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Ununterbrochen klopfte der Regen gegen die Fensterscheiben. Es war ein störendes Geräusch. Warum hatte ich überhaupt Fenster? Ich brauchte sie ja sowieso nicht. Müde drehte ich mich in meinem Bett herum und zog mir die Decke über die Ohren.

Es brachte nichts. Zwar drang der Regen jetzt nur noch gedämpft an meine Ohren, doch es wurde schnell unerträglich stickig unter der Decke. Hinter meinen Schläfen pochte es leicht. Ein Kopfweh bahnte sich an. Ich grunzte missmutig und schlug die Decke zurück. Jetzt würde ich erst recht nicht mehr weiterschlafen können.

Meine steifen Glieder schmerzten als ich mich vorsichtig aufsetzte und das pochen hinter meiner Stirn wurde heftiger. Ich runzelte die Augenbrauen und fuhr mir mit der Hand über mein Gesicht um mir den Schlaf aus den Augen zu reiben. Manche Angewohnheiten ließen sich eben nicht ablegen, auch wenn sie nun unnötig waren.

Mit nackten Füßen tapste ich in die Küche. Das Holz war kühl und ich fröstelte Leicht in meinem kurzen Shirt und der Boxershort, die ich zum schlafen trug. Mühelos fand ich meinen Weg in die kleine Küche und holte mir eine Tasse aus einem der Schränke über der Spüle. Nach dem ich Wasser aufgesetzt hatte und mir ein paar Löffel Kaffeepulver in die Tasse gekippt hatte – was nicht leicht ist wenn man nichts sehen kann- schlurfte ich in das enge Badezimmer um mir Tabletten gegen Kopfweh zu holen.

Gerade ertastete ich zwei kleine Schachteln mit Tabletten, als meine Türklingel läutete. Im ersten Moment war ich so über das ungewohnte Geräusch erschrocken, dass mir die Schachteln ins Waschbecken fielen. Ich jammerte kurz auf wegen meines Kopfes der bei dem schrillen Klingeln der Türglocke heftig zu protestieren begann und stampfte dann zur Haustür.

Außer Namjoon, der mich ein paar Mal besucht hatte, war noch nie jemand zu mir gekommen. Normalerweise klingelte dieser auch nicht, da er wusste wie sehr ich dieses schrille Geräusch hasste. Unsanft riss ich die Tür auf und wollte gerade loslegen, als mir etwas auffiel. Das war nicht Namjoon.

Ich schloss meinen Mund wieder und runzelte irritiert die Brauen.

„Was machst du hier?"

Hoseok gab ein Schnauben von sich und ich war mir sicher, dass er seine Augen verdrehte.

„Begrüßt man so einen Freund. Ich wusste ja, dass du ordentlich unhöflich bist, aber ich hatte mir erhofft..."

Hoseok unterbrach sich als er meine hochgezogene Augenbraue sah und räusperte sich.

„Ja, tut mir leid, dass ich so plötzlich komme. Du warst heute Früh nicht im Studio und da habe ich mir Sorgen gemacht. Namjoon hat mir dann deine Adresse gegeben."

Ich würde Namjoon ermorden.

„Tut mir leid", murmelte Hoseok noch einmal kleinlaut und ich tötete den kleinen Funken Mitgefühl schnell ab, bevor er mich noch zu unüberlegten Taten veranlassen konnte.

Bei Hoseok wurde ich immer weich. Ich musste deswegen schon viel von Namjoon über mich ergehen lassen. Der kühle Luftzug vom Stiegenhaus ließ mich frieren.

Wortlos drehte ich mich um und ging zurück in die Küche. Ich hörte wie Hoseok sich die Schuhe auszog, die Tür hinter sich schloss und mir zögerlich folgte. Mir war schmerzlich bewusst, was er sehen musste. Eine fast leere kleine Wohnung.

Die einzigen Möbelstücke die ich hatte waren ein großes altes Sofa, ein kleiner Esstisch und mein Bett. Mehr brauchte ich auch nicht. Wozu auch. Ich stand mit dem Rücken zur Küchentür. Als ich hörte wie Hoseok still die Küche betrat biss ich mir auf die Unterlippe.

Darum lud ich auch nie Leute zu mir nach Hause ein. Es musste einfach erbärmlich wirken. Ich schluckte mein Unbehagen herunter und massierte mir mit einer Hand die Schläfe. Mein Kopf schien zu explodieren.

„Willst du auch einen Kaffee?", fragte ich und zuckte fast zusammen, als meine Stimme die Stille in der kleinen Küche durchschnitt.

„Gerne."

Hoseoks Stimme klang wie immer. Kein Hauch von Mitleid. Ich merkte erst jetzt wie angespannt ich die ganze Zeit über gewesen war. Mit geübten Handgriffen holte ich eine zweite Tasse aus dem Schrank und machte Hoseok ebenfalls Kaffee.

Die ganze Zeit über fühlte ich seinen Blick auf mir und ich wurde mir unangenehm bewusst, dass ich nur im Schlafgewand vor ihm stand. Ich leckte mir über meine trockenen Lippen und verfluchte meine zittrigen Hände. Warum machte mich Hoseoks Blick so nervös?

Blinded by your smileWhere stories live. Discover now