Drunken slurs

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Als ich Hoseok das erste Mal küsste, war ich sturzbesoffen. Es war ein beschissener Tag gewesen. Von der Minute an, in der ich aufgewacht war, wollte ich nichts lieber als mich irgendwo selbst zu vergraben. Ich hasste alles und jeden und am meisten mich. Mich und meine beschissenen blinden Augen. Namjoon der noch immer mein Freund war, obwohl ich zu nichts mehr zu gebrauchen war. Hoseok der sich einbildete mich zu mögen und jeden Tag meine Stimmung hob - nicht dass ich das vor irgendwem zugeben würde, am allerwenigsten vor mir selbst – und dann natürlich die Welt und den Rest.

Scheinbar hatte sich meine Stimmung wie ein Lauffeuer unter meinen wenigen Bekannten herumgesprochen, denn des Rest des Tages meldete sich keine Menschenseele bei mir. Dennoch überraschte es mich nicht – und dafür hasst ich mich nochmal – als Hoseok am Abend mit Alkohol bei mir aufkreuzte.

Ich hatte ihn stumm hereingelassen und holte Gläser aus der Küche. Keine Ahnung wie viel ich getrunken hatte. Ich wusste nur noch, dass ich all meinen Frust bei Hoseok ablud und, dass er mir still zuhörte. Im Nachhinein wusste ich nicht mehr was mich geritten hatte, als ich plötzlich meine Hand ausstreckte. Vielleicht war es Zufall, vielleicht aber auch Absicht, dass meine Finger seinen Mund fanden. Hoseoks Lippen waren weich und leicht feucht vom Trinken. Als er mich geküsst hatte, war mir das gar nicht aufgefallen oder ich hatte gar nicht darauf geachtet.

Hoseok saß stumm da und ließ mich seinen Mund abtasten. Der Alkohol in meinem Blut machte es mir unmöglich seinen jetzigen Gesichtsausdruck auch nur zu erahnen. Irgendwann lehnte ich mich vor und ersetzte meine Finger mit meinem Mund. Ich spürte nur am Rande das Hoseok sich leicht versteifte, war aber zu sehr damit beschäftig lauter kleine Küsse auf seinem Mund zu verteilen. Seine Lippen waren warm und schmeckten leicht nach dem Bier, dass er eben noch getrunken hatte.

Hoseok erwiderte meine Küsse nicht, ließ es aber stumm über sich ergehen.

Irgendwann brach ich an Hoseoks Mund in betrunkenes Gekicher aus.

„Komisch", brabbelte ich und tätschelte unbeholfen seine Wange während ich meine Stirn gegen die seine Knallen ließ, Hoseok zischte leise," so anders isses nicht."

Ich schmatzte ein paar Mal, so als ob ich Hoseok noch immer auf meinen Lippen schmecken konnte.

„Einen Jungen zu küssen meine ich. Oder", ich kniff die Augen zusammen und entfernte mein Gesicht ein paar Zentimeter, so als ob ich ihn nachdenklich beobachten würde und brach dann wieder in hysterisches Gekicher aus," oder bist du vielleicht ein Mädchen, Hosssseok?"

Ich fand meinen Witz unglaublich witzig und keckerte vor mich hin.

„Nein, ich bin kein Mädchen Yoongi, erinnerst du dich? Deshalb magst du mich ja nicht."

Unweigerlich runzelte ich meine Stirn.

„Neeee... das glaub ich erst wenn ichs sehe. Jungen haben nämlich nicht so weiche Haare."

Meine Argumente waren unschlagbar und ich warf einen Blick auf Hoseoks Körpermitte als mir etwas auffiel.

„Schhheiß Augen", murrte ich und rieb mir mit der Hand darüber.

Hoseok war still und diesmal spürte ich, dass er mein Gesicht genau musterte. Selbst in meinem betrunkenen Zustand pisste mich das an. Mitleid wollte ich nicht.

Ich zwang mich dazu zu Lachen und fuhr langsam mit der Hand über Hoseoks Brust Richtung Bauch.

„Dann muss ich mich eben anders überzeugen."

Mein Grinser spaltete mein Gesicht sicher auf sehr unschöne Weise in zwei Hälften und wurde triumphierend, als ich spürte wie Hoseoks Atem stockte. Durch das dünne Shirt konnte ich Hoseoks Körperwärme glühen fühlen und kniff die Augen zusammen als ich seine Bauchmuskeln ertastete.

Wie unfair. Warum hatte ich keine?

Mein Zeigefinger blieb kurz an Hoseoks Nabel hängen und ich könnte schwören, dass er ein zweites Mal die Luft anhielt. Doch bevor ich den Bund seiner Hose erreichte, packte er mich am Handgelenk.

„Das reicht jetzt Yoongi. Du solltest dich jetzt hinlegen."

