Kapitel 14

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Patrizio entblößte seine langen Eckzähne und ich stolperte zurück. Na toll!, dachte ich, jetzt gibt es schon drei Personen, die mich tot haben wollen! Ich ließ mich auf die Bank fallen. Sie war eiskalt, doch es war mir egal. Plötzlich kam mir eine Idee. Ich war ja ein Dämon und Dämonen waren ja sehr stark. Ich lief zum Gitter und versuchte es auseinander zu biegen. Vergeblich. Wütend schlug ich gegen die Wand, hinter der Patrizio saß. Diese begann sofort zu bröckeln. Wahrscheinlich hatte ich eine empfindliche Stelle getroffen. Mir fiel etwas anderes ein. Ich könnte die Wand durchbrechen und mich von Patrizio beißen lassen. Schließlich musste ich so oder so sterben und mir war es lieber von einem Vampir gebissen zu werden, als dem Teufel zur endgültigen Unsterblichkeit und Weltherrschaft zu verhelfen. Ich trat die Wand ein. Patrizio schaute mich überrascht an. "Bring mich bitte um", sagte ich nur. Er zog die Augenbrauen hoch. "Was?" "Du hast mich schon verstanden. Bring mich um, damit der Teufel meine Seele nicht bekommt", ich strich meine Haare auf eine Seite. "Ich tue das nicht, um dir einen Gefallen zu tun, sondern weil du nichts besseres verdient hast", fauchte er und stand auf, "Ich habe gehört, es soll unerträglich schmerzen." Beim letzten Satz schlich sich ein Grinsen auf sein Gesicht. Er kam auf mich zu. Als ich seinen Atem auf meinem Hals spürte, kniff ich die Augen zu. Seine Zähne berührten meine Haut. "Hey!", hörte ich Lucifers Stimme rufen, "Hände weg von ihr, dreckiger Vampir! Mein Vater braucht sie noch." Aber Patrizio hörte nicht auf ihn. Seine Zähne durchdrangen meine Haut, doch nicht sehr tief, denn er wurde zurückgezogen. Lucifer war in die Zelle gekommen und schlug den Vampir gegen die Gitter und zischte ihm etwas zu. Dann wandte er sich an mich. "Mitkommen!", herrschte Lucifer mich an. Widerstandslos folgte ich ihm aus dem Kerker. Er führte mich zurück in das 'Büro' seines Vaters. In der Mitte des Raumes stand nun ein Stuhl, an den Lucifer mich fesselte. Ich wand mich und zappelte, doch die Seile gaben nicht nach. "Versuch es erst gar nicht", der Teufel trat in den Saal, "Hier ist natürlich alles Dämonen-Sicher. Lucifer! Sorg dafür, dass sie sich während des Vorgangs nicht zurück in einen Menschen verwandelt! Und pass gefälligst auf, dass sie ihre Rune nicht bluten lässt!" Lucifer nickte und stellte sich hinter mich. "Was, wenn ich fragen darf", sagte er, "würde passieren, wenn eine von den beiden Situationen eintreten würde?" "Wenn sie sich während des Vorgangs verwandeln würde, würde sie sterben und ihre Seele mit ihr. Sollte Ihr Blut meine Haut in irgendeiner Weise berühren, würde ich für immer vernichtet werden und mit mir die gesamte Hölle, denn ihre Kraft ist in ihrem Blut und jeglicher Kontakt mit dieser bringt mich um. Während der Zeremonie bin ich besonders angreifbar", erklärte sein Vater, "Also pass gefälligst auf!" "Du hast ihn gehört", flüsterte Lucifer mir zu, "Verwandel dich ja nicht zurück!" Ich war erstaunt, dass er mir nur das noch ein mal einschärfte und nicht auch noch die Sache mit meinem Blut. Ein Diener kam und zeichnete mit Kreide einen Runenkreis um den Stuhl, auf dem ich saß. "Herr", murmelte er dann und verbeugte sich so tief, dass sein Kopf fast den Boden berührte. Der Teufel kam auf mich zu und zog seinen Ärmel hoch. Er zückte ein Messer, mit dem er sich in den