···XIV···

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Da saßen wir. Felix stocherte in seinen Bratkartoffeln.
,,Erzählst du es mir jetzt.'', brach es plötzlich aus ihm heraus.
Ich blickte auf und sah wie mich seine Augen fixierten. Er erwartete wohl eine spannende oder sehr schlimme Story.
,,Ja klar. Es wird dir nicht unbedingt gefallen. Ich muss daher vorher betonen, dass man Rachegefühle nicht erklären oder schnell stoppen kann. Im Nachhinein verstehe ich es selbst nicht ganz was genau ich erwartet hatte. Eine Entschuldigung reicht da nicht bei dem was die beiden getan haben.''
Oh doch ich wusste, was ich machen wollte. Ich wollte ihre scheinheilige Beziehung zerstören. Wollte Leoni das Herz brechen, ihr wehtun und Julian unendlich traurig machen und provozieren. Aber jetzt wollte ich alles vergessen. Ich wollte Felix. Ich wollte einfach Ruhe und Zeit mit ihm. Scheiß auf diese giftige Parasitbeziehung.

Er lächelte nervös.
,,Maja. Ich liebe dich und danke dir schonmal im Voraus, dass du mit mir drüber sprichst, aber du machst mir ein wenig Angst. Hast du Leoni geschlagen oder mit Julian irgendwas gemacht?''
Jetzt musste ich schmunzeln. Gott war er gut.

,,Ich war eben, wegen der Mottowoche Flunkyball spielen mit der Stufe und anderen Leuten. Julian war auch dabei... Ich-Ich wollte ihm wehtun. Beiden. Und ihn provozieren. Ihm irgendwie zeigen, was er zerstört hat. Gleichzeitig ist mir direkt danach aufgefallen wie froh ich bin, dass ich jetzt sehe dass es falsch ist. Das du richtig bist, Felix. Zeit mit dir und die Beziehung fühlen sich richtiger an als alles was ich je mit Julian hatte!''
Felix' Blick verschärfte sich. Das Lächeln war weg.
,,Was hast du gemacht?'', hakte er ungeduldig nach.

,,Naja... Jedenfalls musste ich pinkeln und er begleitete mich. Er redete viel und entschuldigte sich wieder für alles. Blablabla. Und dann küssten wir uns fast. Fast! Ich stoß ihn weg und lief davon. Weg von allen, zu dir, nach Hause.'', erzählte ich zusammenfassend und hoffte, dass ich auf die schnelle keine zu wichtigen Details ausgelassen hatte.

Er schwieg. Felix sprach kein Wort und aß einfach seine Bratkartoffeln auf. Dann stand er auf räumte seinen Teller weg und unterbrach die unangenehme Stille mit den Worten : ,,Wie gesagt, danke, dass du mir alles erzählst. Ich hoffe du hast nichts ausgelassen und mich auch nicht angelogen. Ich vertraue dir . Trotzdem war das echt nicht cool von dir und ich brauche erstmal Zeit für mich. Ich muss nachdenken. Ich ruf dich später vielleicht an, ok?''
Ich stand auf und wollte ihm einen Kuss geben bevor er ging oder mindestens eine Umarmung aber er lief schnurstracks zur Tür und zog sie hinter sich zu.

OK. Damit hatte ich trotzdem irgendwie nicht gerechnet.
Ich starrte die Tür an und wusste nichts. Hatte ich alles verkackt?
Würde er mich verstehen? Würden wir uns wieder vertragen und auf der ehrlichen Basis bleiben, auf der wir alles begonnen und aufgebaut hatten?
Ich wollte ihn keinesfalls verlieren, vor allem wegen soetwas nicht. Nicht wegen Julian und Leoni.

Schnell griff ich nach meinem Handy und sendete ihm eine Nachricht.
Ich liebe dich auch.
Mir war nämlich aufgefallen, dass ich nicht direkt auf sein 'Ich liebe dich' geantwortet hatte. Vielleicht zeigte ihm das nochmal wie sehr ich an ihn dachte und, dass er mir viel bedeutete. Hoffentlich.

