B wie Berührung

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"Einen Himbeer-Muffin bitte.", sagte ich freundlich zu der Dame vor mir und deutete mit einem leichten Lächeln auf den ausgewählten Muffin hinter dem Tresen.

Ich beobachtete sie dabei, wie sie den Muffin hervorholte und ihn in eine Tüte packte, bevor sie mein Geld einkassierte.

Ich komme gerne hier her. Die Leute sind nett und freundlich und starren einen nicht mit dem Schon-wieder-jemand-der-etwas-kaufen-will-Blick an, so als wären sie genervt von ihren eigenen Kunden. Das Cafè ist außerdem sehr schön modern eingerichtet, was mir persönlich sehr gut gefällt. Und das wichtigste - die Preise sind akzeptabel. Ich meine damit, dass ich hier her gehen kann, ohne schon die Hälfte meines Taschengeldes für ein Gebäck auszugeben.

Vielleicht übertreibe ich ein bisschen, aber so kommt es mir zumindest oft vor.

Lächelnd nahm ich der Frau, die eine Schürze mit dem Namen des Cafès darauf trägt, die Tüte ab und wandte mich zum Gehen.

Als ich die Tür aufmachte, strömte mir sofort eine Ladung kalte Luft entgegen und ich schlang augenblicklich die Hände um meinen Oberkörper. Für Mitte Februar war es jetzt schon außergewöhnlich kalt und ich hätte vielleicht statt der Sommerjacke schon meinen Mantel aus dem Schrank kramen sollen, aber naja hinterher ist man ja immer schlauer.

Wenigstens hatte ich einigermaßen warmhaltende Schuhe angezogen, sonst wäre ich sicher erfroren. Ich ging in langsamen Tempo weiter, warf mal einen Blick in dieses und jenes Schaufenster. Immer noch waren die Läden überfüllt mit möglichen Valentinstagsgeschenken und ein Haufen Rosen und Schokoladen tummelten sich in fast jedem Schaufenster. Warum stellten die auch jedes Jahr so viel Zeug für nur einen Tag her? Es gab in dieser Stadt doch sicher mehr Singles als Paare, kein Wunder das immer so viel übrig blieb.

"Hey, warte mal!", eine Stimme ließ mich zusammenzucken und ich blieb unwillkürlich stehen, obwohl ich nicht einmal wusste, ob ich gemeint war. "Du hast deinen Geldbeutel vergessen!", eine warme Hand legte sich auf meine Schulter und ich drehte mich überrascht um.

Mein verwirrter Blick fiel zuerst auf den Gegenstand in der Hand, der sich tatsächlich als mein Geldbeutel herausstellte, bis ich ins Gesicht des vermeintlichen Finders schaute.

Grüne Augen bohrten sich in meine und mein Herz begann sofort ungewollt schneller zu schlagen.

Irgendwoher kannte ich doch diesen jungen Mann von mir!

"Den hast du im Cafe liegen lassen.", er wedelte mit dem Geldbeutel in seiner Hand herum und lenkte so meinen Blick darauf. "Das ist doch deiner, oder?!", fragte er mich eine Spur verunsichert, da ich gerade nur wie gebannt auf meine verlorengegangene Geldbörse starrte und fieberhaft überlegte, woher ich dessen Finder kannte.

"Ja, das ist meiner, danke.", ich brachte ein ehrliches Lächeln zustande und nahm ihm den Geldbeutel aus der Hand, was meine Haut zum Kribbeln brachte, als unsere Finger sich berührten. Und plötzlich fiel mir wieder ein woher ich ihn kannte.

"Bist du nicht der Typ, der neulich mit Rosen vor meiner Haustür stand?"

Sein Kopf hob sich überrascht und er musterte mich einmal von oben bis unten, so wie er es schon bei unserer ersten Begegnung getan hatte, und nickte anschließend.

"Ach du warst der Penner- Nein, stopp- Du warst das Mädchen im Pennerlook, so ist es richtig.", er grinste frech, als diese Worte seinen Mund verließen und ich schnappte hörbar nach Luft.

"Klar kenne ich dich noch. Geht es meinen Rosen noch gut oder sind sie schon verwelkt?"

"Sie sehen noch fabelhaft aus.", log ich und versuchte selbstsicher zu lächeln. Ich Idiot hatte schon am zweiten Tag vergessen Wasser nachzufüllen und so sahen die Rosen mittlerweile ziemlich schrecklich aus. Aber von meinem nicht vorhandenen grünen Daumen musste er ja nichts erfahren.

"Das freut mich.", erwiderte er nur eintönig und ich zog die Augenbrauen zusammen. Freute er sich wirklich oder tat er nur so?

"Ähm woher wusstest du eigentlich, dass es mein Geldbeutel ist? Ich habe dich gar nicht im Café gesehen?"

"Naja die nächste Kundin hat ihn gefunden und meine Chefin hat mir dann aufgetragen, dir nachzulaufen.", erklärte er schulterzuckend, während sein Blick immer noch an meinem Geldbeutel klebte und mich daran erinnerte, dass ich ihn besser in meine Tasche befördern sollte, nicht, dass ich ihn wieder verliere!

"Deine Chefin?"

"Ja, ich arbeite in diesem Laden.", er strich einmal mit der Hand über sein Namensschild und erst jetzt viel mir auf, dass er typisch für einen Kellner gekleidet war. Ramón stand dort in Großbuchstaben geschrieben.

"Du bist Franzose?", fragte ich ihn, nachdem ich den Namen gelesen hatte. "Oui", antwortete er sogleich auf Französisch und nur der Klang dieses einen Wortes ließ mein Herz höher schlagen. Verdammt hätte ich nur in der Schule Französisch gewählt!

"Ramón Chevalier", er reichte mir seine Hand und ich grinste augenblicklich. Dieser Name allein, hach.

"Mary Davies.", stellte ich mich ebenfalls vor und reichte ihm meine Hand. Ich musste mich beherrschen nicht leise aufzuseufzen, als sich unsere Finger erneut berührten und sich alle Härchen auf meinem Körper aufstellten. Ich liebte es wenn er meine Hand berührte.

"So ich muss dann wieder an die Arbeit aber vielleicht sehen wir uns ja nochmal, ma chérie.",mit diesen Worten drehte er sich um und ließ mich vollkommen aufgelöst stehen. "Oui", war das einzige, das ich noch hervorbrachte ehe ich mich ebenfalls umdrehte und meinen Einkaufsbummel fortsetzte.







26 Letters Of LoveWhere stories live. Discover now