Kapitel 06

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Ben

»Wie wäre es, wenn wir nach geeigneten Räumlichkeiten für dein Musiklabel gucken?«, fragte Abs, nachdem wir das Haus betreten hatten. Sie versuchte mich abzulenken und obwohl ich mir sicher war, dass ich die ganze Zeit über an diesen Brief denken würde, stimmte ich zu. Ich wollte nicht, dass sie sich schlecht fühlte, immerhin war sie für mich da und schien instinktiv zu wissen, welche Gefühle der Umschlag in mir ausgelöst hatte. Ich war ihr sehr dankbar, dass sie mich nicht versuchte zu überreden, ihn zu öffnen. Ich war nicht soweit und im Moment konnte ich nicht einmal sagen, ob ich das je sein würde.

Ich hatte keine Ahnung, was Abs meinem Bruder gesagt hatte als sie in den Raum zurückgekehrt war, doch egal was es auch war, es veranlasste Matt nicht dazu wütend den Tisch zu verlassen und mir den Hals umzudrehen und das empfand ich als einen kleinen Fortschritt.

»Suchst du eher etwas Größeres oder willst du für den Anfang lieber ein kleines, schon vorhandenes Aufnahmestudio haben?«, erkundigte Abs sich, während sie ihre Jacke auszog und an den Haken der Garderobe hängte.

»Am liebsten würde ich irgendein Gebäude mieten oder kaufen, in welchem ich neben dem Studio auch ein Büro hätte. Ich glaube das wäre ziemlich praktisch«, antwortete ich und hängte meine Jacke zu ihrer.

»Ich geh mich schnell umziehen«, meinte sie und zeigte auf die Tür zum Gästezimmer, in dem ihre Kartons standen.

»Vielleicht solltest du deine Sachen nach oben bringen, du schläfst ja eh immer bei mir«, sagte ich leicht neckend. Ich hätte absolut kein Problem damit, wenn sie es wirklich täte. Ich würde ihr die Sachen sogar hochtragen.

»Naja, heute schlafe ich dann wohl das erste Mal hier.« Wieder zeigte sie auf die Tür und ein ungutes Gefühl stieg in mir auf. Ich wollte, dass sie auch diese Nacht zusammen mit mir verbrachte.

»Vielleicht brauche ich dich heute Nacht bei mir nach diesem Tag.« Ich trat näher zu ihr und schlang von hinten meine Arme um sie. »Vielleicht schlafe ich dann besser.«

»Ist dem so?«

»Auf jeden Fall.«

»Na dann kann ich dich wohl unmöglich allein schlafen lassen.«

»Sehe ich auch so.« Ich war mir im Klaren darüber, dass ich gerade mit ihr flirtete, aber zum ersten Mal seit Jahren hatte ich dabei kein schlechtes Gewissen. Nur wiederwillig löste ich mich von ihr und öffnete die Tür zum Gästezimmer. »Hast du nur den zwei Karton mit Klamotten?«, fragte ich und deutete auf die zwei geöffneten Kartons auf dem Fußboden. Das Zimmer sah aus wie immer. Außer dem Bett, einer kleinen Kommode und einem Schrank gab es hier nicht viel mehr. Ich hatte nicht wirklich gewusst, was ich mit dem Zimmer anstellen sollte. Eigentlich wusste ich es doch, aber hätte ich das in die Tat umgesetzt, dann hätte mich das in Erklärungsnot gebracht. Ich konnte schlecht ein Zimmer als Kinderzimmer einrichten, ohne überhaupt ein Kind zu haben. Aber eigentlich war der Raum genau dafür vorgesehen. Ich wollte nicht sofort Kinder, aber irgendwann auf jeden Fall und am liebsten mit einer ganz bestimmten Frau. Aber man konnte nichts erzwingen.

»Ich habe radikal ausgemistet, also sind das alle«, erzählte sie mir.

»Alles klar.« Ich schnappte mir beide Kartons und verfrachtete sie nach oben. Vor dem Bett stellte ich sie ab und ging dann zu meinem Kleiderschrank. Schnell öffnete ich einige Türen und räumte etwas um, um Platz für sie zu schaffen.

»Du kannst deine Klamotten hier rein räumen. Falls der Platz nicht ausreicht, musst du einfach Bescheid sagen«, bemerkte ich. Dann nahm ich meine Jogginghose vom Stuhl und verschwand aus dem Zimmer, damit Abs sich ebenfalls umziehen konnte.

Every little Peace of LoveWhere stories live. Discover now