17| Dreiecksbeziehung

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Mit einem seltsamen Bauchgefühl setze ich mich auf den Rand der Bühne. Ich fühlte mich beobachtet und das störte mich.

„Claire, meine Lieblingszicke", begrüßte mich Jason erfreut und legte seine Arme auf meine Schultern, „wie geht es dir? Also, mir geht es sehr gut, mein Cousin Dus kommt heute für eine Woche und gammelt bei uns."

Bescheiden lächelte ich ihn an. Es freute mich, dass er so strahlte, aber interessieren tat es mich nicht wirklich.

„Ich habe meinen Namen gehört! Babe, hab' dich so vermisst", erfüllte eine tiefe Stimme den ganzen Raum und ehe ich es realisieren konnte, kreischte Jason neben mir auf, wirbelte herum und fing an zu rennen. Okay.

Ich sah, wie sich von der Tür ebenso jemand rennend in seine Richtung bewegte, doch entgegnete der Szene nur ein Schmunzeln. Als sie dann aber noch dramatisch gemeinsam auf den Boden fielen, entkam auch mir ein leichtes Lachen, welches im Gelächter meiner Mitschüler unterging.

„Dustin, was machst du denn schon hier? Du meintest, du kommst erst heute Abend", rief Jason erfreut und sehr laut aus und stützte sich auf seinen Armen neben seinem Cousin ab. Es sah... sehr vertraut aus.

„Okay, geh runter von meinem Freund", lachte Liz und schubste den Braunschopf von dem Jungen, welcher anscheinend Dustin war, herunter, um ihm aufzuhelfen und dann einen Kuss zu geben. Das hatte ich nicht erwartet. Und weil es mir unangenehm wurde, sie bei solch einer intimen Szene zu beobachten, hievte ich mich auf und setzte mich im Schneidersitz andersherum wieder hin.

Ich war fasziniert davon, wie schnell unsere Bühne Gestalt annahm. Wir hatten insgesamt vier verschiedene Bühnenbilder, das Haus von Auroras Eltern, dann der Wald, der Hof des Schlosses und ebenso den Ballsaal, an welchem wir am längsten gebraucht hatten.

Doch die Geduld lohnte sich, denn nun strahlte die Bühne nur vor Edel und Glamour. Die Bühnenwand war mit kleinen Kunstedelsteinen verziert worden, ein Kronenleuchter mit LED-Kerzen spendete dem Raum warmes Licht und durch die aufgemalten Rosen an den Wänden wurde einem das Gefühl von Wohligkeit vermittelt.

Wir übten zurzeit die letzten paar Szenen, in welchem es hauptsächlich um die Liebessgeschichte der Protagonisten ging und darum, die böse Hexe zu vernichten, welche bei uns keine Hexe war, sondern eine psychisch labile Dorfbewohnerin, welche den Thron für sich beanspruchen möchte.

Naja, zumindest sollten wir üben, doch mittlerweile lag die ganze Aufmerksamkeit auf Jason und Dustin, doch meine hingegen lag auf Nathan allein. Man konnte ihn auf den ersten Blick nicht sehen, da er abseits der Bühne auf einer der Boxen saß und sein Gesicht mit gerunzelter Stirn in seinen Händen vergraben hatte.

Ich kannte diese Geste nur zu gut, er war genervt. Von was genau, das wusste ich nicht, doch wenn man den Faktor mit beachtete, dass ebenso Ivy fluchend vor einer kleinen Menschenansammlung – jeder wollte wohl mit Ms. Duck reden – stand und ihn böse anstarrte, dann konnte man sich denken, dass es Streit im Paradies gab.

„Ms Jiménez? Ich möchte die Kussszene nicht spielen", hörte ich dann ihre Stimme fest sagen. Überrascht öffnete sich mein Mund, doch schloss ich diesen wieder schnell, als mir bewusst wurde, wie blöd ich aussehen musste. Hatte ich etwas verpasst?

Ich konnte es nicht verhindern, dass sich der kleine Funken Hoffnung in mir ausbreitete, gefolgt von dem schlechten Gewissen, weil ich ihnen ihre Liebe zueinander nicht gönnte. Doch zumindest hatte ich noch früh genug den Verlobungsring an Ivys Finger gesehen, sodass mein Funke Hoffnung eingezäunt war.

Tief holte ich Luft, erhob mich dann schließlich und schritt zu Nathan. Unabhängig davon, wie es zwischen uns aussah, war er noch immer der, welcher immer für mich da gewesen war. Ich konnte nicht so egoistisch sein und nichts machen, nur, um den negativen Gefühlen zu entgehen.

