Kapitel 19

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Ich fühlte mich einfach nur schrecklich. Die letzten Tage lag ein unbeschreiblicher Druck auf meinem Herzen. Und ich bekam nicht einmal die Chance mit Levi zureden.

Er kam nicht mehr wie gewohnt in die Küche. Selbst beim Training der Rekruten wich er meinen Blick aus und brachte den Rekruten eine übertriebene Härte und Strenge entgegen. Auch sonst war er die restliche Zeit über in Erwin's Büro, oder war in seinem Zimmer.
Letzteres nahm ich jedenfalls an. Denn ich stand nun den dritten Abend vor seiner Tür und überlegte ob ich anklopfen sollte. Diesmal mit dem Vorwand ihm die frischen Hemden zubringen.

Ich wollte keinen Streit mit ihm. Und die Sache mit Alfred belastete mich selbst. Nicht nur weil er wirklich hätte tot sein können, sondern auch weil Levi offensichtlich mehr falsch verstanden hatte als eigentlich passiert war.
Doch ... ich konnte seine Reaktion auch nicht verübeln ...
In der Zeit wo er sein Leben riskierte kam einfach ein anderer Mann und ...

Eine leichte Röte legte sich auf meine Wangen, als mir wieder in den Sinn kam was Levi zu Alfred sagte;
Die zukünftige Mutter seiner Kinder ...

Ob Levi überhaupt noch wusste was er da im Affekt gesagt hatte?!
Ich war mir sicher durch seine ganze Wut war ihm das gar nicht richtig bewusst.
Ich schloss die Augen und atmete tief durch, ehe ich zögerlich anklopfte.
So konnte es nicht weiter gehen ...
Obwohl Levi wieder da war, vermisste ich ihn gerade noch mehr als wenn er auf einer Expedition oder Mission war.

Vorsichtig öffnete ich die Tür und schaute ins Zimmer. Alles war dunkel und nur das schwache Mondlicht schien durch's Fenster. Leise trat ich ins Zimmer und seufzte.
Er war nicht hier.
Denn auch wenn er schlafen sollte brannte immer Licht. Das wusste ich.
Eine dumpfe Wärme breitete sich in meinen Inneren aus. Obwohl er nicht anwesend war, war seine Präsenz im Raum allgegenwärtig. Langsam ging ich hinüber zum Bett und legte die Hemden ordentlich neben das Kopfkissen.

Erneut seufzte ich schwer aus und setzte mich auf die Bettkante. Levi's Duft lag leicht im Raum, und der Druck in meiner Brust wurde schwerer. Obwohl wir uns gerade so nahe aneinander waren, waren wir uns doch so fern ...
Und es tat weh ...
Betrübt presste ich die Lippen zusammen und versuchte meine traurigen Tränen zu unterdrücken.

»Soll das jetzt wirklich die Lösung sein?!«, fragte Erwin, während ich die Dokumente auf seinen Schreibtisch legte und sein Büro verlassen wollte.
»Bitte?!«
»Du hast unserem Lebensmittellieferanten einen Besuch abgestattet. Angeblich soll er dich raus geschmissen haben.«, fuhr Erwin unbeirrt fort und blätterte die Unterlagen durch.
»Tcch! Was hast du denn noch gehört?!«
»Ach, nur das du wohl etwas klar stellen wolltest. Jedoch wurde deine Aufforderung wohl anders aufgefasst als du es vor hattest.« Ich verzog die Mundwinkel und wandte mich zur Tür. »Levi. Du weißt genauso wie ich das es andere Mittel gibt um diese Angelegenheit zu regeln. Ich habe das Missverständnis aus der Welt geräumt. Glücklicherweise kann sich der Bursche nicht mehr genau an die Geschehnisse erinnern. Daher konnte ich die Situation zu unserem Gunsten drehen. Doch, du solltest solche Alleingänge in Zukunft unterlassen. Momentan können wir uns kein Missvertrauen gegenüber des Aufklärungstrupps leisten.«
Mein Kiefer spannte sich an.
»Tcch! Das weiß ich selbst!«, brummte ich tief und verließ sein Büro.