Unterarm schnitt. Er ließ sein Blut auf die Runen tropfen. Dann begann er Worte auf einer fremden Sprache zu wispern. Der Runenkreis fing Feuer. Jede Rune einzeln nach der anderen. Kälte kroch in meine Glieder und ein Gefühl der Leichte überkam mich. Plötzlich spürte ich, wie sich die Seile um mich lockerten. "Teona", wisperte Lucifer mir zu, "Konzentrier dich auf die Rune auf deinem Handgelenk und versuch dein Blut in seine Wunde zu bekommen! Wenn ich die Seile runterreiße, dann überwältigst du ihn!" Ich wusste nicht, warum ich auf ihn hörte, denn das war purer Selbstmord, doch einen Versuch war es wert. Ich dachte fest an die Narbe an meinem Handgelenk, die sofort zu bluten begann. Lucifer riss die Stricke weg und brüllte:"Mutter! Hol die anderen und verschwindet!" Der Teufel blickte irritiert auf. Ich nutzte diesen Augenblick und stürzte mich auf ihn. Mit aller Kraft stieß ich ihn um. Seine Hände wanderten zu meiner Kehle und drückten mir die Luft ab. Ich japste und versuchte seinen Griff zu lösen, aber es brachte nichts. "Nimm deine Hände weg von ihr!", schrie Lucifer, der zu uns gekommen war. Er trat seinem Vater hart ins Gesicht. Dieser ließ mich los und schlug die Hände vor seine blutende Nase. Blitzartig presste ich mein Handgelenk auf seine Wunde. Ein Leuchten lief den Arm des Teufels hoch. Ich stand auf. Das Leuchten breitete sich über seinen gesamten Körper aus. "NEEEEEEIIIIIIN", brüllte er und versuchte sich aufzurichten, doch bei der Bewegung nahm sein Körper eine graue Farbe an und er zerfiel zu Staub. Ich konnte es nicht glauben; ich hatte gerade den Teufel vernichtet. "Schnell, wir müssen hier sofort raus!", sagte Lucifer, "Im Keller unter dem Kerker befindet sich ein Portal zur Hölle. Da die Hölle mit dem Tod meines Vaters zerstört wurde, wird dieses Portal jeden Moment explodieren und mit ihm das Haus." "Was ist mit deiner Schwester Sianna?", fragte ich, "Du wirst sie nie wieder sehen können..." Er nickte mit traurigem Blick. "Ich hatte mit ihr über meinen Plan geredet. Ich wolle ihn eigentlich nicht durchführen, doch sie hat mir gesagt das wäre es wert. Aber ich bereue es bereits", gab er zu, "Aber jetzt müssen wir nach draußen!" Er nahm meine Hand und flog schnell hinaus. Keine Sekunde zu spät. Kaum waren wir draußen, gab es eine große Explosion. Lucifer zog mich auf den Boden und breitete seine Flügel schützend über mir aus. Einige Minuten später war es wieder vorbei. Wir richteten uns auf. Die oberen Stockwerke waren zusammengebrochen und in die unteren gekracht. Es standen eigentlich nur noch die Wände des Erdgeschosses. "Teona", Lucifer legte eine Hand auf meine Schulter, "Das, was ich da drinne gesagt habe meinte ich nicht so. Ich musste nur erreichen, dass mein Vater mir glaubt und dafür brauchte ich eine echte Reaktion von dir. Du bedeutest mir mehr als alles andere. Ich würde mein Leben für dich opfern. Ich..." Eine Stimme unterbrach ihn:"Jetzt wirst du sterben!" Patrizio hatte sich durch die Trümmer des Hauses gekämpft und starrte mich mit angriffslustigem Blick an. Er raste auf mich zu. Ich schrie auf, doch kurz bevor er bei mir angelangt war, warf sich Lucifer dazwischen. Patrizios Zähne bohrten sich in seinen Hals. "Lucifer!", kreischte ich. Er taumelte gegen die Hauswand und rutschte an ihr herunter. "Das wirst du bereuen!", schrie ich Patrizio an. Von meiner Wut überwältigt riss ich einen Pfahl aus dem Zaun und stürzte mich damit auf den