„Nathan", flüsterte ich seinen Namen. Warum ich flüsterte, dies war mir unklar, doch letzten Endes war es ganz passend. Obwohl es relativ laut war um uns herum, hielt ich es für störrisch, jetzt laut zu sprechen.
Seufzend hob er seinen Kopf und blickte mich an, während seine rechte Hand durch seine Haare fuhr. „Hm?"

Zaghaft lächelte ich und setzte mich mit einem angemessenen Abstand neben ihm nieder. „Ist etwas passiert?", fragte ich. Während ich ihn neugierig anblickte, zog ich meine Beine hoch und setzte mich im Schneidersitz hin. Dabei berührte mein Knie sein Bein, woraufhin ich kurz wegzuckte, doch er lächelte nur wissend.

Fragend neigte ich meinen Kopf ein wenig. All die Verzweiflung in seinen Augen war erloschen und stattdessen vom Schelm ersetzt worden. Oder zumindest überdeckt worden, doch ich wäre nicht Claire, wenn ich mich nicht stumm weiter zu ihm gedreht hätte und ihn wortlos abwartend anschauen würde. Und letzten Endes hatte es etwas gebracht, weil er entnervt seufzte und sich gegen die Säule lehnte, welche sich hinter ihm erstreckte und dem Dach Halt gab.

„Ivy ist eifersüchtig. Sie möchte mehr Zeit mit mir verbringen", brummte er und gab ihr einen kurzen Seitenblick. Seine Augenbrauen zogen sich misstrauisch zusammen. Verwirrt folgte ich seinem Blick und erblickte sie ebenso in unsere Richtung starrend. Sie wirkte wütend. Aber nicht zickig wütend, sondern viel mehr verletzt wütend. „Keine Ahnung, was sie will. Nur, weil wir verlobt sind, heißt es nicht, dass wir jetzt 24/7 miteinander Zeit verbringen müssen. Ich hatte in letzter Zeit einfach mehr zu tun. Musste mich um Wichtigeres kümmern", murmelte er und gab mir einen Seitenblick.

Ich schluckte. „Sag das nicht, Nathan", sprach ich meine Gedanken aus. Zwar war ich tollpatschig, verpeilt und oft durcheinander, doch ich bemerkte Andeutungen. Manchmal. Und dies war eindeutig eine Andeutung. Ich hatte wohl mitbekommen, wie er jeden Tag Stunden lang mit Jason und meinem Bruder bei uns hockte und die sich einen Plan ausgedacht hatten, zu mir durchzudringen. Er meinte mit ‚Wichtigeres' dann wahrscheinlich, sich um mich zu sorgen.

Er seufzte nickend. Ich konnte mir ein leichtes Lachen nicht verkneifen: „Wenn du so weiter seufzt, könnte man glatt denken, dass du versucht, irgendeine Aufmerksamkeit auf dich zu ziehen." Auch er schenkte mir daraufhin ein Lachen, welches ich fasziniert beobachtete. Ich liebte sein Lachen.

„Nathan, schön dich wiederzu-" – „Häschen, halt deine Fresse, okay? Lass die beiden in Ruhe, dieses Arschloch muss noch was gutmachen." – „Aber Jason, ich möchte mein Bärchen wiedersehen!" – „Ich bin dein Bärchen, entschuldige?" – „Entschuldigt? Ich will ja nichts sagen, aber ich bin hier deine Freundin, Dus, falls du das vergessen hast. Elizabeth, wenn du dich nicht erinnern kannst. Die, die jeder Liz nennt?"

„Schluss jetzt, meine Damen und Herren. Und Sie, Mr. Ich-unterbreche-den-wundervollen-Unterricht, Sie können hier schön nach der Stunde bleiben und die Requisiten aufräumen", unterbrach Ms. Jiménez die Unterhaltung.

Prustend lachten Jason und Liz ihn aus, während er empört nach Luft schnappte. „Ich bin hier aber noch nicht einmal Schüler!" – „Umso unerhörter, hier einfach aufzutauchen!"

Und damit war das Schlusswort dieser Stunde gesprochen.

Part III der Lesenacht ^~^

NEUER CHARAKTER! Was haltet ihr von Dustin?

Der Name ist inspiriert von Stranger Things, not gonna lie, Femke wird es direkt gemerkt haben;D xT

Please, once againWo Geschichten leben. Entdecke jetzt