Ja! Ich wusste das doch selbst! Und dennoch ... dennoch war ich mir in diesen Moment nicht im klaren darüber gewesen was die richtige Entscheidung war.
Gereizt fuhr ich mir durchs Haar und ging den Korridor zu meinem Zimmer entlang. Auch heute hatte ich jeglichen Kontakt zu Elisabeth vermieden.
Und auch bei ihr ... ich wusste das ich ihr nicht ewig aus den Weg gehen konnte! Und ich wollte es auch gar nicht! Durch meine ganze Wut, die nun halbwegs verflogen war, war ich nicht in der Lage eine Entscheidung zutreffen. Ich wusste nicht wie ich auf sie zu gehen sollte ...
Und diese Tatsache kotzte mich an! Ich hasste das Gefühl von Unsicherheit und Hilflosigkeit!

Abgespannt öffnete ich die Tür meines Zimmers und streifte mir die Uniformjacke von den Schultern, während ich die Lampe an meinen Schreibtisch entzündete. Während ich das Licht, das langsam den Raum einhüllte, auf mich wirken ließ, lockerte ich das Manöver-Geschirr und legte es über den Sessel zu der Jacke. Bis mein Blick zu meinem Bett hinüber ging und ich in meiner Bewegung inne hielt.

Elisabeth lag dort. Mein Kopfkissen eng an ihre Brust gedrückt. Am Kopfende lagen zusammengelegte Hemden.
War sie nur hier um mir diese zu bringen?!
Ich schüttelte kaum merklich den Kopf.
Natürlich war sie deswegen hierher gekommen ... als Vorwand ...
So traute sie sich wahrscheinlich nicht ... die Hemden nahmen ihr etwas die Unsicherheit ...

Leise setzte ich mich auf die Bettkante und betrachtete Elisabeth. Ihre Atmung war vollkommen ruhig. Ihr Gesicht war regungslos aber dennoch makellos und einfach nur wunderschön. Selbst jetzt strahlte sie eine solche Ruhe aus, das man Herz beruhigte. Vorsichtig streckte ich meine Hand aus und schob sanft eine Haarsträhne von ihrer Wange.

Wie konnte ich nur so unbedacht handeln?! Elisabeth war doch der einzigste Mensch den ich an meiner Seite akzeptierte. Den ich erlaubte in mein Inneres zublicken. Denn nur sie verstand es und beruhigte mich mit ihren warmherzigen Lächeln.

Ich hingegen hatte mich wirklich wie ein Vollidiot verhalten! Die letzten Tage war ich wirklich grausam zu ihr. Denn die Zeit die wir miteinander hatten war zerbrechlich. Jeden Moment konnte dieser Augenblick zerstört werden.

»Hnnmmm...«

Langsam öffnete Elisabeth ihre Augen und blickte mich einige Sekunden etwas verschlafen an. Bis sie realisierte das ich da war. Sofort schrak sie hoch.
»L-Levi! B-bitte entschuldige. Ich ... ich habe dir eigentlich nur die Hemden bringen wollen. Doch ... ich bin wohl eingesch-«, sie stoppte ihren Satz als ich meine Hand auf ihre Wange legte.
»Dankeschön ... Elisabeth ...«, flüsterte ich. Mit einer schüchternen Röte blinzelte sie verwirrt.
»Hmm? W-was ...?«

»Dankeschön das du es an der Seite eines unberechenbaren Vollidioten aushälst. Das du immer noch bei ihm bist. Und ihm weiterhin dieses wunderschöne Lächeln entgegen bringst.«, fuhr ich fort und meine Mundwinkel zuckten leicht nach oben, »Glaubst du ... du kannst diesem Vollidioten verzeihen?! Das er so unbedacht gehandelt hat?!«

»L-Levi ...« Elisabeth staarte mich eine Weile an, ehe sie ihre Hand auf meine legte und leicht ihren Kopf dagegen drückte. »Aber ... ich habe diesem Vollidioten schon längst verziehn.«, hauchte sie und schloss die Augen, »Weil ich diesen Vollidioten liebe.«
»E-Elisabeth ...«
Langsam kam ich ihrem Gesicht näher, während mein Daumen sanft ihre Unterlippe nachzeichnete. Elisabeth's Augenlider öffneten sich langsam und ein undeutbarer Glanz lag in ihnen, der das Licht im Raum wiederspiegelte. Ihre Lippen öffneten sich und umschlossen zärtlich die Kuppe meines Daumens. Sanft stiess ihre Zungenspitze dagegen, während sie mich ansah.

Ein Stromstoss durchzog meinen Körper und ich schluckte schwer.
»Elisabeth ...«

ᵃᵗᵗᵃᶜᵏ ᵒᶰ ᵗᶤᵗᵃᶰ ᶠᶠJemand der auf dich wartet •LevixOC• [abgebrochen]Where stories live. Discover now