Kapitel 8 | Ein misslungenes Gespräch

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Ungeduldig trommelte Snape mit den Fingern auf dem Tisch, während seine Augen an der Uhr haften blieben. Er musste die Angelegenheit mit Granger klären, anders wäre das Risiko zu hoch, dass irgendjemand von ihrer kleinen Misere Wind bekam. Es war kurz nach acht, sodass die Verspätung seitens Granger mindestens 10 Punkte Abzug für Gryffindor zur Folge tragen würde.

Wütend, über ihre Unpünktlichkeit, ließ er sich in seinen Stuhl fallen und stierte mit einem undefinierbaren Blick auf die Tür.

Wie würde die Musterschülerin reagieren? Hatte sie im Pub doch tatsächlich versucht, sich bei ihm zu entschuldigen? Für was? Er war der Erwachsene. Er war in der Position sich zu entschuldigen. Er hatte es so weit kommen lassen, Granger war schließlich noch minderjährig! Minderjährig! Beim Barte des Merlins, auch wenn sie nicht so aussah und geistlich definitiv reifer als ein Großteil der Erwachsenen war, so war sie minderjährig! Wenn Albus oder gar das Ministerium davon Wind bekommen würde, nicht auszudenken...

Nervös schloss Snape seine Augen und erschrak, als es wenige Sekunden später zaghaft an der Tür klopfte.

„Herein!", donnerte er zornig und sein Blick huschte zur Uhr, die fünf Minuten nach acht anzeigte. „Miss Granger, verdammt! Haben Sie etwa verlernt, pünktlich zu sein?"

Mit einem mörderischen Blick taxierte er die junge Schülerin und schnappte heftig nach Luft, als er ihr Outfit betrachtete. Im krassen Kontrast zu ihrer sonstigen, prüden Schuluniform, trug sie eine sehr enge Röhrenjeans, dazu weiße Chucks und ein rotes T-Shirt mit tiefem V Ausschnitt, den ihr Busen aufreizend zur Geltung brachte. Mit weitaufgerissenen Augen schluckte er seine plötzlich aufkeimenden Gefühle herunter und setzte krampfhaft die emotionslose Maske auf, die sein Image als bösen Kerkerbewohner unterstrich. Wenn er es schaffte den dunklen Lord von seiner Loyalität zu überzeugen, wieso verlangte ihm die Begegnung mit Granger dann so viel Selbstbeherrschung ab?

Als er mit einem langsam Blick in ihr Gesicht sah, verschlug es ihm die Sprache. Ihre Haare waren zu einem lockeren Dutt aufgesteckt, einzelne Strähnen fielen in ihr Gesicht und ließen sie auf eine merkwürdige Art und Weise älter und jünger zugleich wirken. Er kam nicht umhin zu bemerken, dass ihre Wimpern getuscht waren und ihr Mund in einen zarten Hauch von Rot schimmerte.

Schluckend ballte er seine Hände unter dem Tisch zu Fäusten, damit seine Gedanken sich auf die Wut konzentrieren konnten, die ihn vor wenigen Sekunden noch rasend gemacht hatte.

„Es tut mir leid, Professor Snape.", erwiderte Hermine höflich, schloss leise seine Bürotür und blieb dann, unter dem ständig, wachsamen Blick seinerseits, mitten im Raum stehen.

„Setzen Sie sich!", knurrte Snape verärgert. Sofort setzte sie sich auf den Stuhl, in dem sie am vorherigen Abend ebenfalls gesessen hatte und blickte ihn mit einem fast schon unschuldigen Gesichtsausdruck an. Ihre bernsteinfarbenen Augen leuchteten im Schein der Öllampen und es verlangte ihm seine ganze Konzentration ab, die Gedanken von vor wenigen Stunden zu verdrängen. Vorsichtig, immer noch in ihr Gesicht starrend, griff er nach seinem Zauberstab und holte diesen unter seinem Schreibtisch hervor. Er hatte geplant sie ein wenig einzulullen, um ihr dann einen Gedächtniszauber zu verpassen und die Angelegenheit so unter den Teppich zu kehren. Vorher jedoch wollte er eine ehrliche Antwort von ihr – wenn es ging, auch ohne Legilimentik.

„Miss Granger...", begann er ölig, während er sich langsam zurücklehnte, die Beine übereinander kreuzte und sie nicht aus den Augen ließ.

„Sie wollen mein Gedächtnis manipulieren.", erklärte Hermine sachlich, lehnte sich ebenfalls zurück und verzog leicht angewidert ihr Gesicht. „Das wird aber sinnlos sein, da ich die Erinnerung an einem geheimen Ort gespeichert habe."

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