Vampir. Ich holte aus und rammte ihm dem Pflock direkt ins Herz, während ich ihn aus dem Schatten ins Sonnenlicht stieß. Erstaunt riss er den Mund auf, bevor er sich zu Staub auflöste. Doch ich achtete nicht weiter auf ihn. Ich lief zu Lucifer und ließ mich neben ihn auf den Boden fallen. Er nahm meine Hand. "Du warst heute einfach fantastisch...", sagte er leise, "Ich... liebe dich..." Seine Augen schlossen sich und sein Kopf sackte zur Seite. "Nein, Lucifer!", schluchzte ich und drückte seine Hand, die kalt geworden war, "Nein, nein, nein... verlass mich nicht! Bleib bei mir!" Doch es war zu spät. Tränen rannen mir in Strömen über die Wangen. Schmerz zerriss mein Herz. Ich legte meinen Kopf auf seine Schulter und ließ meinen Tränen freien lauf. "Nein, bitte, das kann nicht wahr sein!", weinte ich, "Lucifer... ich... ich liebe dich auch..." Plötzlich spürte ich, wie mein Händedruck erwidert wurde. Ich hob den Kopf. Lucifer schaute mich an und lächelte leicht. "Lucifer!", rief ich auf, "Du lebst!" Er lachte leise. "Sieht ganz so aus", grinste er. "Aber wie?", hauchte ich. "Ich vermute mal, dass das etwas mit deiner Kraft zu tun hat", sanft wischte er mir eine Träne von der Wange. Er zog mein Gesicht näher zu seinem und küsste mich auf die Lippen. Ich legte meine Arme um seinen Hals und erwiderte den Kuss. Als wir Schritte hörten, fuhren wir auseinander. "Du hast dich also für ihn entschieden", stellte Kyle fest, der zu uns runter schaute. Ich stand auf. "Kyle, es tut mir leid. Ich mag dich zwar wirklich gerne, aber nur als guten Freund", sagte ich. "Ja, habe ich mir eigentlich schon gedacht...", meinte er, "Was auch immer. Ich habe etwas komisches gespürt. Was ist hier passiert?" Lucifer richtete sich auf und stellte sich neben mich. "Teona hat meinen Vater getötet", er legte einen Arm um mich, "Ach ja, und Patrizio kurz danach auch noch." Ich bekam Schuldgefühle. Aber Patrizio hat versucht mich umzubringen und stattdessen fast Lucifer ermordet!, rechtfertigte ich mich in Gedanken vor mir selbst. Plötzlich ertönte eine weibliche Stimme:"Lucifer?" Ein etwa 12-jähriges Mädchen stand auf einmal im Tor. Sie hatte schwarze, lockige, schulterlange Haare und königsblaue Augen. Lucifer starrte sie an, als würde er sie nur träumen. "Sianna!", wisperte er ungläubig. Sie lief auf ihn zu, er ihr entgegen. Sie schlossen sich in die Arme. Sianna begann zu schluchzen. Auch Lucifer liefen nun einige Tränen über die Wangen. "Wie kommt es, dass du wieder lebst?", fragte er mit zitternder Stimme. "Als die Hölle zerstört wurde, wurden wir wenigen 'Ewigen' Dämonengeister wieder zurück ins Leben geholt", erklärte Sianna, "Frag nicht wieso. Ich habe keine Ahnung." Sie lösten sich voneinander. Sianna kam auf mich zu und umarmte mich ebenfalls. "Ich danke dir, Teona", sagte sie, "Ohne dich wäre ich immer noch in der Hölle. Du kannst dir nicht vorstellen, wie schrecklich es war, täglich diese armen Seelen ertragen zu müssen." Mein Handy klingelte. Ich hatte ganz vergessen, dass ich es überhaupt dabei hatte. Es war mein Vater. "Kannst du mir erklären, warum Lucifers Mutter und seine neun Geschwister hier bei uns Zuhause sind?", wollte er wissen. Lucifer nahm mir mein Handy aus der Hand. "Keine Sorge, Lucius, wir kommen schon und erklären es dir", meinte er und legte auf. Er hielt mir seine Hand hin. "Kommst du?" Ich nickte und nahm sie.

Im Bann des Teufels [Completed]Where stories live. Discover now