Teil 7

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Action von nutellaeinhornkeks

*Vincent*

Ich konnte nicht glauben, was ich dort sah. Dag kniete auf seinem flauschigen Lieblingsteppich und zog gerade die kleine, aber scharfe Rasierklinge - von der ich dachte, sie gut versteckt zu haben - aus seinem Bauch. Er hatte sie also entweder bei mir zu hause gefunden oder eine neue besorgt. Vor dem Konzert, hatte er manchmal von Fans erfahren, dass sie sich ritzten, und ich dachte es würden nur Mädchen tun. Aber da hatte ich mich wohl geirrt. Entsetzt ließ ich mich neben Dag fallen und nahm ihm behutsam die Klinge aus der blutüberströmten Hand. Um die würde ich mich nachher kümmern, erst galt es meinen Freund zu versorgen. Obwohl er verdammt schwer war, hob ich ihn vorsichtig, als wäre er aus Porzellan - was in diesem Zustand auch stimmte - hoch. Der Verbandskasten befand sich wahrscheinlich noch im Bad, da ich ihn erst vor ein paar Tagen gebraucht hatte. Mit einem gequälten Gesichtsausdruck legte ich Dag in die Badewanne und zog ihm sein Shirt über den Kopf. Langsam wurde meine Zeit knapp, Dag drohte bereist sein Bewusstsein zu verlieren und Schweißtropfen bildeten sich auf meiner Stirn. Ich drückte ein Handtuch auf die blutenden Wunden und versuchte mit einer Hand einen Eimer mit Wasser aufzufüllen, damit ich das Handtuch auswaschen könnte. Mit Müh und Not schaffte ich es und tauchte das Handtuch in Rekordzeit in das kühle Nass. Doch ich merkte, dass ich Hilfe brauchte. Ich ließ Dag mit seinen abgedeckten Wunden im Bad und stürzte zum Telefon. Ich schaffte dass einfach nicht alleine. 

*Leila*

Ich bat Liane möglichst leise durch unsere kleine Wohnung, ans Telefon zu gehen, denn ich war gerade mit dem Abwasch beschäftigt. Klar, so arm dass wir uns wirklich keine Reparatur für unsere alte Waschmaschine leisten konnten, waren wir jetzt nicht, aber unsere Drachenvermieterin, in der Wohnung unter uns ließ keine Art von Lärm zu, das würde ihrem ach so empfindlichen Opfergehör schaden. Das vertrauliche Klingen hörte auf - und ich fragte mich erneut, wieso das nicht von unten beschimpft wurde - bis plötzlich Lia in die Küche stürmte und mir den nassen Teller aus der Hand riss. Stattdessen fand ich mich mit dem Telefon am Ohr im angrenzenden Wohnzimmer wieder und lauschte verstört der aufgelösten Stimme von Vincent. Wir hatten tatsächlich Nummern ausgetauscht, als wir nach unserer ersten gemeinsamen Therapie aus dem Gebäude gegangen waren, doch ich hatte nicht wirklich damit gerechnet, dass er wegen etwas anderem als dem nächsten Termin anrief. "Ihr müsst sofort ins Krankenhaus kommen, Dag ist schwer verletzt", flüsterte Vincent, wobei ich Mühe hatte ihn überhaupt zu verstehen. Sofort gingen bei mir alle Alarmglocken an, ich wusste wie sehr das Feuer Dag aus der Bahn geworfen hatte, weshalb ich auch noch kein einziges Wort von ihm an mich gehört hatte. Wenn er so sprach, konnte er es nur ernst meinen, dafür war er sonst einfach zu gut gelaunt. Mit einem knappen "wir sind in ein par Minuten da" legte ich auf und sah zurück in die Küche. "Das machen wir später."

Wenig später standen wir tatsächlich im besagtem Krankenhaus und warteten an der kurzen Schlange vor der Rezeption. Wir kamen zügig voran, doch Lia, die die ganze Zeit nervös von einem Fuß auf den anderen trat, machte die Sache auch nicht besser. Es war nicht so, dass ich mir keine Sorgen machte, aber ich sah alles ein wenig ruhiger, den ein riesen Drama war meiner Meinung nach keine Lösung. Als wir endlich den gesuchten Flur mit der Zimmernummer erhielten, bekam auch ich langsam schwitzige Hände und rauschte die Treppen hinauf. Im Aufzug würde ich nur verrückt werden. Die richtige Tür fanden wir, nachdem wir einen jungen Mann mit weißem Kittel gefragt hatten, endlich und klopften beinahe stürmisch dagegen. "Herein", hörte ich jemanden sagen und öffnete schwungvoll die Tür. Was ich im Zimmer sah, hatte ich zwar irgendwo erwartet, doch es schockte mich trotzdem. Dag lag in dem weißen Krankenhausbett und war mit allen möglichen Schläuchen verbunden, während Vincent zusammengesunken auf dem Stuhl neben ihm saß und unverständlich vor sich hin nuschelte. Irritiert, da er uns scheinbar nicht bemerkt hatte tippte ich ihm kurz auf die Schulter. Er zuckte zusammen, doch als er mich erkannte stand er auf und umarmte mich kurz. "Was ist passiert?", fragte ich. "Ähh, Dag hat zur Klinge gegriffen. Ich dachte er hatte aufgehört, aber er hat scheinbar eine neue besorgt." Ich sah entsetzt zu Dag auf dem Bett und dachte daran, wie ich selbst meinen Hals verunstaltet hatte, in der Hoffnung eines Tages den Mut haben um mein Leben zu beenden. Doch dann war ich in Therapie gekommen, der einzige Grund war, dass meine Eltern nicht noch meine Schande abbekommen wollten. Denn sie hatten mir schon früh zu verstehen gegeben, was für eine Enttäuschung ich doch war.

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