Kapitel 12

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Die restliche Zeit bis zu den Herbstferien ging ich Lucifer aus dem Weg. Doch immer wenn ich ihn von weitem sah, sah er sehr frustriert aus. Ich vermutete, dass er wegen irgendetwas wütend war. Mein Verdacht bestätigte sich eine Woche vor den Ferien, als eine Nachricht kam, dass der Schüler Jason Green tot in einem Gebüsch auf dem Gelände aufgefunden wurde. Darauf hin brach eine große Panik aus und viele andere Schüler wollten schnellst möglich weg hier, da sich ein Mörder auf der Schule befand. Ich wusste sofort, dass es Lucifer gewesen war, aber als ich Nelio -mit dem ich mich regelmäßig traf, um ihn besser kennenzulernen- darauf ansprach, bestritt er etwas davon zu wissen und bat mich, meinen Verdacht niemandem zu verraten.

Als Nelio und ich nach dem Unterricht am letzten Schultag vor dem Haupteingang standen und auf unsere Eltern warteten, beobachtete ich wie Lucifers Vater aus seinem Wagen stieg, Lucifer ins Gesicht schlug und ihn anschrie. Lucifer verschränkte die Arme und sagte etwas, woraufhin sein Vater wieder ausholte, um ihn zu schlagen, doch seine Mutter lief aus dem Auto und hielt ihren Mann davon ab. Lucifer schaute sich um. Als er meinen Blick bemerkte, zog er eine Augenbraue hoch und musterte mich nachdenklich. Dann schüttelte er den Kopf. Ruckartig drehte er sich um und folgte seinen Eltern ins Auto. Nelio stieß mich an. Unsere Eltern waren da.

Zuhause angekommen ging ich in mein Zimmer und ließ mich auf mein Bett fallen. Ich nahm den Anhänger der Kette die ich trug in die Hand. Es was die Kette, die Lucifer mir geschenkt hatte. Ich wusste nicht, warum ich sie noch trug, nachdem ich erfahren hatte, dass er ein Mörder war. Ein Teil von mir wünschte sich, er wäre hier und könnte mir eine vernünftige Erklärung dafür geben, dass er so war. Der andere Teil von mir wollte ihn nie wieder sehen, doch ich musste mir  eingestehen, dass ich ihn sehr mochte. Allein der Gedanke an ihn reichte aus, um mein Herz schneller schlagen zu lassen. Meine Gedanken wurden von der Klingel unterbrochen. Ich wartete ob jemand öffnen würde. Doch als es niemand tat, blieb mir nichts anderes übrig als aufzustehen und hinzugehen. Vor der Tür stand, leicht außer Atem, die Haare vom Wind zerzaust, Lucifer. "Was willst du hier?", fragte ich kühl, "Und woher weißt du wo ich wohne?!" "Ich bin hier, um dich zu warnen", er ging nicht auf die zweite Frage ein, "Und dir alles zu erklären." "Gut", murrte ich, "Dann komm rein." "Ach ja, den hab ich auf dem Weg hierher aufgegriffen", Lucifer zog Kyle zu sich und stieß ihn vor sich ins Haus. Meine Eltern saßen mit Nelio im Wohnzimmer, wo ich die beiden Jungen nun auch hinführte. Als mein Vater die beiden sah, kniff er die Augen bedrohlich zu Schlitzen zusammen. "Was willst du denn hier, Lucifer?", wollte er wissen. "Deiner Tochter helfen", entgegnete Lucifer. "Du?! Helfen?!", mein Vater zog eine Augenbraue hoch, "Wehe du fasst meine Tochter an!" "Ich weiß, du hast dich vor jeder väterlichen Pflicht gedrückt und hast deine Frau mit reingezogen. Du hast Teonas Leben mit Kindermädchen und Babysittern gefüllt. Und wieso? Weil du dich für ein Monster hältst. Du bereust, was du damals getan hast. Du denkst, du hättest sie ebenfalls zu einem Monster gemacht. Aber was du getan hast, war das beste, was du jemals hättest tun können. Du hast ja eigentlich gar keine Ahnung, wie es ist ein Monster zu sein. Dafür weiß ich es. Überall, wo ich hin komme, wenden sich die Leute von mir ab. Sie haben Angst und laufen vor mir weg. 