte wieder. Dieses ganze Gerede über Sex machte mich total an. Ich würde ihn so gerne küssen, so gerne Sachen mit ihm ausprobieren, ihn einfach machen lassen. Doch ich durfte das nicht.

„Willst du noch was zu trinken?", fragte er mich, so als wäre nichts passiert. Ich nickte und zog die Beine auf der Liege hoch, um ihn an mir vorbeigehen zu lassen. Meine Gedanken waren bei unserem vorherigen Gespräch. Vielleicht sollte ich das mit Matthias ausprobieren. Vielleicht soll ich einfach mit Tim darüber reden, ihn um seine Erlaubnis bitten? Wir sind schon so lange zusammen, vielleicht macht es ihm nichts aus, wenn wir beide einmal mit jemand anderen schlafen würden? Es wäre ja eigentlich auch von Nutzen für ihn. Einfach mal was Neues ausprobieren, mit jemand anderen, und dann wieder zum Alltag. Er war ja eh nicht so der Fan von Monogamie. Dass er das noch nie vorgeschlagen hat...
„Alles ok?", er reichte mir ein Glas Wein und setzte sich dann neben mich.
„Ja, bin nur in Gedanken."
„Wobei?"
„Dass ich gerne mal mit jemand anderen schlafen würde", antwortete ich wahrheitsgemäß.
„Und Tim?"
„Weiß ich nicht. Der scheint ganz glücklich zu sein. So wenig Arbeit wie möglich heißt ja seine Devise."
„Du musst mit ihm reden, Lukas. Sonst geht das nicht. Am Ende wird einer von euch beiden verletzt, und das willst du doch nicht."
„Ja, versteh schon."
„Sei fair zu ihm."

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