···VIII···

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Ich war kurz davor den roten Knopf zu drücken, doch dann entschied ich mich um und ging ran.

,,Ja, hallo?"
,,Hey. Hier ist Felix."
,,Ich weiß.", sagte ich kälter als ich es eigentlich wollte. ,,Was ist los?", versuchte ich netter zu klingen.
,,Leoni hat mich blockiert und mir vorher noch einen Mittelfinger gesendet. Ich hab heute morgen noch ihren neuen Status gesehen. Ein 'J' und ein Herz... sind die jetzt zusammen?"

Mir blieb die Luft weg. Mein Herz raste erneut und ich dachte mein Schädel würde jeden Augenblick explodieren.
,,Maja? Lebst du noch? Verdammt... ich hätte es dir nicht erzählen dürfen... ich dachte nur... ich..."
,,Felix... bitte sei einfach kurz leise, bitte! Ich muss das alles erst verarbeiten können. Ich bin ja nicht sauer auf dich... Ich explodiere nur gleich vor Wut auf Leoni. Wie kann man nur so... so..."
"- scheiße sein? So hinterlistig, so gemein sein, so kaltherzig sein? Ich weiß was du meinst und es tut mir mega Leid.", versuchte er mir entgegen zu kommen und mich zu trösten.
,,Mir geht's echt mies...", wimmerte ich den Tränen nahe.
,,Ich komme sofort zu dir."
,,Nein! Warte! Das geht ni -", rief ich noch in den Hörer aber er hatte schon aufgelegt.

So saß ich aufrecht eingekuschelt in meinem Bett und wartete auf eine Nachricht von Felix.
Ich wusste, dass es keine gute Idee war, dass er jetzt zu mir kam. Er würde mich trösten und ich würde mich wieder mit den Gefühlen zu ihm auseinander setzen müssen. Über sowas wollte ich nicht nachdenken. Eher über den Hass und die Wut gegenüber Leoni und Julian.
Den Schmerz, den sie in meinem Herzen verursachen.
Der Schmerz, der einfach nicht aufhören will mich von innen zu zerreißen und meinen Puls auf 180 zu bringen.

Morgen war schon Sonntag. Danach musste ich wieder fünf Tage in die Schule. Was ein Wochenende.

Fünf Tage Julian und Leoni sehen. Ihnen ausweichen. Die Tränen und die Wut unterdrücken und versuchen ihr nicht an die Gurgel zu gehen.
Würde ich das können? Oder eher würde ich das mental überleben? Ich hoffte es.

Durch das Vibrieren meines Handys wurde ich aus den Gedanken gerissen. Er stand vor der Tür.
Ich schlich die Treppe hinunter und an dem Schlafzimmer meiner Eltern vorbei, die schon schliefen.
Beim Vorbeigehen an der Küche, entdeckte ich einen kleinen Zettel auf dem Tisch.
Meine Mutter hatte wohl noch Essen für mich übrig gelassen, denn ich war so am Ende, dass sie mich getröstet hatte und mich dann in Ruhe gelassen hatte mit den Worten "es wird alles wieder gut, keine Sorge". Egal wie unrealistisch diese Worte erst klangen, Mütter haben immer Recht.

Ich lächelte und ging weiter zur Eingangstür, um Felix zu öffnen.
,,Das ging aber schnell.", bemerkte ich als er mich ansah und strahlte.
,,Hab dich schon vermisst.", entgegnete er nur. Wir hatten uns erst heute morgen gesehen... Aber gut. Das war schon süß.

,,Komm rein.", sagte ich sanft.
Das lies er sich nicht zwei Mal sagen.
Direkt zog er Jacke und Schuhe aus und umarmte mich fest.
Diese Umarmung kam trotzdem überraschend und ich wich erst zurück.
,,Sry.", murmelte ich nur.
Er sah mich an wie ein unschuldiger Welpe und hielt schnell die Arme hoch. Dieser Blick lies kurz ein Kribbeln in meinem Bauch frei. Er war so niedlich.

Dieses Kribbeln war in gewisser Weise schön aber ich mochte es dennoch nicht, da es mich an die Vorfreude erinnerte, die ich hatte als ich dachte ich würde mein erstes Mal mit Julian haben, den Abend zuvor. Wieder zuckte der Schmerz durch meinen Bauch und das Kribbeln verschwand.

Ich schüttelte den Kopf, um auch jeglichen traurigen oder verletzten Gedanken wegzuschütteln und wies auf die Küche.
,,Ich hab noch nichts gegessen. Möchtest du auch was?"
Er nickte nur vorsichtig.
Automatisch deckte ich den Tisch mit zwei Gläsern und zwei Tellern. Er fragte hilfsbereit wo das Besteck sei und ich zeigte auf die Schublade neben der Spüle.