'Oh nein, da kommt Lucifer!", er äffte eine Frauenstimme nach, "schnell! Bringt die Kinder ins Haus und holt die Werwölfe und Vampire!' Dich dagegen lieben sie. Du bist berühmt und beliebt. Ich habe die Schnauze voll davon, als Tyrann und Mörder abgestempelt zu werden und ich habe genug davon, von meinem Vater herum kommandiert zu werden. Teona, du hast ja heute gesehen, wie er mich behandelt. Das heute war dafür, dass ich seine Regeln gebrochen und Jason ermordet habe. Aber genug davon. Lucius, wenn dir wirklich etwas an deiner Tochter liegt, wenn du sie wirklich liebst, dann lass mich helfen." "Was hat mein Vater 'damals getan' ?", hakte ich nach. Lucifer zog ein Foto aus seiner Jackentasche. "Beginnen wir damit", murmelte er und gab es mir. Auf dem Foto war ich an meinem zweiten Geburtstag zu sehen. "Hey, woher hast du ein Foto von mir?", rief ich empört. "Von meinem Vater", meinte Lucifer knapp, "Frag nicht. Schau es dir lieber an." Ich blickte auf das Foto. Was sollte ich da sehen? Da war nur ich mit meinen Eltern. Plötzlich fiel mir etwas auf. "Meine Augen", sagte ich, "Sie sind... braun, nicht lila... Aber wie?" "Na, Lucius", Lucifer schaute meinen Vater auffordernd an, "Willst du es ihr nicht erzählen? Ihr und deiner Frau?" Mein Vater bedachte Lucifer mit einem Todesblick. Lucifer seufzte. "Okay, als erstes solltet ihr wissen, dass ich keine blauen Augen habe. Ich trage farbige Kontaktlinsen", begann mein Vater und machte sich an seinen Augen zu schaffen, "Seht ihr, meine natürliche Augenfarbe ist lila. Deshalb habt ihr, Teona und Nelio, auch lilane Augen. Nelio hatte sie schon von Geburt an, weil er nach mir schlägt, weshalb er, wie ich, ein... Dämon ist..." Meine Mutter riss die Augen auf und ich schrie:"WAS?!" Kyle, Nelio und Lucifer reagierten nicht darauf, was nur bedeuten konnte, dass sie es schon wussten. "Aber... wieso hast du mir das nicht gesagt?", hauchte Mama. "Ich habe gedacht, dass du mich dann verlassen würdest", gab mein Vater zu. "Und warum habe ich jetzt lilane Augen und keine braunen mehr?", unterbrach ich die beiden. Papa holte tief Luft und begann dann zu erzählen:"Du weißt ja, dass du mit zwei Jahren diesen Unfall hattest und beinahe gestorben wärst. Wir wollen nicht, dass du stirbst. Deshalb habe ich deine Mutter gebeten mich alleine mit dir zu lassen, damit sie nicht mitbekommen konnte, was ich vorhatte. Dämonen haben bestimmte Fähigkeiten und Kräfte, die Menschen nicht haben. Diese habe ich dazu genutzt, um ein Stück meiner Seele zu entreißen und es zu deiner hinzuzufügen. Dadurch wurdest du auch zu einem Dämon, deshalb die Augenfarbe. Und weil Dämonen unsterblich sind, hast du es überlebt. Ich habe es dir nie erzählt, weil ich dir diese Aufregung ersparen wollte." Ich war sprachlos. Ich?! Ein Dämon?! "Beweis es!", hauchte meine Mutter, "Beweis, dass du und Nelio Dämonen seid, Lucius!" Nelio zuckte die Schultern und schloss kurz die Augen. Mein Vater tat es ihm nach. Ihre Augen bekamen Schlitzpupillen und ihnen wuchsen graue Flügel und