Kapitel 85

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Manchmal komm' ich runter wenn wir kiffen.

POV Lukas
Bielefeld, eine Woche vor dem großen Umzug nach Berlin

Tim und ich gingen Hand in Hand seine ruhige Straße entlang. Keine Seele war draußen – was ja auch nicht gerade verwunderlich für zwei Uhr morgens in Bielefeld war.
„Ein letztes Mal hier entlang gehen", meinte Tim auf einmal melancholisch.
„Ein letztes Mal? Wieso denn ein letztes Mal? Du kommst du eh immer wieder hierher zurück, um dich mit Marcel zu treffen, um deine Familie zu sehen, um..."
„Ja, schon, aber ich werde vermutlich nicht mehr hier leben. Nie wieder. Das ist etwas anderes."
„Vermutlich? Was hast du geplant, Tim Weitkamp?", fragte ich ihn mit hochgezogenen Augenbrauen und wartete auf eine Antwort. Doch er lachte nur und zog mich näher an ihn heran. Ich drückte ihm einen Kuss auf den Kopf und so gingen wir weiter, Arm in Arm, die Straße entlang.
„Ich bin froh, dass alles wieder gut ist, Lukas", meinte Tim.
„Ja? Ja, ich auch. Es...es tut mir wirklich leid, ich wollte dir wirklich nicht so wehtun."
„Muss es nicht. Also muss es schon, also dir leidtun, aber das ist ja jetzt auch schon wieder Ewigkeiten her."
„Hmmm..." Ich ließ den Kopf etwas hängen und entschied mich, erstmal nichts zu sagen. Tim blieb plötzlich stehen und zog mich zu ihm, sodass wir uns gegenüberstanden, unsere Körper ganz nah beieinander, den Atem des Anderen spürend.
„Weißt du, was ich gerne machen würde?", fragte er mich, schelmisch grinsend.
„Nein. Meinst du generell oder jetzt sofort?"
„Jetzt sofort." Erregung blitzte in seinen Augen auf, was mich zugleich verunsicherte und selber neugierig machte.
„Nein. Also, was willst du denn machen?" Er fing an, noch dreckiger zu grinsen, ehe er mich an den Hüften packte und auf die Motorhaube eines Autos schob, sich selber zwischen meine Beine drängend.
„Tim! Was, wenn jemand rauskommt? Wenn der Alarm losgeht? Wenn..." Weiter kam ich nicht, da hatte er schon seine Hand auf meinen Mund gepresst und begann mich mit der anderen Hand unterm Hemd am Bauch zu streicheln. Ich bemerkte ein gieriges Funkeln in Tims Augen, und wollte gerade etwas sagen, als er anfing, mich leidenschaftlich zu küssen, eine Hand in meinem Nacken. Etwas perplex ließ ich ihn machen, erwiderte die Küsse und bewegte meine Hände langsam seinen Rücken entlang. Er drängte sich immer mehr an mich, sodass ich seine Erektion spüren konnte und selber mal wieder unglaublich erregt wurde.
„Ich würde dich jetzt so gerne hier ficken", murmelte Tim, seine Lippen an meinen Hals gedrückt.
„Ja, aber..." Er ließ von mir ab und grinste mich wieder an.
„Was denn?"
„Was, wenn jemand kommt, und..." Tim rollte die Augen und meinte dann:
„Ok, dann gehen wir eben nachhause." Dann packte er meine Hand und schleifte mich förmlich hinter ihm auf dem Weg zu seinem Haus.