,,Ihr habt echt ne schöne Küche. Und auch ein mega schönes Haus." Wahrscheinlich suchte er ein ablenkendes Gesprächsthema, da ihm die Situation eben schon ein wenig peinlich war.
Ich hatte halt nicht mit einer so direkten und festen Umarmung gerechnet.
,,Danke.", meinte ich nur.
,,Vielleicht willst du mich mal besuchen kommen. Mein Haus und meine Küche sind auch ganz schick."
Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen.
,,Ja, sicher. Gerne."
Er grinste nun auch.
Ich las mir den Zettel kurz durch;

Mein liebes Bienchen (so nannte sie mich seit Kind an, da ich gerne Biene Maja gesehen hätte und es natürlich dann auch zu meinem Namen passte), im Kühlschrank findest du das tolle Abendessen. Bitte sei nicht zu laut wir schlafen schon früher, da wir morgen zu deiner Tante fahren. Sie hat ja Geburtstag. Wahrscheinlich willst du nicht mitkommen aber wir richten ihr schöne Grüße aus. Küsschen Mama

Ich war ihr so unendlich dankbar. So verständnisvoll und zuvorkommend war sie nicht immer. Manchmal konnte sie sehr streng sein.

Felix lehnte sich über meine Schulter und warf kurz einen Blick auf den Zettel.
,,Och wie lieb. Ja dann mal sehen was es gibt.", sagte er händereibend.
Ich blickte in den Kühlschrank und holte die Tupperdosen raus. Es waren Nudeln in der einen Dose und leckere Tomatensoße mit Basilikum und Parmesan in der anderen kleineren Dose. Simple aber genial.
Mein Magen fing inständig an vor Hunger und Freude zu knurren.
Auch Felix' Magen gab plötzlich Laute von sich. Wir fingen an zu lachen.

Schnell servierte ich uns Portionen und wärmte sie schnell nacheinander in der Mikrowelle auf.
Währenddessen erzählte ich ihm von den Worten, die ich mit Leoni und auch Julian ausgewechselt hatte.
Wir aßen und er hörte mir konzentriert zu. Ab und zu nickte er oder warf mir einen unglaubwürdigen und geschockten Blick zu. Ich war so ehrlich und offen ihm gegenüber, was ich zu Julian nicht immer sein konnte und er war es anscheinend auch nicht gewesen, genauso wenig wie Leoni. Es tat gut mit Felix darüber zu sprechen. Ich fühlte mich immer wohler bei ihm.

,,Also ich kann verstehen, dass du auch Schuldgefühle hast, da wir uns geküsst haben. Aber die haben dir zusammen viel Schlimmeres angetan. Selbst wenn wir miteinander geschlafen hätten, wäre das nicht ansatzweise so furchtbar gewesen für die beiden, wie der Betrug der beiden für dich."
Da hätte er seltsamerweise Recht. Nachdem er das gesagt hatte fühlte ich mich irgendwie besser. Ich hatte nun auch einen klareren Blick und der Großteil der Schuldgefühle war verschwunden. Ich sah ihn lange an, ohne etwas zu sagen und er erwiederte den eindringlichen Blick.

Rache. Ich wollte bloß Rache und mal tun was ich gestern auch fast getan hätte und immer noch will.
Also stand ich auf und ging geradewegs auf ihn zu.
Er wusste wahrscheinlich schon was ich vorhatte und schob seinen Stuhl etwas vom Tisch weg. Dann setze ich mich mit dem Gesicht zu seinem gewandt auf seinen Schoß und küsste ihn.

Ich tat es einfach und mir waren Leoni und Julian plötzlich völlig egal.
Ja ich hasste sie aber ich wollte Leoni auch wehtun. Ich wollte Felix und er war ihr Ex. Scheiß auf den Freundekodex und irgendwelche Schuldgefühle. Sie hat Schlimmeres getan. Sie ist die Schuldige, nicht ich.

Felix schlang die Arme um mich, drückte mich fester zu sich und der Kuss wurde immer gieriger und inniger. Ich spürte seinen Ständer eng angepresst in seiner Hose pulsieren.
Ganz außer Atem löste ich mich kurz von seinen Lippen und flüsterte : ,,Ab in mein Zimmer. Wir dürfen meine Eltern nicht wecken."
Er grinste sexy und hob mich hoch, als er aufstand. So trug er mich die Treppen hoch und legte mich mit einer raschen Bewegung behutsam aufs Bett. Dann schloss er die Tür und wandte sich wieder mir zu.

,,Ich will das schon tun seitdem ich dich das erste Mal gesehen habe. Noch nie hatte ein Mädchen so eine Wirkung auf mich."
Ich konnte nichts erwiedern und wurde nur rot. Aber diese Reaktion reichte ihm aus, um zu lächeln und mich wieder zu küssen.
Langsam zogen wir uns gegenseitig aus. Es war wunderschön. Ich hätte es nicht schöner und nicht besser haben können. Es war der Richtige zum richtigen Zeitpunkt. Egal wie verrückt und furchtbar alles gelaufen war. Er und alles mit ihm fühlten sich perfekt an. Vielleicht war es Schicksal.

Ich hatte mit ihm geschlafen. Ich hatte mit Felix, dem Ex von meiner ehemaligen allerbesten Freundin mein erstes Mal gehabt, statt mit meinem Exfreund Julian, der einst meine große Liebe war.
Ich erkannte mich selbst nicht wieder.
Aber wenn sich Situation und Umfeld ändern, passt man sich natürlich automatisch an, stimmts?

The First TimeWhere stories live. Discover now