Wieso auch Malfoy?

774 26 4
                                    

HERMINE GRANGER


Der letzte Tag vor den Prüfungen war eingetroffen. Und ich saß nicht wie die meisten anderen in der Bibliothek und versuchte mir noch Wissen ins Hirn zu hämmern, sondern hatte es mir im Gemeinschaftszimmer der Gryffindors bequem gemacht. Umhüllt von meiner bordeux roten Flauschidecke lag ich austgestreckt auf einem der Sofas und versuchte vergeblich nicht an das Gelernte, welches bereits seit langen Wochen in meinem Kopf abgespeichert war, zu denken. Allerdings wollte ich den neuen Gedanken, die mich auch schon länger beschäftigen keinen Raum geben. Seufzend ließ ich mich noch tiefer in das Kissen sinken und kauerte mich etwas zur Seite, um so etwas bequemer daliegen zu können. Nun spürte ich allerdings wieder, wie das unangenehme Gefühl von Übelkeit in mir aufstieg, dass ich seltsamerweise nur spürte, wenn ich an Malfoy dachte. Gequält darüber, musste ich natürlich nur mehr an ihn denken. An den Kuss. Und an die unzähligen Mal bei denen es fast zu einem gekommen war. "Wieso muss es auch gerade Malfoy sein?", flüsterte ich vor mich hin. Stöhnend kauerte ich mich fester zu einer Kugel zusammen. Dann versuchte ich das, was ich immer tat, wenn mir schlecht war, ich wiederholte in meinem Kopf Formeln und Reaktionsgleichungen. Ständig und immer wieder. Welche Zutat mit welcher reagierte? Warum und mit welchem Ergebnis? Und es half, Gott sei Dank!

Irgendwann setzte sich Ginny auf die Couch neben mich und bat mir an meinen Kopf auf ihren Schoss zu legen. Während ich es mir auf ihren Beinen bequem machte, hörte ich wie sich meine Freundin seufzend nach hinten lehnte. "Ich weiß nicht, ob ich das morgen schaffe. Ich meine Zaubertränke ist nicht gerade das tollste Fach. Und gut bin ich darin schon gar nicht." Sie atmete erschöpft aus. "Doch was sage ich dir das eigentlich, schließlich bist du doch so genious du kriegst das ja sowieso hin!" Ich hatte mich schon lange daran gewöhnt, dass meine Freunde so mit mir sprachen. Vielleicht, weil sie es immer wieder taten und ich irgendwann aufgehört hatte, mich dafür rechzufertigen, denn schließlich haben sie irgendwo auch recht damit, wenn sie sagen, dass ich gute Noten schreibe. Allerdings bekam ich sie auch nicht umsonst. Für diese guten Noten sitze ich stundenlang in der Bibliothek vor vielen aufgeschlagenen Büchern und filtiere das Wissen in mein Gehirn. Es ist meine Art das eigentlich wirklich wichtige im Leben zu verdrängen und mein Denken mit Fakten und aufgestellten Theorien zu überschütten. Malfoy, könnte auch ein Grund dafür sein, dass ich mir halb ernst gemeinte nicht mehr zu Herzen nehme. Schließlich wurde ich seit der ersten Klasse nicht wirklich mit Samthandschuhen von ihm angefasst. Und das bis jetzt. Oder besser gesagt bis vor einiger Zeit.

Vor Wut schlug ich die Hände vor mein Gesicht. Ich kann doch nicht wirklich schon wieder an Draco denken?! Doch anscheinend war das mal wieder der Fall. Das ist echt keine gute Voraussetzung für die bevorstehenden Tage. Doch leider hatte Malfoy in meinem Gehirn einen Stammplatz eingenommen und war wahrscheinlich deshalb immer der Gedanke Nummer eins.

"Hermine was ist los?", Ginny beugte sich über mein Gesicht und zog sanft einen meiner Hände von meinem Gesicht. Ich öffnete die Augen und sah in ihre mahagonifarbenen Augen. "Ich hab ein Problem." Ginny runzelte die Stirn. Hastig fügte ich noch hinzu: "Nicht mit der Schule. Ausnahmsweise nicht. Was ja eigentlich auch gut ist. Es ist eher was persönliches. Also was intimeres. Nein, stop. Vergiss 'intim'! Es hat was mit einem Kerl zu tun. Und bevor du fragst, nein Ron ist es nicht, mit dem befinde ich mich nämlich zur Zeit auf Kriegsfuß. Und zwar wegen des anderen Kerls. Und bei Merlins Bart, ich weiß einfach nicht, ob das was ich fühle, das richtige ist-" Ginny hielt mir plötzlich mitten in meinem großen Wortschwall die Hand auf den Mund. "Ich weiß, wer es ist Hermine." Mit großen Augen sah ich sie an. Ich biss auf meine Unterlippe und wartete nur darauf, dass sie mich anfängt zu verurteilen oder dergleichen. Doch das passierte seltsamerweise nicht. Stattdessen fuhr sie fort mir zu erklären, dass man seine Gefühle nicht kontrollieren kann und sie versteht, dass ich verwirrt bin. "Lass uns auf mein Zimmer gehen.", schlug ich ihr vor. Sie nickte und ich packte meine Flauschidecke am Zipfel und stopfte sie unter meinen Arm.

Auf meinem Zimmer war Gott sei Dank niemand anderes gerade zu diesem Zeitpunkt da. Ich schmiss meine Decke auf das Fußende meines Bettes und bot Ginny an, es sich auf meiner weichen Matratze bequem zu machen. Ginny folgte meinem Angebot und nahm im Stil des Schneidersitzes Platz. "Es ist Malfoy, richtig?", platzte es Ginny heraus. Hektisch blickte ich mich um, um zu kontrollieren, ob uns irgendjemand hören konnte. "Pscht, nicht so laut!", zischte ich panisch. Ginnys Lippen verkniffen sich zu einem leichten Lächeln. "Weißt du Hermine? Irgendwann wenn es ernst wird, wird es sowieso jeder erfahren." Ich riss meine Augen auf und wedelte mit beiden Händen vor mir auf und ab, damit ich mich innerlich beruhigte. "Ich kann das nicht, Ginny. Ich weiß... ich weiß nicht einmal wirklich, was ich fühle. Oder was er fühlt. Oder ob da überhaupt irgendetwas ist." Stöhnend ließ ich mich kopfüber in eines der Kissen fallen, die auf meinem Bett lagen. "Vielleicht solltet ihr mal darüber reden?", hörte ich Ginnys dumpfe Stimme. Ich hob den Kopf und strich mir die verirrten Strähnen aus dem Gesicht. "Und wie soll ich das bitte anstellen? Bisher lief ja noch gar nichts...also", ich spürte wie mein Kopf hochrot wurde und Ginnys Augen hell aufleuchteten vor Neugierde. "Noch gar nichts?", hakte das Weasley Mädchen nach. Ich drückte mein Gesich erneut in das Kopfkissen und erwiderte: "Wir haben uns geküsst." "Hermine, ich hab kein Wort verstanden." "Wir haben uns geküsst", rief ich lauter.

"Wer hat Hermine geküsst?", hörte ich eine etwas weiter entfernte Stimme.

Es war Ron.



"Always?"Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt