Kapitel 2

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Mein Wecker klingelte um halb sieben und ich platzierte meinen Arm quer über mein Gesicht. Es war einfach schon zu hell im Zimmer. Ich schlief ein, doch durch ein erneutes Klingeln des Weckers wurde ich wieder hellwach und setzte mich erschrocken auf. Ich machte den Wecker aus und fuhr mir durch die Haare, gähnte ausgiebig und qälte mich aus dem Bett heraus. Ich blickte kurz zur anderen Seite. Er hatte sich seit gestern nicht bewegt, es war die gleiche Position und ich konnte nur seine Zehenspitzen sehen. Mir fiel sein Name nicht mehr ein. Ich schlenderte mit meinen Sachen ins Bad, zog mich aus und duschte mich mit angenehm warmen Wasser. Ich shampoonierte mir den Kopf ein und fing an leise ein Lied zu singen. Ein paar Minuten später stand ich komplett fertig vor dem Koffer und packte mir meine Schultasche mit Schreibzeug und einen Block. Die Schuluniform passte wie angegossen und ich blickte ein letztes Mal zu dem schlafenden Mitbewohner, ehe ich dann den Raum verließ und zum Direktoriat marschierte. Es war schon halb acht, ich hatte das Frühstück sausen lassen, da ich den Speisesaal nicht mehr fand. Also klopfte an und wurde gleich hereingebeten.

"Oh H-Herr Direktor?"

"Ja Fabian? Setzt dich doch einfach." Er kramte auf seinem Schreibtisch herum und versuchte Zettel zu ordnen. Sobald ich jedoch nicht mehr stand, hörte er sofort auf und sah mich mit einem Lächeln im Gesicht an.

"Was gibt es denn?"

"Ich wollte mich wegen den Schulbüchern informieren. Bekomme ich die von Ihnen oder von den Lehrern einzeln. Und ehm... haben sie eventuell einen Plan für die Räumlichkeiten, damit ich leichter wohin finde?"

"Natürlich!" Er öffnete eine Schublade und reichte mir eine Karte des Schulgebäudes. Ich nahm diesen Plan dankend entgegen und bekam im nächsten Moment auch schon einen Stapel Bücher in die Hand gedrückt.

Ich machte mich mit den Büchern sofort auf den Weg aufs Zimmer. Ich hatte auf dem Schreibtisch eine Stundentafel liegen sehen. Da ich hoffte, dass es mein Stundenplan war, richtete ich mich nach deren Stunden und Fächern und packte nur die Bücher, die ich möglicherweise brauchen konnte. Auf dem Schulflur und mit der Karte in der Hand suchte ich nach meinem Klassenraum. Es waren deutlich mehr Schüler unterwegs, die mich alle anstarrten. Da kamen mir wieder alte Gedanken auf: "Was wenn mich hier auch niemand akzeptiert? Haben sie negative Vorurteile? Werde ich wieder verprügelt?" Nun war mir ganz unwohl. Verlegen blickte ich auf den Boden und griff mir unbewusst auf einen blauen Fleck auf meinem Oberarm, um den damaligen Schmerz noch einmal in Errinnerung zu rufen. Da kam auch schon Ben dahergelaufen.

"Faaaaaaabian!" Ich blieb stehen und blickte zu ihm auf. Er stellte sich ganz nah an mich ran und flüsterte: Schon bemerkt, wie dich alle anstarren?" Ich nickte. Es war mir wirklich äußerst unangenehm, dass sämtliche Blicke auf mich gerichtet waren. "Hast du ne Ahnung woran das liegen könnte?"

Ich nickte erneut:"Ja, die hassen mich alle. Sie denken sich sicher gerade aus, wie sie mich fertig machen könnten."

"Blödmann.", ich bekam einen Schlag auf den Hinterkopf:"Die finden dich alle furchtbar sexy!"

"Eh...?!" Ich schaute nun einigen Gesichtern entgegen und sobald Blickkontakt entstand, lächelten sie mich an und versuchten mit mir zu flirten. Ich wandte meinen Kopf jedoch recht zügig wieder ab und lief knallrot an. Ich war doch keineswegs so gutaussehend. Die haben nur einen Plan, wie sie mich wieder fertig machen wollen. Und wahrscheinlich spielt Ben die Hauptrolle dabei: Sie wollen mich in dem Glauben lassen, dass ich jemand tolles war, nur um mir dann am Ende alles auf einmal geben zu können. Das war eine schreckliche Vorstellung. Dabei war ich bis gestern, bis heute sogar noch über haupt nicht negativ eingestellt gewesen. Ich betrat die Klasse, blieb jedoch einfach neben der Türe stehen und wartete auf das Ertönen der Klingel. Sämtliche Schüler hatten ihre Plätze gefunden und starrten mich erneut Plätze im Raum frei. Ein leerer Stuhl war am Fenster, daneben saß Ben. Der andere freie Stuhl war in der letzten Reihe und in der Mitte. Links und rechts des Platzes saßen jeweils zwei Jungs, die miteinander quatschten. Ich war mir nicht sicher, wo ich mich wohler fühlen würde. Bei Ben oder zwischen den vier Jungs? Meine Gedanken wurden unterbrochen, als die Türe geöffnet wurde und sich alle Jungs erhoben. Sie standen etwa wirklich auf, sobald der Lehrer die Klasse betrat? Das war mir neu.

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