Kapitel 6 | "Werd endlich erwachsen, Ronald!"

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Snape saß in seinem Sessel, die Augen auf ein Wort gerichtet, dass er nun schon zum zehnten Mal las und in seiner rechten Hand ein Glas Rotwein, genauer gesagt, war es sein drittes Glas Rotwein.

Verärgert wandte er seinen Blick ab.

So etwas war ihm noch nie passiert! Sein ganzes Bewusstsein hätte ihn am liebsten gepackt, getreten und dann zu Boden geworfen, für dieses verblödete Vergehen!

WAS hatte er sich dabei nur gedacht? Er hätte Granger sofort wegstoßen sollen, er hätte sie niedermachen sollen, verbal natürlich, obwohl der Gedanke ihr eine Ohrfeige zu geben, durchaus seinen Reiz hatte. Aber nein, sein Körper, dieser nichtsnutzige Kerl, hatte nichts getan! Nichts!

Oder doch, er hatte etwas getan. Er hatte seinen kompletten Verstand niedergebügelt, ohne mit der Wimper zu zucken! Er war so wütend! Und noch nicht mal ihr Gedächtnis hatte er manipulieren können! Nein!

Was hatte dieses penetrante Biest eigentlich vorgehabt? Hatte sie doch tatsächlich die Absicht gehabt, mit ihm ins Bett zu gehen? War das wahrhaftig ihr Plan gewesen?

Unmöglich! Wie war sie überhaupt auf den Gedanken gekommen, sich ihm auf so unanständige Art und Weise zu nähern? Sich IHM zu nähern? IHM?

Wie absurd diese Tatsache doch war. Vollkommen absurd.

Ein anderes Wort fiel dem gefürchteten Professor einfach nicht ein. Doch wesentlich bedenklicher war der Umstand, dass er, Stunden nach dem Geschehenen, immer noch hier saß und die Bilder nicht mehr aus seinem Kopf bekommen wollte. Es war schon überaus anstrengend gewesen sich auf das Treffen mit McGonagall zu konzentrieren, die ihn mehrmals ermahnen musste, ihr doch bitte zuzuhören, was er nur mit einem gehässigen Spruch quittieren konnte.

Minerva sollte ihm bloß nicht auf die Nerven gehen! Er hatte genug um die Ohren – mal abgesehen von einem Problem, dass er sich leidlicher Weise selbst zu verschulden hatte.

Er schob die währenden Gedanken auf seine Angst, Granger könnte irgendwem von dem Geschehenen erzählen und nicht auf die Tatsache, dass ihm ihre Berührung tatsächlich gefallen hatte.

Wütend betrachtete er sein Glas, schwenkte es hin und her und trank dann seufzend den letzten Schluck aus.

Kurz blickte er auf sein aufgeschlagenes Buch, das er in seinen Schoß gelegt hatte und wohlwissend, dass er sich sowieso nicht mehr konzentrieren konnte, schlug er es zu, legte es auf den Sofatisch und erhob sich aus seinem Sessel.

Er würde versuchen zu schlafen, um die Gedanken zu verdrängen, an Granger, dieser wunderschönen, attraktiven...

Verdammt! Er hatte zu lange keine Frau mehr berührt! Es war so lange her...Monate. Wie auch? Der dunkle Lord war zurückgekehrt, Albus forderte seine ganze Konzentration, die penetranten, nichtsnutzigen Schüler mussten unterrichtet werden. Es war so – frustrierend und dennoch, empfand er nichts. Seine Emotionalität war in den letzten Monaten so erkaltet, seine Gefühle musste er von Tag zu Tag verdrängen, um nicht in Selbstmitleid und Lethargie zu verenden. Die Macht des dunklen Lords wurde von Monat zu Monat größer. Er bereitete sich auf einen Kampf vor. Tief ein und ausatmend schloss Snape seine Augen, umklammerte mit einem fast schon panischen Gesichtsausdruck den Rand seines Waschbeckens und starrte in sein eigenes Spiegelbild, in die Augen eines gealterten, erschöpften Professors. Wie sollte er auf Potter aufpassen, wenn Albus ihn so einnahm? Wie sollte er dem dunklen Lord seine Loyalität beweisen? Verzweifelt schüttelte der alte Tränkemeister seinen Kopf und spritzte sich kaltes Wasser ins Gesicht. Er putzte seine Zähne, zog eine Pyjama Hose an und ging in sein Schlafzimmer. Ein dunkles, Mahagoni Himmelbett stand in der Mitte des Raumes, überzogen mit schneeweißem Bettbezug. Links neben der Tür stand ein alter, hölzerner Kleiderschrank, in dem sich seine Roben, Schulkleidung und Freizeitkleidung befanden. Er schloss die Vorhänge seines Fensters und legte sich in sein Bett.

Truth | Fan-FictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt