↠Kapitel 12↞

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Mit welcher Geschwindigkeit breitet sich das Dunkel aus?

Die Kirchenuhr schlug eins, als ich das erste Mal in dieser Nacht auf das helle Display meines Handys schaute. Nebenbei wischte ich mir die Tränen von der Wange. Jake war nicht hier. Niemand wollte mich umbringen. Es ist alles gut, Elizabeth.

Mein Handy weiste direkt zwölf verpasste Anrufe von »Seelenloser« auf, so wie ich Isaac eingespeichert hatte. Der Kosename spielte auf seine feurige Haarfarbe an. Nachrichten hatte ich sonst keine.

Im Wissen, dass ich Ashs Party verpasst hatte und Isaac wahrscheinlich fuchsteufelswild war, rief ich ihn trotzdem zurück. Im Moment musste ich einfach die Stimme von jemanden hören, dem ich blind vertraute.

Nicht lange nachdem das Freizeichen ertönte, hob Isaac auch schon ab. „Eliza-h-beth! Wo zur Hölle ha-ast du gesteckt, Klein-eh?", lallte seine Stimme mir entgegen und ich lachte leicht. Betrunken wie eh und je, anders kannte ich meinen Kumpel nicht.

"Hey, Isaac. Lach mich nicht aus, aber ich hab verschlafen. Sorry, dass ich nicht kommen konnte", erzählte ich ihm nur die halbe Wahrheit und er gluckste erfreut auf. „No problemo, komm doch noch vorbei-h! Hier sind so-u geile-h Leute, du wi-h-rst sie liebeeen", schrie er dann. Ich konnte etwas gedrückt die Musik und laute Stimmen hinter ihm hören. Wahrscheinlich stand er im Garten und rauchte wieder einmal.

„Is, du weißt, dass ich kein Auto habe. Ich lauf nicht so gern alleine durch diese Gegenden", sagte ich dann enttäuscht, denn eine Ablenkung in Form von Alkohol und Musik würde mir gerade wirklich gut tun.
„Ich lass meine-h Kleine-h doch nicht mutt-ah-seelenallein durch diese Ass-eh-gegend laufen. Sa-mir wo du bist, ich komm dich abholen", bot er mir an und ich stöhnte auf.

„Niemals fährst du in der Verfassung noch, Isaac! Das kommt gar nicht in Frage!", rief ich aus und Isaac lachte am Ende der Leitung.

„Zu W-uß, Baby", gluckste er dann und ich seufzte. „Gut, Is, ich schick dir meinen Standort. Pass auf dich auf", sprach ich ins Mikrofon und legte auf, um ihn meinen Standort zu schicken.

Keine zehn Minuten stand ein leicht schaukelnder Isaac vor mir, mit weißem, offenen Hemd und einer Flasche Vodka in der Hand. Sofort blitzten die Bilder von Jake wieder in meinem Kopf auf, wie er mir die Havana gereicht hatte. Ich schüttelte den Kopf, um diesen Gedanken loszuwerden. Jake ist nicht hier.

„Eli mein Zw-a-itlieblingsmädch-n", rief er mir schon von Weitem entgegen und streckte seine Arme zur Begrüßung aus. Er fiel schon fast in meine Umarmung und lachte erfreut, als er sich aus meinem Arm löste. „Wir sind gaaanz nah am Geschehen", sagte er überdramatisch, fasste mich an der Hand und zog mich in die Richtung, aus der er gekommen war.

Dann drückte er mit die Vodkaflasche in die andere Hand und wies mich an, etwas zu trinken. „Es gibt niemand-h-n mehr, der nüüücht-n ist. Du musst auch sauf'n, Kleines", meinte er nur. Eine Party, wo alle besoffen waren und einfach das Leben genossen war genau mein Ding, solang jeder sich unter Kontrolle hatte. Also nahm ich vier tiefe Schlucke Vodka, die sich wie ein Lauffeuer in meinem Körper ausbreiten.

„Sch'cke Jog'nhose, Kleines. Warst'e bei 'nem Boy?", fragte er dann grinstend und riss mir die Flasche aus der Hand, um sie mit ein paar großen Schlucken zu leeren. „Ups", kicherte er und rülpste leise.

Schon bald hörte ich die Musik, auch wenn das Haus der Veranstaltung noch nicht in Sicht war. „Du muss' unbe-h-dingt Ashi kennenlernen", gluckste Isaac und zog mich schließlich in einen Hinterhof, vorbei an einer lachenden Rauchergruppe. Als wir sie hinter uns gelassen hatten, hörte ich ein anerkennendes Pfeifen und ein „geiler Arsch, Püppchen." Augenverdrehend folgte ich Isaac in das Haus, meine Ohren wurden sofort von lauter Rap-Musik beschallt.

Isaac führt mich zur Bar, wo er uns zwei Tequilashots einschenkte, doch ich nahm ihm die Flasche aus der Hand. „Aus zwei mach vier", grinste ich und bereitete zwei weitere Shots vor. Auch Isaac grinste, nahm ein Glas in die Hand und stieß mit mir an. „Auf die ersten zwei Wochen, die wir in der Klapse überlebt haben", meinte er, stieß gegen mein Glas und kippte sich den Tequila die Kehle runter. Kurz hielt ich noch inne. Heute wäre ich fast gestorben. Und es ist erst die zweite Woche.

Trotzdem trank ich einen Shot nach dem anden mit Isaac. Nach dem unzähligsten Drink setzte ich mich kurzerhand auf die Theke und starrte über die Köpfe der Menschen hinweg. Mein alkoholisiertes Blut hörte ich laut in meinem Kopf pumpen, während sich meine Beine fast selbstständig machten und Isaac mit auf die Theke stieg. Ich stand auf. Er schwankte leicht hin und her und stützte sich notgedrungen auf meiner Hüfte ab.

Dann stellte er sich hinter mich, nahm meine Arme und streckte sie zur Seite aus. Das Ganze erinnerte mich stark an Titanic, weswegen ich einen Lachanfall bekam. Auch Isaac lachte rau hinter mir. Daraufhin streckte er selbst seine Arme aus und schrie:

„Wir sind die Herrscher der Welt!"

xxx
Einen schönen Wochenstart (:

Psycho's smileWo Geschichten leben. Entdecke jetzt