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Ich würde jetzt One Direction googlen.

One Direction hatte bei Google ungefähr 1.090.000.000 Treffer. Die waren dann wohl erfolgreicher als ich dachte.

Ich beschloss mir erstmal ein paar Lieder anzuhören.

Als die ersten Töne von Live While We’re young ertönten, schaute Niall auf mein Notebook.

„Was machst du da?“, fragte er misstrauisch.

„Ich recherchiere“, erklärte ich. 

„Uns?“, fragte Liam.

„Ich würde das jetzt gerne hören!“, schimpfte ich und drehte den Ton lauter. Das Lied war… es war okay. Es war zwar besser als das Lied mit dem unsinnigen Text, das ich bei Ele im Auto gehört hatte, aber so wirklich meinen Geschmack würden die Jungs wohl nicht treffen.

„Gefällt‘s dir?“, fragte Zayn neugierig.

Ich zuckte mit den Schultern. „Geht.“

Harry, Liam, Zayn und Niall sahen mich schockiert an. Meine Güte.

„Ist halt nicht so mein Geschmack, sorry“, erklärte ich.

Immer noch schockierte Blicke.

Okay, diese Stimmung schrie nach einem Themawechsel.

„Oh, was ist das denn für ein Video?“, rief ich und klickte auf One Direction – Funny Moments

Interessiert sah ich den Jungs dabei zu, wie sie ein Handy versteckten, wie sie tanzten, ein Dancebattle mit einem Moderator machten und andere verrückte Sachen.

Ich musste immer wieder lachen. So kannte ich sie, vollkommen durchgeknallt und liebenswert.

Am Rand wurde ein Video zu einem Song von den Jungs vorgeschlagen und ich beschloss ihrer Musik noch eine Chance zu geben.

Little Things hieß der Song.

Hörte sich doch ganz gut an.

Ich lehnte mich auf dem Sofa zurück und lauschte mit geschlossenen Augen der Musik. Niall sang leise mit und ich fühlte mich plötzlich vollkommen perfekt.

Ich erkannte erst Zayns, dann Liams und dann Louis Stimme.

Dann, völlig unvorbereitet, erschlug mich die nächste Stimme. Ich öffnete die Augen und sah Harrys Gesicht auf dem Bildschirm.

Wie… schön. 

Seine Stimme war einfach… perfekt, vollkommen, unglaublich wunderschön.

Völlig hypnotisiert starrte ich auf den Bildschirm, merkte noch nicht mal, wie mir Tränen über die Wangen liefen. Das zweite Mal an diesem Tag das Harry Styles mich zum Weinen brachte. 

Wie konnte man so singen?

War das überhaupt erlaubt? 

Ich verstand definitiv immer mehr, was diese hysterischen Weiber an den Jungs fanden.

Das Lied endete und ich schaffte es meinen Blick zu heben. Alle sahen mich an. Ups. So war das nicht geplant gewesen.

„Ich… ähm. Ich mag das Lied“, krächzte ich und räusperte mich. 

„Ja, das haben wir gemerkt“, meinte Zayn trocken.

„Hast du gerade angefangen zu heulen, weil Harry gesungen hat?“, fragte Niall fassungslos.

Mach es noch offensichtlicher, Bruder, die Nachbarn wissen es vielleicht noch nicht.

„Nein“, nuschelte ich mit kirschroten Wangen. Ich schielte zu Harry, der mich mit offenem Mund ansah.

Oh, verdammt.

„Aber du hast geweint!“, rief Niall. Junge, was ist los mit dir heute? Ich warf ihm einen wütenden Blick zu.

„Da hat er Recht“, mischte Zayn sich jetzt wieder ein. 

Okay, Themawechsel, Themawechsel!

„Ich geh schlafen“, verkündete ich und stand auf. Nicht der beste Themenwechsel, aber wirksam.

Ich klappte den Rechner zu und stand auf.

„Nacht, Leute!“, rief ich und ging dann schnell raus.

Ja, okay, das könnte man vielleicht vor Problemen weglaufen nennen, aber man kann doch sicher verstehen, dass ich über dieses Problem noch nachdenken muss, oder?

Immer noch überlegend, wie ich meine plötzliche Heulattacke den Jungs erklären sollte, ohne vollkommen… keine Ahnung was von Harry Styles zu wirken, ging ich duschen.

Als ich mir meine Haare über Kopf mit meinem Handtuch ein bisschen trocknen wollte, stellte ich fest, dass ich mal wieder ein bisschen joggen gehen sollte. Ein kleinen Bauchansatz hatte ich schon immer gehabt und würde ich wahrscheinlich immer haben, aber… trotzdem.

Ich schaute in den Spiegel. Das einzige, was ich an mir mochte waren meine Haare, ganz klar. Ansonsten war ich zu klein, meine Nase war langweilig, meine Unterlippe war irgendwie voller als meine Oberlippe und meine Augen waren merkwürdig grau mit dunkelgrauen Sprenkeln. 

Frisch geduscht und abgeschminkt legte ich mich schließlich ins Bett um zu schlafen. Immerhin musste ich morgen wieder ganz normal arbeiten.

Und irgendwann sank ich dann, Gott sei Dank, ins Land der Träume.



Viel zu helle Lichter, Regentropfen auf der Windschutzscheibe, quietschende Bremsen,… ich schrak hoch.

Nur ein Traum, es war vorbei. 

Vorbei. Alles war vorbei.

Du bist so eine Heulsuse, Sophia! Reiß dich zusammen.

Ich atmete tief durch. Ein und aus, ganz ruhig.

Wie zur Hölle sollte ich jetzt wieder einschlafen? Warme Milch mit Honig! 

Das hatte meine Oma mir früher immer gemacht und es wirkte wahre Wunder bei mir. 

Vorsichtig schlich ich durch den dunklen Flur, nur beleuchtet mit dem Licht meines Handys. Bloß kein Licht anmachen, bloß niemanden wecken.

Mein kleiner Zeh stieß schmerzhaft gegen ein Tischbein. 

„Au, verdammt“, fluchte ich leise und biss die Zähne zusammen. Dann lauschte ich. Alles war leise. Nur Zayns regelmäßiges Schnarchen durchbrach die seltene Stille.

Leise tappte ich weiter, die Treppe runter bis zur Küche. Da machte ich dann das Licht an, erleichtert wieder mehr sehen zu können.

Ich holte mir Nialls orangene Lieblingstasse aus einem der Schränke, füllte sie mit Milch und stellte sie in die Mikrowelle.

Das gleichmäßige Summen der Mikrowelle beruhigte mich, während ich nach Honig suchte.

Ich stellte die aufgewärmte Milch auf die Arbeitsfläche und machte Honig rein. Wie viel musste da nochmal rein? Ach egal, viel hilft viel.

„Das wird aber süß“, meinte plötzlich eine Stimme dicht hinter mir.

Ich schrie, drehte mich um und rammt der Person aus Reflex meine Faust in den Magen.

Harry, nur in Boxershorts, stöhnte und krümmte sich. Scheiße.

„Sorry, das war Reflex!“, rief ich erschrocken. „Alles okay?“

„Passt schon“, würgte er hervor. 

Oh Gott, wenn das seine dreizehnjährigen zukünftigen Ehefrauen rauskriegen würden! Die würden mich vierteilen.

Harry richtete sich wieder auf und atmete tief durch.

„Du hast’n ganz schön festen Schlag“, sagte er dann beeindruckt.

Ich lachte. „Wirklich alles okay?“, fragte ich dann.

Er winkte ab. „So stark bist du dann doch nicht“, meinte er.

Eh, hallo? Wer hätte hier eben fast gekotzt, weil ich ihn in den Bauch geschlagen hatte?

Ich drehte mich um und rührte meine Milch um.

„Schläfst du immer so?“, fragte Harry amüsiert. 

Verdammt, ich hatte nur T-Shirt und Unterwäsche an. Schlechtes Timing.

„Dasselbe könnte ich dich fragen“, konterte ich. 

„Nö, ich schlafe generell nackt.“

Oookay. Notiz an mich selber: Niemals Harry Styles wecken. Er schläft nackt.

„Okay“, erwiderte ich gedehnt und betrachtete ihn genauer.

Nicht schlecht gebaut der Junge. Doch, das ließ sich sehen.

„Hab ich deinen Anforderungstest bestanden?“, fragte Harry grinsend und ich wurde rot.

Da war ich doch tatsächlich beim Starren erwischt wurden. Peinlich.

„Der Harry Styles, den ich kennen gelernt habe, hätte jetzt gesagt, dass ich ihn nur zu googlen brauche, um ihn so zu sehen“, lenkte ich ab, „Wo ist der hin?“

Harry sah mich zerknirscht an. „Der ist wohl irgendwie wieder auf dem Boden angekommen“, murmelt er. 

Na, dass hörte sich doch mal gut an.

„Hör zu, Sophia, ich…“, setzte er an, doch er wurde unterbrochen, als die Tür aufging und ein gutgelaunter Louis in die Küche spaziert kam,

„Was geht, ihr Karotten?!“, schrie er.  Dann erst schaute er uns an. „Oh, stör ich?“

Wie musste das auch wirken? Harry in Boxershorts, ich nur in T-Shirt und Slip. Augenblicklich wurde ich rot.

„Alter, ich dachte du pennst bei Ele?“, fragte Harry genervt.

„Die meinte, ich soll sie jetzt mal schlafen lassen.“ Louis zwinkerte. „Wenn du verstehst was ich meine.“

Ich wurde noch röter. Harry hielt sich genervt die Hand vor die Augen.

Ich trank meine Milch aus und ging Richtung Tür. „Nacht, Jungs.“

Ich war schon halb die Treppe hochgegangen (Louis hatte natürlich Licht angemacht), als  mir einfiel, dass mein Handy noch in der Küche lag.

Als ich vor der Tür stand, hörte ich, wie Harry und Louis sich unterhielten.

Richtig, Lauschen war verboten, aber…

„Sie war so süß, schon in meinem Zimmer, sie sah so aus wie Zazu in seinem Käfig, weißt schon König der Löwen und so, und dann kommst du und baaam!“, hörte ich Harry sagen.

Interessante Wortwahl. Wer war sie? Nenn Namen, Schätzchen.

„Zazu?“ Louis lachte. „Das ist doch dieser Vogel. Findest du der sieht aus wie sie?“

„Nein, hallo?“, meinte Harry. „Sie sieht ja wohl komplett anders aus.“

Louis seufzte. „Ich will ja nur nicht, dass du mit ihr das gleich machst wie mit Janette, Claudia, Megan, Sarah, Louisa, Chantal und wie sie nicht alle hießen. Dafür ist sie zu nett.“

Ich ließ das Handy Handy sein und schlich wieder in mein Zimmer.

Mit definitiv mehr Fragen als vorher.

Tit for Tat | h.s.Where stories live. Discover now