Kapitel 9

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Es war kaum zu glauben. Leon Rassey hatte so eben das unmögliche ausgesprochen. Warum sollte dieser gut aussehende, beliebte Typ sie gerne kennen lernen wollen? Er konnte doch einfach jede haben, die um Längen hübscher war, als sie. Sie war ein vorbelasteter Freak. Er war der begehrteste Junge am gesamten College. Wahrscheinlich noch darüber hinaus.

Er stand abwartend vor ihr und schaute sie mit seinen gold-braunen, treudoofen Augen an, dass ihr die Beine weich wurden. Noch immer verstand sie nicht, warum sie so auf ihn reagierte. Sie konnte ihn doch nicht einmal leiden.

Oder - womöglich doch?! Womöglich war er nicht der arrogante Mistkerl, für den sie ihn immer gehalten hatte. Hatte sie Leon Rassey falsch eingeschätzt? Sie wollte ihm vertrauen, auch wenn es ihr schwer fiel. Bevor sie sich darauf einließ, musste sie ihm noch eine Frage stellen.

„Leon, sag mir eins..."
Er hob neugierig die Augenbrauen. „Warum warst du im Gefängnis?"
Sie erwartete irgendwelche Ausreden, oder dass er wütend wurde. Aber nichts dergleichen geschah.

„Wegen schwerem Diebstahl."
Er sagte ihr tatsächlich die Wahrheit. Gut dass war nichts besonderes. Er konnte davon ausgehen, dass ihr Vater sie schon aufgeklärt hatte. Deshalb reichte ihr das nicht.
„Und was hast du gestohlen?"
„Nichts."
Sie beäugte ihn misstrauisch. „Du warst unschuldig?"

Er schüttelte den Kopf und verwirrte sie damit noch mehr.
„Ich war mit beteiligt, aber nur in geringem Maße. Ein Freund von mir wollte unbedingt Importautos klauen und bat mich um Hilfe. Natürlich hat man uns erwischt und ich habe die Schuld auf mich genommen."

„Warum hast du das gemacht?"
„Ich habe es getan, weil er mein bester Freund ist und seine Freundin meine Ex ist."
„Oh."
Irgendwie bereute Shirley gefragt zu haben.
„Also hast du es eigentlich für sie getan?"
Er grinste frech.
„Ich habe es getan, weil ich nun mal so ticke. Meine Freunde ersetzen mir die Familie. Und tut man für die Familie nicht alles?"

Sie gab ihm keine Antwort. Er war auf einmal so ganz anders, wie sie es erwartet hatte. Jetzt verstand sie einen Grund für die Rox, ihn zu ihrem Anführer zu machen.
„Du solltest jetzt mal rein gehen." Seine Worte holten sie aus ihren Gedanken und sie musste feststellen, dass sie seit einiger Zeit schon vor Jacks Haus standen.

„Aber vorher gib mir doch bitte dein Handy."
„Warum?"
„Gib es mir einfach."
Zögernd reichte sie ihm ihr Handy. Es dauerte dreißig Sekunden, da reichte er es zurück.
„Was hast du gemacht?"
„Dir meine Nummer eingespeichert. Wenn du jemals Schwierigkeiten bekommst, dann ruf mich sofort an. Ich bin schneller bei dir, als jeder Streifenwagen."

Er holte sein Feuerzeug und eine Zigarette aus seiner Jackentasche. Er zündete sie an und nahm einen Zug. „Ach und die zweite ist von Alex. Ihn kannst du anrufen, wenn du mich nicht erreichst. Er oder Tina wissen immer wo ich bin."

Shirley betrachtete skeptisch ihr Telefon. „Ich habe noch nicht ja gesagt."
„Das macht nichts. Ich will dich bloß vor Unheil bewahren."
„Hmm, wie vielen Mädchen hast du das schon aufgetischt, um an ihre Nummer zu kommen?"
Er lächelte.
„Keiner."
Nach einer Pause fügte er aber hinzu: „Nur vielleicht denen, deren Vater ein Cop ist."

Da es nicht besonders viele sein konnten und Leon sie bestimmt nicht alle kannte, war klar, dass er nur von ihr sprach. Sie musste einfach darüber lachen. Leon war charmant und witzig. Das half nicht gerade bei ihren Plan ihn nicht zu mögen.
„Außerdem hast du ja nur meine Nummer. Ich muss jetzt wohl oder übel darauf warten, bis du mich anrufst."
Er grinste breit und drehte sich zum Gehen um. Sie schlug sich beschämt die Hand vor die Stirn.


~


Der erste Schritt war geschafft. Leon war Shirley ein bisschen näher gekommen. Sie vertraute ihm zwar noch nicht vollständig, war aber nicht mehr nur abweisend. Sie hatte sogar wissen wollen, warum er im Gefängnis war. Er hatte sie auf keinen Fall belügen wollen und hatte ihr kurz und knapp die Wahrheit gesagt.

Für immer Sommer Where stories live. Discover now