Kurz war ich über seinen plötzlichen Aktionismus erstaunt, dann verärgert. Ich entriss ihm meine Hand und rutschte ein paar Schritte zurück.

„Sag mir nicht was ich tun soll", knurrte ich und griff nach meiner Bierdose.

Meine Hand klatschte unsanft auf den Boden als ich ins Nichts griff. Hoseoks stummer Blick kitzelte wie nervige Ameisen auf meiner Haut und ich spürte wie mein Mageninhalt langsam wieder meine Speiseröhre hochkroch.

„Ich komm gut klar", giftete ich nochmal und zielte mit meiner Hand weiter nach vorne.

Mit einem unangenehmen Gluckern fiel die Bierdose um, als ich mit voller Wucht dagegen stieß und ich konnte nur hilflos zuhören, wie sich ihr Inhalt über den Tisch ergoss und auf den Boden tropfte. Plötzlich fiel mir auf wie stickig und heiß es in meinem Zimmer war. Ich spürte wie mein Gesicht langsam rot wurde und brennende Tränen in meinen Augenwinkeln prickelten. Ich holte einmal zittrig Luft.

Hoseok sagte nichts. Blickte mich weiterhin stumm an.

„Geh jetzt besser", sagte ich gepresst nachdem ich meine Stimme halbwegs unter Kontrolle gebracht hatte.

Kurz rührte sich nichts im Zimmer. Dann hörte ich das Rascheln von Stoff, als sich Hoseok leise erhob. Mit gesenktem Kopf blieb ich sitzen. Ich spürte wie das Bier auf dem Boden langsam eine meiner Socken durchweichte.

Lautlos verschwand Hoseok in meiner Küche und kam dann kurz darauf wieder. Stumm räumte er die leeren Dosen weg und wischte das verschüttete Bier fort. Inzwischen fühlte ich mich einfach nur Scheiße. Wartete darauf, dass Hoseok endlich verschwand, damit ich mich zu einem Ball zusammenrollen und in dystopischen Gedanken baden konnte.

Ich war so sehr damit beschäftigt nicht einfach zusammenzuklappen, dass ich erst bemerkte, dass Hoseok fertig war, als er direkt vor mir stand. Mein Kopf war immer noch gen Boden geneigt, sodass meine Kopfhaut unter Hoseoks Blick brannte.

Plötzlich packten mich zwei Hände unter den Armen und zogen mich hoch. Wie eine fauchende Katze wand ich mich in dem festen Griff und stieß Hoseok heftig gegen die Brust – so sehr, dass es ernsthaft wehgetan haben musste – doch er ließ mich nicht los.

„Nimm deine Flossen da weg", schrie ich schon fast und krallte meine Finger in sein Shirt.

Hoseok hörte nicht auf mich. Er blieb eisern stehen, seine Finger wie Schraubstöcke um meine Oberarme gelegt. Irgendwann verließ mich meine infernalische Energie und ich hing atemlos, und hundertprozentig mit roten Flecken im Gesicht, in seinem Griff.

„Lass mich los verdammt", knurrte ich heiser.

Meine Stimme war drauf und dran zu verschwinden und ich wusste, dass ich dafür morgen irgendwem die Hölle heiß machen würde. Ich hatte meine Finger immer noch in Hoseoks Shirt gekrallt und dehnte es vermutlich irreparabel aus. Hoffentlich war es sein Lieblingsshirt.

Plötzlich umfing mich sein Geruch und ich spürte seinen warmen Körper durch unser Gewand. Als ich erkannte, dass er mich umarmte, wand ich mich noch einmal, hatte aber nicht mehr wirklich Energie um großartig Widerstand zu leisten.

Missmutig ließ ich seine Umarmung über mich ergehen und versuchte nicht allzu tief Luft zu holen. Erneut war mein Kopf zu wirr um sagen zu können welche Miene Hoseok gerade hatte. Ich zog die Augenbrauen zusammen als mich sein warmer Atem am Hals kitzelte.

„Morgen trete ich dir dafür in die Eier", brummte ich in sein Schulter.

Sein leises Lachen schüttelte meinen Körper und verstärkte das vom Alkohol hervorgerufene Schwindelgefühl in meinem Kopf.

„Ist Ok", murmelte er in meine Halsbeuge und die Härchen an meinem Nacken stellten sich auf.

Und ich erlaubte es mir die sanfte Lila – Blaue Wärme zu genießen. Erlaubte es ein paar störrischen Tränen stumm über meine Wange zu laufen, und in meinem inneren die ganze Welt unfair zu finden und zu verfluchen. Und falls meine Augen nachher leicht rot waren oder die Tränen glänzende Spuren auf meinen Wangen hinterlassen hatten, dann sagte Hoseok nichts darüber.

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