immer noch der 13.12

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Derek

Ohne irgendwas zu sagen, ging ich auf sie zu, nahm ihren Kopf in meine Hände und küsste sie. Vermutlich hätte ich erst mit ihr reden sollen, doch ich war einfach so verdammt froh, dass sie wieder da war. Langsam und bedächtig bewegte ich meine Lippen auf ihren und sie entzog sich mir zum Glück nicht.

»Ich habe mir Sorgen gemacht«, sagte ich ohne ihre Frage wirklich zu beantworten als ich meine Lippen von ihren löste. »Du bist einfach abgehauen und ich wusste nicht, was ich tun sollte.«

In meiner Verzweiflung hatte ich Holly angewiesen mir Bescheid zu sagen, wenn meine Freundin wieder Zuhause auftauchte und sie war meinen Anweisungen gefolgt. Mehr hatte ich nicht tun können. Es war offensichtlich gewesen, dass Rose Zeit für sich brauchte, doch ewig wollte ich sie auch nicht alleine mit ihren Gedanken lassen.

Ich hockte mich vor ihr Bett und damit auch direkt vor ihr hin und sah sie einen Augenblick einfach nur an. Sie hatte geweint, dass konnte ich auch sehr gut ohne Licht erkennen. Darüber hinaus hatte ich die Tränen auf ihren Lippen geschmeckt. Sachte fuhr ich mit dem Finger über ihre Wange und wischte einen Teil der Tränen weg dann küsste ich sie erneut. Der Kuss war kurz und so sanft, dass man die Berührung eher erahnen konnte als sie wirklich zu spüren.

»Du solltest dir keine Sorgen machen«, sagte sie flüsternd und wich dabei immer wieder meinem Blick aus. Sie wollte mich partout nicht ansehen, da half es auch nichts, dass ich ihren Kopf immer noch in meinen Händen hielt. Langsam ließ ich die Arme sinken und legte diese rechts und links neben Rose auf ihr Bett.

»Sieh mich an.« Ich versuchte meine Stimme ruhig zu halten und die Sorge, die immer noch in mir widerhallte, nicht zu sehr in ihr mitschwingen zu lassen. Keineswegs wollte ich, dass sie sich noch mehr Gedanken machte als sie es vermutlich sowieso schon tat.

»Rede mit mir.«

»Ich habe Angst«, gab sie zu während ihr wieder Tränen über die Wangen rollten. »Ich habe eine Heidenangst.«

Ich richtete mich ein Stück auf und schlang fest die Arme um sie. Ich musste sie jetzt einfach umarmen, um ihr zu zeigen, dass sie nicht alleine war und vor allem, dass ich sie nicht alleine lassen würde.

»Ich weiß«, flüsterte ich ihr ins Ohr. Mir war ihr Blick aufgefallen kurz bevor sie aus ihrer Wohnung hinaus gestürmt war. Er hatte von Panik und Angst gezeugt und in den Stunden, in denen Rose verschwunden war, hatte ich eins und eins zusammen gezählt. Auch wenn wir uns erst so kurz kannten, konnte ich ihr Verhalten sehr gut nachvollziehen.

Beruhigend fuhr ich ihr immer wieder über den Rücken, doch es dauerte eine ganze Weile bis ihre Tränen versiegten und sie wieder zu sprechen anfing.

»Du solltest nicht so nett zu mir sein«, sagte sie schniefend und gedämpft an meiner Schulter. Ich hatte sie keinen einzigen Moment losgelassen und das würde ich auch nicht machen.

Eine meiner Hände wanderte langsam ihren Rücken hinauf bis ich sie in ihren Nacken legen konnte. Meine Finger fingen an dort kleine Kreise zu malen und Rose so weiter zu beruhigen.

»Was wäre ich denn bitte für ein Freund, wenn ich beim kleinsten Problem verschwinden würde«, wisperte ich ihr zu. Mir war klar, dass eine Beziehung nie einfach sein würde. Keine auf dieser Welt war es und doch war ich bereit dafür zu kämpfen und jede noch so kleine Unstimmigkeit aus der Welt zu schaffen, weil Rose es wert war, dass man ihr zeigte wie viel sie einem bedeutete.

»Ich habe dich gar nicht verdient. Du solltest sauer auf mich sein und mich hassen«, brummelte sie während ihr Kopf immer noch an meiner Schulter vergraben war.

»Es tut mir ja so leid, dass ich nicht bereit bin meine Beziehung einfach so aufzugeben.« Der Sarkasmus war unüberhörbar und das sollte auch genauso sein.