ebenso graue Hörner. Meine Mutter sah aus, als würde sie gleich in Ohnmacht fallen. Ich war einfach nur baff. Lucifer räusperte sich. "Durch diese Verschmelzung einer Menschlichen und einer Dämonischen Seele ist eine Macht entstanden, die den Teufel zerstören kann. Deshalb ist er hinter dir her, Teona. Er will dir deine Seele nehmen und sie sich einverleiben. Dann will er dich töten. Deine Seele würde ihn endgültig unzerstörbar machen. Noch ist er verletzlich, deshalb sollten wir so bald wie möglich handeln." "Woher weißt du das alles?", fragte ich nur. Er zögerte. "Weil... er es mir erzählt hat...", sagte er langsam. "Wann? Wieso?", wollte ich wissen. "Weil... ähm... es.. es war meine Aufgabe dich zu ihm zu bringen", presste er schließlich hervor. "Was?!", kreischte ich. Auch er begann sich zu verwandeln. Seine Haare wurden rot, seine Pupillen zu Schlitzen. Er bekam schwarze Flügel und Hörner. "Na", sagte er dann, "Erkennst du mich? Ja, ich bin der Sohn des Teufels." Ich stolperte einige Schritte zurück. "Wusstet ihr das?", fragte ich die anderen. Mein Vater, Kyle und Nelio nickten. "Moment!", entfuhr es mir plötzlich, "Wenn du ein Dämon bist, war deine Schwester auch einer, richtig? Wie konnte Kyle sie dann töten? Sind Dämonen nicht unsterblich?" "Nicht ganz", antwortete Lucifer, "Wir können sterben. Aber nur durch den Biss eines Vampirs oder eines Werwolfes. "Dann...", ich schaute zu Kyle, der beschämt zu Boden. "Ja, Kyle ist ein Werwolf", bestätigte Lucifer, "Schon bitter, wenn der beste Freund einem so etwas verheimlicht. Er hat meine Schwester damals gebissen, als er verwandelt war." "Ich wusste nicht, welche Wirkung es auf euch Dämonen hat!", fauchte Kyle, "Schließlich hatte ich niemanden, der mir etwas darüber erklären konnte. Ich wurde ja nicht als Werwolf geboren, sondern mit 5 Jahren gebissen. Und wenn ich damals alles richtig verstanden habe, ist sie doch jetzt einer von diesen 'Ewigen Dämonengeistern' " "Ein was?", hakte ich nach. "Ein Ewiger Dämonengeist", wiederholte Lucifer, "Wenn ein Dämon stirbt - was sehr selten der Fall ist - dann wird er zu einem sogenannten Ewigen Dämonengeist. Das heißt er wird so etwas, wie ein Wächter der Hölle. Er wacht über die Seelen der verstorbenen in der Hölle, kann diese aber nicht verlassen. Dämonengeister altern nur bis sie 18 sind und dann nicht mehr. Ich kann meine Schwester zwar noch sehen, wenn ich in der Hölle bin, aber es ist nicht das gleiche, wie wenn sie noch am Leben wäre. Wie auch immer", er räusperte sich, "Hier geht es nicht um mich oder um Kyle, sondern um deine Sicherheit." "Äh... aber was ist wenn... wenn ich... ähm... gar kein Dämon bin...?", stammelte ich verunsichert. Lucifer fuhr sich mit einer Hand durch die Haare. "Das lässt sich ganz leicht überprüfen. Ich muss nur...", begann er, doch mein Vater fiel ihm ins Wort. "Fass meine Tochter ja nicht an!", fauchte er, die Flügel angriffslustig gespreizt. Es war wirklich ein seltsamer Anblick, seinen eigenen Vater mit Flügeln vor sich stehen zu sehen. "Lass den Quatsch!", herrschte Nelio ihn an, "Wenn dir Teona wirklich wichtig ist, dann lass Lucifer helfen!" Papa ließ die Flügel sinken. "Du glaubst ihm?!", rief er, "Du glaubst dem Sohn vom Teufel?!" "Ja klar", mein Bruder verdrehte die Augen, "Ich kenne ihn und wenn