Bei ihm angekommen, saßen wir in seinem mittlerweile leeren Schlafzimmer auf seinem Bett. Ich war mir nicht ganz sicher, ob er jetzt gleich zur Sache gehen würde, oder ob mein Freund vielleicht doch nur Scherze gemacht hatte und wir doch einen gemütlichen Fernsehabend verbringen würden. Tim zog sich auf einmal bis auf seine Boxer aus und begann sich einen Joint zu rollen, während ich mich auch auszog. Schien ja Sinn zu machen, wenn ich ihn nachahmte. Er setzte sich so vor mich, dass ich quasi zwischen seinen Beinen saß und ihm meine Beine um die Hüften legen konnte. Auch wenn ich selber nicht viel vom Kiffen hielt, fand ich ihn gerade wahnsinnig sexy, so wie er mich mit gerunzelter Stirn betrachtete, während er an seinem Joint zog, wie ich seinen wunderschönen Körper betrachten konnte, geziert von den vielen Tattoos. Und ich sah ihn die ganze Zeit einfach nur an. Ich konnte nicht anders. Er sah einfach so faszinierend aus, auch wenn ich das hier alles schon tausendmal gesehen hatte, seinen Körper schon so gut kannte.
„Ich würde gerne mal etwas ausprobieren", meinte er plötzlich und legte seinen Joint beiseite. Schon wieder?
„Was denn?"
„Einfach nur uns gegenseitig berühren und küssen und das alles, aber keinen Sex."
„Keinen Sex?"
„Nein."
„Also quasi ein wahnsinnig langes Vorspiel?"
„Genau."
„So, als wären wir wieder Teenager?"
„Jap." Ich überlegte. Eigentlich liebte ich ja das Vorspiel – vielleicht würde das hier ganz gut werden? Wirklich etwas einzuwenden hatte ich eh nicht.
„Ok." Timi grinste mich begeistert an, rauchte seinen Joint fertig, ehe er mir meine Boxer über die Beine strich und fast prüfend meine Körper betrachtete. Ich griff nach seinen, doch er hielt meine Hand fest.
„Ich mag es, wenn nur du nackt bist." Verwundert blickte ich ihn an.
„Ja? Aber irgendwie...ich mag es doch auch, dich nackt zu sehen. Ist doch...fairer dann. Außerdem kennst du das alles doch schon. Meinen Körper und so."
„Ja, aber ich will dich einfach mal anschauen. Ich weiß doch, dass wenn du mich auch nackt siehst, du deine Finger nicht von mir lassen kannst und somit keinen von meinen Befehlen folgen könntest." Er grinste mich wieder an und drückte mich sanft aber bestimmt zurück in die Kissen. Und dann fing Tim an mich zu streicheln und meinen Körper währenddessen anzustarren, mein Gesicht vermeidend. Erst fühlte ich mich etwas unwohl, beobachtet, und ein bisschen schämte ich mich auch für meinen nicht-perfekten Körper; ich schämte mich dafür, dass ich kein Sixpack hatte, dass ich blass war, ein Spargeltarzan halt war. Doch mein Freund streichelte mich weiterhin unbeschwert; er fuhr mit dem Zeigefinger an meiner Seite entlang, über die Hüftknochen, meine Oberschenkel entlang und wieder zurück, immer um meinen Schritt herum, wo meine Erektion sich ziemlich schnell bemerkbar machte und auch mein Atmen immer schneller wurde.

„Tim...", stöhnte ich frustriert auf.
„Shhh", knurrte er. Ich verstummte sofort und ließ ihn machen, was ich am Ende auch nicht bereuen würde. Er verteilte mehrere Küsse auf meine empfindliche Stelle am Nacken, arbeitete sich nach unten, an meinem Hals entlang, umkreiste meine Nippel mit der Zunge und entlockte mir ein Stöhnen. Obwohl ich vor Genuss die Augen geschlossen hatte, wusste ich, dass Tim, während er sich an meinem Körper weiterarbeitete, grinsen musste. Er wusste einfach, was er mit mir machen musste, um mir den Verstand zu nehmen. Er machte lauter kleine Dinge, die mich verrückt machten, die ich jedoch liebte und um keinen Preis aufgeben wollte.