Ich vergaß fast nichts aus unseren Gesprächen. Es fühlte sich manchmal an, als ob ich ein trockener kleiner Schwamm wäre und mich in Gesprächen mit ihm, mit seinen Gefühlen, Worten und seinem Wissen aufsaugte. Ich wollte alles von ihm.
Am besten ihn komplett.
Ich musste schmunzeln bei dem Gedanken.
Er hatte mir wahrlich den Kopf verdreht.

Mein Display blinkte auf. Es war eine Nachricht von Felix. Ein großes rotes Herz.
Das war ein gutes Zeichen oder?
Ich wusste es nicht genau. Es kam mir etwas traurig vor so alleine ohne Text dazu.
Ich überlegte und hatte eine Idee, Felix zu zeigen, wie viel er mir bedeutete und, dass ich niewieder einen Gedanken an Julian und Leoni verschwenden würde, geschweige denn Rachepläne ihnen gegenüber machen würde. Abzuschließen war nie leicht aber mit den beiden war ich durch.

Ich sah mir einige Youtube Tutorials an und bastelte drauf los.
Wir hatten zum Glück noch einen alten Fotorahmen aus Holz im Keller, Klebstoff und viel Dekokrams. Meine Mom liebe Dekoration über alles. Das Haus würde auch weniger herzlich und einladend wirken ohne ihre Dekokünste.

Ich druckte ein süßes und ein beklopptes Foto von mir und Felix aus. Legte sie in den Ramen und klebte alles zu.
Kleine Post-Its mit Worten aus tiefsinnigen Gesprächen von uns klebte ich hinten auf den Rahmen, zusammen mit einem kleinen Gutschein für eine gemeinsame Reise, die ich schon oft angesprochen und vorgeschlagen hatte. Er war nur unsicher, ob wir beide Zeit finden würden und auch finanziell alles schaffen würden. Jetzt hatte ich vor ihm zu sagen, dass ich lange gespart hatte auf ein Auto und den Führerschein. Aber den konnte ich ja auch wann anders machen. Die Reise war wichtiger. Vor allem mit ihm zusammen. Zum Glück hatte er ja schon den Führerschein.

Ich beklebte den Rand mit kleinen Herzen, schwarzen, weißen und grünen Perlen. Wie Ying und Yang, dachte ich dabei.
Nach 2 Stunden klingelte mein Handy und ich versuchte mit meinen verklebten Fingerspitzen, an denen noch grüne Perlen klebten den Anruf anzunehmen. Grüne Perlen, wegen seinen atemberaubenden grünen Augen.
,,Ja, Hallo?''
,,Hey Maja. Scheinst gerade beschäftigt zu sein. Hast auf meine Nachrichten eben nicht geantwortet. Können wir uns gleich nochmal treffen und reden?'', sagte Felix mit einer sanften und ruhigen Stimme.
Er war wohl nicht mehr sauer.

Ich strahlte übers ganze Gesicht. Ich war so gut gelaunt durch die Kreativzeit und dadurch, dass Felix mich wiedersehen wollte noch heute.
Ich packte den Bilderrahmen vorsichtig in eine Tüte und sagte:
,,Klar, gerne. Willst du nochmal rüberkommen?''
,,OK. Bin in 10 min da.'', sprach er ins Telefon während man im Hintergrund schon hörte, dass er die Haustüre geschlossen hatte.

Kurz packte mich eine kleine Angst, die sich in meinem ganzen Magen ausbreitete. Wollte er das alles beenden?
Ich sah schnell in den Chat. Was hatte er mir geschrieben? War ich zu positiv gestimmt?

- Hab nachgedacht.
- Es war echt scheiße von dir, ehrlich gesagt.
- Ich hab mich beruhigt und möchte nochmal mit dir reden.
- Maja?

Gott nein! Das könnte in beide Richtungen gehen...
Jetzt schämte ich mich für den selbstgestalteten Bilderrahmen.
Was hatte er vor?

The First TimeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt