Kapitel 19

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Ich wählte sofort Kilians Nummer um seine Meinung anzuhören.

"Hm?"
Er schien nicht gerade fröhlich zu klingen.
"Hey, was sollen wir jetzt tun!? Ganz ehrlich? Ich will die Schule wechseln. Nein, das Bundesland."
"Verstehe. Aber wir sind zu zweit. Lass es uns versuchen, wenn was Dummes kommt, dann übelass mir die Situation. Ich regel das schon, okay? Hab keine Angst. Wir gegen den Rest der Welt. Schon vergessen?"
"Aber.."
Das Reden fiel mir schwer. Ich versuchte vergeblich die Tränen zurückzuhalten. Und jedes Wort was ich formulieren wollte, trieb mir noch mehr Wasser ins Auge.
"Nicht weinen. Vertrau mir einfach."
Meine Stimme klang so erbärmlich. Aber den Versuch gab ich ihm. Auch wenn's mir schwerfiel.

Der nächste Tag begann und ich nahm meinen Mut zusammen. Vor der Klassenzimmertür verschlung er seine Finger in meine: "Lass nicht los, okay?" Ich nickte und schluckte gleichzeitig. Als die Tür aufging, spürte ich all ihre Blicke. Manche waren geschockt, manche verkniffen sich ein Lachen. Max, der blonde Möchtegern der von Frau Kirwe in die erste Reihe versetzt wurde, ließ einen dummen Spruch raus. Woraufhin Kilian mit mir an der Hand zu ihm stampfte und seinen Tisch gewaltsam an seine Brust drückte: "Hast du wirklich Lust auf Stress?"

Max hingegen verging sein dummes Grinsen. Nun erhob Kilian seine Stimme: "Was ist daran jetzt anders als wenn ich jetzt mit einem Mädchen an meiner Hand hier reinspaziert wäre? Immer prahlt ihr von Toleranz. Warum ist jeder dann so homophob? Ihr seid einfach nur Abschaum. Liebe ist Liebe. Was zählt ist der Charakter, nicht der Körper. Denkt daran, wenn ihr nächstes mal meint, dass Aussehen nicht alles wär. Lieber verbringe ich mein Leben mit ihm und voller homophoben Arschlöcher, als ein falsches Leben zu führen und Fakefreundschaften zu haben."

Totenstille.

Dann liefen wir zu unseren Tischen, an denen Wörter eingraviert wurden. Schwuchtel.
"Na und dann bin ich halt einer und jetzt?", lachte er laut. Der Lehrer kam anschließend rein, machte seinen Stoff durch und wunderte sich über die "braven" Schüler. In der großen Pause schaute ich auf Facebook nach. Das Bild war gelöscht. Alle waren bereits auf dem Schulhof - außer Elena. Ich schlich zu ihr: "Danke fürs Löschen." Dann schaute sie mich mit nassen Augen an: "Ich sollte an seiner Seite sein! Warum hab ich immer so Pech. Dabei bin ich ihm sooft hinterhergerannt, habe mich angestrengt. Und was ist? Ihn juckts nicht." Es sollte also eine Art Rachezug sein. Irgendwie tat sie mir ja schon leid: "Weißt du woran das liegt? Du versuchst andere fertigzumachen, auszuschließen. Anstatt dir selbst aufzuhelfen. Vielleicht solltest du ehrlicher zu dir selbst sein. Du musst nicht immer die Starke spielen." "Es tut mir Leid, dass ich euch solche Schwierigkeiten bereitet habe. Ich werde euch in Zukunft in Ruhe lassen. Ihr seid echt süß und passt sehr gut zusammen."

Na geht doch.

Just another gay storyWhere stories live. Discover now