POV Tim

Es war der Wahnsinn, die ganzen kleinen Dinge, die ich machen konnte, um Lukas um den Verstand zu bringen. Es waren die kleinen Dinge, die kleinen Berührungen, die, die man bevor man sein Erstes Mal hatte immer wieder spürt, immer wieder verteilt. Ich beobachtete Lukas, wie sein Atem immer schneller ging, wie er seine Zehen kräuselte, spürte, wie er mir in die Haare griff, wie er mir seine Hüften entgegenstreckte, mich wortlos darum bat, ihn anzufassen. Immer wieder musste ich grinsen, wenn Lukas gerade mal wieder aufstöhnte, weil ich ihn küsste, weil ich ihn an den richtigen Stellen leckte. Ab und zu biss ich ihn leicht in den Nacken oder knabberte an seinen Nippeln. Egal, was ich machte, Lukas reagierte genauso wie ich es wollte. Natürlich hatte ich ihn auf diesem Auto flachlegen wollen, doch seine Angst vor etwas Neuem gepaart mit der Kälte war schon ein ziemlicher Lustkiller.

Ich versuchte mich wieder auf Lukas zu konzentrieren, der mir einen etwas empörten Blick zuwarf, da mein Gedankenstrom mich etwas abgelenkt hatte und ich ihm nicht genug Aufmerksamkeit widmete. Ich lächelte ihn an, er erwiderte es und drehte seinen Kopf dann so, dass ich seinen Nacken küssen konnte. Seine Lieblingsstelle, wie ich es schon so oft herausfinden durfte. Es war auch schon immer sehr süß, wie er seinen Kopf zufrieden lächelnd mit geschlossenen Augen drehte, damit ich seinen Nacken küsste. Es war immer wieder das gleiche Ritual und doch gefiel es uns beiden. Ein wenig anders, als das, was man von anderen Pärchen kennt, etwas anders, als das, was man im Bett „machen soll" und vermutlich genauso hetero- wie homosexuell. Ich vergrub meine Nase in seinem Nacken, atmete seinen wunderbaren Geruch ein, spürte die Wärme seines Bauches an meinem, seine Erektion an meiner. Ich griff nach seiner linken Hand mit meiner rechten, verhakte unsere Finger und streckte seinen Arm nach oben, sodass unsere Hände die Bettstange umklammerten, ohne einander loszulassen. Und dann schlief ich mit ihm.

Und im Hintergrund spielte Nick Cave. More News from Nowhere.



Ich habe jetzt nur indirekt mitbekommen, was mit den ganzen Fanfiktions passiert ist. Wenn ich das richtig verstanden habe, hat Basti irgendeinen Kommentar losgelassen und dann haben alle ihre Geschichten gelöscht. Oder so etwas in der Art. Ich habe natürlich einen Kommentar von irgendjemanden bekommen, der sagte, dass „richtige" Fans so etwas nicht machen würden, blablabla. Na, dann bin ich halt kein richtiger Fan. Mir gefällt das Schreiben an sich – würde ich die Namen und ein paar vereinzelte Details in meiner Geschichte ändern, dann wäre es keine Fanfiktion mehr und es würde keine Sau mehr interessieren (inklusive der „Betroffenen"). Klar ist es seltsam, wenn man eine Geschichte über sich selber liest – wer will das schon? Oder ist das wirklich so seltsam? Kann jemand mal eine Fanfiktion über mich schreiben, damit ich weiß, wie traumatisierend das sein wird? Nein, Quatsch. Aber mal ehrlich: sollen wir aufhören, damit sich jemand besser fühlt? Ich bin jetzt nicht so die Person, die immer ihren eigenen Weg geht – eigentlich schwimme ich konstant MIT dem Strom, aber ich will nicht aufhören, diese Geschichten zu schreiben. Vielleicht werde ich ja irgendwann erwachsen und höre damit auf. Aber zunächst wird erstmal an dieser und weiteren Geschichten gearbeitet.

Frohe Weihnachten euch allen!


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