Allmählich löste ich mich ein wenig von Rose, strich ihr eine Strähne hinters Ohr und küsste sie kurz auf die Stirn.

»Mir tut es leid wie ich mich verhalten habe. Ich...«, sagte Rose mit leicht zitternder Stimme. »Ich dachte, ich könnte die Angst einfach unterdrücken und sie würde dann verschwinden, doch ich habe versagt.«

»Hey«, vorsichtig fuhr ich erneut mit meinen Fingern über ihre Wange. »Du musst gar nichts unterdrücken, wenn du mit mir zusammen bist und eigentlich solltest du das bei niemanden müssen.«

Zum ersten Mal in diesen frühen Morgenstunden sah Rose mich endlich an. Hinter ihren verquollenen blauen Augen erkannte ich neben ihren Selbstzweifeln auch die Reue und die Schuldgefühle, die in ihr tobten und am liebsten hätte ich sie wieder an mich gedrückt bis sie begriff, dass sie bei mir keine Angst haben musste. Allerdings war mir auch klar, dass durch eine Umarmung nichts gelöst wurde.

»Wir sollten uns Bett fertig machen und dann in Ruhe reden. Was hältst du davon?«

»Okay.«

Wenig später lag ich neben Rose in ihrem Bett und hielt sie in meinen Armen. Ich drückte sie fest an mich und war definitiv nicht bereit sie in absehbarer Zeit wieder loszulassen. Eins meiner Beine lag zwischen ihren und bei jedem Atemzug spürte ich wie ihre Brust meine streifte.

»Erzähle mir, warum du solche Angst hast«, forderte ich sie mit sanfter Stimme auf.

»Das einzige Bild von Liebe, was ich bisher kannte, war das von meinen Eltern und das ist nicht gerade ein positives Beispiel«, fing sie an zu erzählen. »Als meine Eltern sich scheiden ließen, war es nicht so, dass meine Mom ausgezogen ist. Wir haben weiterhin alle drei unter einem Dach gewohnt. Meine Mom lebt im Ostteil des Hauses und mein Dad zusammen mit mir im Westteil. Meine Mutter ist so sehr darauf bedacht, was andere über sie und unsere Familie denken könnten, dass sie darauf bestanden hat, dass wir alle so tun als würden wir uns immer noch alle super verstehen. Ich musste ihr sogar bei der Scheidung versprechen, dass ich jedes Jahr zu ihrer dämlichen Weihnachtsfeier kommen würde, damit ich in dem Teil wohnen durfte in dem mein Dad lebt. Und irgendwann habe ich angefangen zu glauben, dass Liebe genauso sein müsste. Das sie jedes Mal in so einer Farce enden müsste. Ich denke, ich habe einfach Angst, dass ich irgendwann genauso werde wie sie. Ich meine vollkommen verkorkst bin ich anscheinend schon, da fehlt also wohl nicht mehr ganz so viel.«

»Süße, du bist nicht verkorkst. Es ist vollkommen normal, wenn man sich mal fürchtet und Panik hat.« Nachdenklich fuhr ich mit meinen Fingern ihren Rücken rauf und runter und drückte sie noch ein wenig mehr an mich.

»Es tut mir leid, dass ich dich da mit reingezogen habe. Du hast was Besseres verdient.« Rose versuchte sich von mir zu lösen, doch ich ließ es nicht zu.

»Es gibt niemand besseren für mich als dich und ich will nicht, dass du so von dir sprichst«, murmelte ich in die Dunkelheit hinein.

»Die Angst wird nicht von jetzt auf gleich verschwinden. Nicht wegen dem, was dein Dad gesagt hat und nicht wegen dem, was ich sage und irgendwann wird es wieder einen schweren Moment geben wie jetzt. Einen Augenblick, wo die Angst präsenter sein wird als alle anderen Gefühle und wo du am liebsten flüchten willst, aber ich werde immer da sein, um dich aufzufangen, denn ich liebe dich und ich bin nicht bereit dich einfach so aus meinem Leben verschwinden zu lassen damit wirst du leben müssen.« Ich drückte Rose einen kurzen Kuss auf ihren Kopf und hielt sie für ein paar Sekunden einfach nur fest. »Beziehungen sind nicht immer rosarot, auch wenn uns die Unterhaltungsindustrie gerne etwas anders glauben lassen möchte. Man muss bereit sein die Höhen und Tiefen gemeinsam durchzustehen und genau das will ich mit dir und mit niemand anderen. Also gewöhne dich lieber an den Gedanken, dass du mich nicht mehr los wirst.«

The Christmas DateWo Geschichten leben. Entdecke jetzt