er etwas sagt, meint er es auch so. Er sagt, er will sich gegen seinen Vater auflehnen, dann will er das auch. Außerdem würde er anders reden, wenn er dich belügen würde. Also lass ihn jetzt einfach machen!" "Gut", gab mein Vater nach, "Aber wenn Teona irgendwas passiert, dann wirst du dafür büßen, Lucifer!" Lucifer jedoch schnaubte nur. "Wenn wir das auch endlich geklärt hätten, würde ich ihr jetzt beweisen, dass sie ein Dämon ist. Ich bin mir ganz sicher, dass du die richtige bist, Teona, schließlich habe ich dich schon vor einigen Wochen überprüft." "Heißt das, dass dieses Leuchten diese 'Kraft' war?", fragte ich. "Ja", meinte Lucifer, "Aber zieh jetzt bitte deinen linken Ärmel hoch, sodass das Handgelenk frei ist." Ich tat, was er sagte. Er griff nach meiner Hand und holte ein Messer aus seiner Jackentasche. "Tut mir leid, aber das gehört dazu, ein Dämon zu sein", sagte er, "Es tut auch nicht weh." Ich spürte, wie die kalte Klinge mein Handgelenk genau dort berührte, wo die Adern verliefen und kniff die Augen zu. Doch wie Lucifer gesagt hatte, tat es nicht weh. Ich öffnete die Augen erst wieder, als ich hörte, wie Lucifer das Messer wieder in seiner Tasche verschwinden ließ. Auf meinen Handgelenk befand sich nun ein runenähnliches Zeichen. Plötzlich spürte ich ein brennen, das so stark war, dass ich kurz aufschrie. Blut lief meine Hand herunter und tropfte auf den Boden. "Teona!",rief Lucifer, "Konzentrier dich nicht sosehr auf den Schmerz, dann hört es wieder auf zu bluten!" Ich versuchte am etwas anderes zu denken, doch es gelang mir nicht. Lucifer legte seine Hände auf meine Schultern. "Schau mich an", befahl er und ich hob langsam den Kopf, "Denk nicht an das Zeichen, oder du wirst zu viel Blut verlieren. Konzentrier dich auf mich und das, was ich sage. Dieses Zeichen wird es dir erleichtern, dich in einen Dämonen zu verwandeln. Wenn es dir am Anfang schwer fällt, brauchst du es bloß zu berühren. Diese Wunde wird weder verheilen, noch zu einer Narbe werden und kann immer wieder anfangen zu bluten, wenn du dich zu sehr auf sie konzentrierst. Das kann sehr hilfreich sein, wenn du ein Drama veranstalten willst, aber sonst ist es nur lästig." Er zog ein Taschentuch aus der Hosentasche und wischte mir damit das Blut von der Hand, ohne den Blick von mir abzuwenden. Ich starrte zurück. Kyle hustete laut und Lucifer wandte sich ab. "Also", meinte er, "Berühr das Zeichen!" Ich legte einen Finger auf die Wunde. Ein Kribbeln durchlief meinen Körper. Ich spürte ein unangenehmes Ziehen zwischen den Schlterblättern und am Kopf. Nelio schob mich zu einem Spiegel. Ich war wahrhaftig ein Dämon. Meine Augen hatten nun raubtierartige Pupillen und meine Haare waren schwarz. Außerdem hatte ich ebenso graue Hörner und Flügel wie mein Vater und Nelio. Ich sah nun aus, wie die weibliche Ausgabe von meinen Zwillingsbruder. "Und jetzt", Lucifer hielt mir lächelnd seine Hand hin, "bringe ich dich in Sicherheit." Ich erwiderte das Lächeln und ergriff seine Hand.

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So das ist jetzt mal ein etwas längeres Kapitel geworden.

Ich möchte mich für die 154 Reads und die Votes bedanken!😄❤
Ich freue mich einfach voll darüber.^^

Im Bann des Teufels [Completed]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt