6. Kapitel ~ Louis

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Louis Pov

Wie lange ich geschlafen hatte, wusste ich nicht, doch es war dringend nötig gewesen. Die letzten Tage waren anstrengend gewesen, umso schöner war es gewesen, endlich ein paar Stunden durchschlafen zu können ohne Angst haben zu müssen, dass man zerfleischt wird. Ich befand mich mitten in einem völlig fremden Rudel und doch fühlte ich mich sicher. Ich war mir nicht sicher, ob es daran lag, dass ich vor einigen Stunden sowieso mit meinem Leben abgeschlossen hatte oder an Harrys Anwesenheit. In Wort fassen konnte ich es nicht, doch ließ es sich nicht abstreiten, dass da irgendwas zwischen uns war.

Als ich die Augen aufschlug, befand ich mich noch immer in der Garage. Harry lag etwas von mir entfernt in einem Schlafsack und schlief noch friedlich. In aller Ruhe musterte ich jeden Zentimeter seines Gesichtes, wobei ich keinerlei Makel feststellen konnte. Sollte sein Körper Spuren von Kämpfen tragen, war zumindest sein Gesicht bisher verschont geblieben. Ich schätzte Harry sowieso als taktischen Kämpfer ein. Bei ihm konnte ich mir einfach nicht vorstellen, dass er planlos auf einen Gegner losgehen würde. Es gab mehr als genug Wölfe, die sich von ihren Instinkten leiten ließen und dabei vergaßen, ihre menschliche Seite in den Kampf mit einzubinden. Nichts war gefährlicher als ein starker Wolf, der neben seinen Muskeln auch seinen Kopf einsetzte.

  "Wie fühlst du dich?" Harrys Worte rissen mich aus meinen Gedanken. Ich fokussierte den jungen Mann und stellte dabei fest, dass er mich schon fast besorgt musterte. Vorsichtig wiegte ich den Kopf etwas hin und her. So ganz genau konnte ich meinen Zustand gar nicht einschätzen. Das Schmerzmittel, welches der Arzt mir gegeben hatte, wirkte nicht mehr, doch waren die Schmerzen schon erträglicher als am Tag zuvor. Auch der Hunger war zurückgekehrt und trotz einigen Stunden Schlaf, fühlte ich mich noch immer ausgelaugt. Alles in einem war meine Situation also nicht optimal. Wenn man jedoch daran dachte, dass ich gefühlt kurz vorm Sterben gewesen war, hatte sich meine Lage schon deutlich verbessert.

Der Lockenkopf schälte sich aus seinen Schlafsack und kam, nachdem er sich ausgiebig gestreckt hatte, in meine Richtung. Zwar verfolgte ich seine Bewegungen mit den Augen, bewegte mich aber sonst keinen Zentimeter. Neben mir ließ Harry sich wieder nieder. Ganz gezielt glitt seine Hand zu meinem linken Ohr, wo er begann mich zu kraulen. Ein zufriedenes Brummen entfuhr mir, wobei ich meine Augen wieder schloss.

  "Ich glaube, deine Wunden beginnen zu heilen, aber vorsichtshalber sollte Liam sich das nochmal ansehen. Ein ausgiebiges Frühstück kann vermutlich auch nicht schaden, oder?" Wie aufs Kommando öffnete sich in diesem Moment die Tür und der Blonde kam mit zwei Tellern rein.

  "Guten Morgen", begrüßte er uns. "Perrie hat gerade das Frühstück fertig und hat mich mit euren Portionen hergeschickt." Mit diesen Worten reichte er Harry zwei Teller mit Rührei und Speck.

  "Danke, Niall." Einen Teller stellte Harry vor mir auf den Boden, ehe er sich wieder Niall zu wandte.

  "Es ist alles ruhig. Zayn und Ashton sind gerade die Grenze abgelaufen, aber es gibt keine neuen Spuren von fremden Wölfen", beantwortete Niall die unausgesprochene Frage.

  "Vielleicht sind sie weitergezogen", schlussfolgerte Harry, "aber wir sollten trotzdem aufpassen und regelmäßig Patrouille laufen." Sein Blick glitt zu mir, was natürlich von seinem Rudelmitglied nicht unbemerkt blieb.

  "Wir machen das schon, Hazza. Kümmerst du dich weiter um unseren Gast, er soll sich doch schließlich wohlfühlen." Das anzügliche Grinsen des Blonden ließ Harry die Augen verdrehen. "Nicht jeder Besucher bekommt das Rundum-sorglos-Paket vom Alpha höchstpersönlich." Bevor Harry noch etwas erwidern konnte, redete der Blonde einfach weiter und bewegte sich dabei Richtung Ausgang. "Wir werden Dienste einteilen und das Revier im Auge behalten. Sobald etwas auch nur ansatzweise ungewöhnlich ist, werden wir umgehend Bericht erstatten." Eine Antwort seines Alphas wartete er gar nicht erst ab, sondern verschwand nach draußen. Mein Blick glitt zu Harry, der schmunzelnd den Kopf schüttelte.

  "Niall ist manchmal ein Spinner, aber er ist loyal und weiß, wann es Zeit zum Ernst werden ist. Er würde alles für das Rudel tun, so wie wir alle. Wir sind eine Familie und ..." Als sich unsere Blicke kreuzten, brach er mitten im Satz ab. "Tut mir leid, ich wollte dich nicht verletzen oder so." Statt irgendwie auf seine Worte zu reagieren, versuchte ich sie zu ignorieren, richtete mich vorsichtig etwas auf und wandte mich dem Rührei zu. "Vielleicht finden wir dein Rudel ja wieder ... oder du bleibst bei uns." Den letzten Teil des Satzes murmelte der Lockenkopf schon fast unsicher, ließ mich jedoch Aufsehen. Könnte das hier wirklich mein neues Rudel werden? Würde ich in diesem Revier ein Zuhause finden?

Sweet Creature [Larry]Where stories live. Discover now