Kapitel 11

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Auf dem Schrottplatz befanden sich zwei Basketballkörbe. Einer war am Haus angebracht und einer stand frei auf der anderen Seite. Der Zwischenraum war etwa so groß wie ein normales Basketballfeld. Shirley war immer noch ganz überrumpelt von der Idee mitten in der Nacht ein Spiel zu wagen.

Aber Leon sah das anscheinend anders. Er holte von drinnen einen Ball und zog sich die Jacke aus. Das erinnerte Shirley an ihr eigenes unpassendes Outfit und sah kurz an sich herab.
„Äh Leon, wie soll ich in den Schuhen und dem Rock Basketball spielen?" Sie deutete auf ihre Absätze.

„Mach es einfach. Sei mal etwas locker, Shirley. Wenn du es schaffst in den Klamotten einen Korb gegen mich zu werfen, dann bekommst du eine Belohnung."
Er fügte noch hinzu: „Außerdem meinen Respekt, denn dann hättest du bewiesen, dass das letztes Mal nicht bloß Zufall war."
Das reichte wohl, um sie zu motivieren. Sie ging zu ihm. „Und wenn du gewinnst?"

„Dann bekomme ich auch etwas von dir."
„Und was soll das sein?"
„Wollen wir quatschen, oder machen wir ein Spiel?"
Shirley verdrehte die Augen, griff ihn aber im selben Moment an und schnappte sich den Ball.
„Was ist? Damit hat du jetzt nicht gerechnet, nicht wahr?"
„Doch, aber ich habe dir den Ball überlassen. Du bist im Rückstand. Außerdem heißt es doch immer ‚Ladies first'."
„War ja klar, dass du ausgerechnet jetzt den Gentleman raus lässt."
„Ich bin ein Gentleman, Shirley. Auch wenn du es mir nicht zutraust."

„Willst du weiter quatschen, oder machen wir ein Spiel?", gab sie ihm seine eigene Frage frech zurück. Von da an war Schluss mit Reden. Er griff an und Shirley versuchte den Ball so gut es ging zu verteidigen. Ihre Traurigkeit von vorhin war vergessen.

Leon forderte ihre Konzentration so sehr, dass sie gar keine Zeit mehr hatte an ihre Mutter zu denken. Es gehörte zu seinem ausgefuchsten Plan sie abzulenken. Es war eine eigenartige Art sie zu trösten, aber es funktionierte. Das war allemal besser als sie in den Arm zu nehmen und ihr nette Worte zu flüstern. Das bewirkte bei Shirley immer nur das Gegenteil. Darum war sie froh über das Spiel. Leider dauerte es nicht lange und Leon machte den nächsten Korb.

„Das ist nicht gerade motivierend, wenn es bereits sieben zu eins steht."
„Darum geht es doch gar nicht. Es geht darum Spaß zu haben."
„Ach was."

Sie holte sich den Ball erneut und tänzelte um Leon herum. Da kam ihr eine Idee. Sie war leichtfüßig und sie konnte tanzen. Solange sie die Anzahl der Schritte nicht vergaß würde sie es damit vielleicht schaffen. Und so begann Shirley wieder zu tanzen. Nur war es dieses Mal kein Problem. Es war ja kein richtiger Tanz, es war nur Basketball. Leichtfüßig, geschwind und schnell huschte sie an Leon vorbei. Sie wich ihm mit einer Drehung aus, täuschte ihn geschickt mit einer Finte und warf. Der Ball versank im Netz.

„Du hast es schon wieder getan." Leon grinste sie an. „Du hast zwar eine interessante Art Basketball zu spielen, aber du hast mich schon wieder ausgetrickst. Wie machst du das nur?"
Sie lachte. Tatsächlich, sie lachte. 
„Hast du gerade noch etwas von unmotiviert gesagt? Das sah mir nicht danach aus."

„Tja, Leon, ich habe auch meine Art dich zu täuschen."
Er seufzte.
„Ich bin drauf reingefallen."
Schon wieder musste sie lachen. Das war ihr schon fast unheimlich. Leon hatte diese faszinierende Fähigkeit ihr so einfach gute Laune zu verschaffen.

Er war kein Idiot. Er war auch kein arroganter Aufschneider. Wie hatte sie sich nur so in ihm täuschen können? Während sie noch darüber nachdachte, fiel ihr plötzlich auf, dass er sie anstarrte. Zu lange, als dass es als Versehen abgetan werden konnte.

„Was?", fragte sie neugierig.
„Nicht so wichtig", wies er sie ab und hob den Ball auf.
„Sag schon, Leon. Was ist dir gerade durch den Kopf geschossen?"
„Wenn ich dir das sage, rennst du vor mir weg."

Für immer Sommer Where stories live. Discover now