Kapitel 27 || Nebel

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PoV Patrick

Seit drei Tagen sehnte ich mich zurück in das Sommerhaus. Es war so friedlich gewesen und ich vermisste jeden Abend das schmale Bett. Wir waren immer höher gestiegen, doch wenn ich Manuel glauben durfte hatten wir bald die höchste Stelle des Weges hinter und danach nur noch den Abstieg vor uns.

Mit jedem Marsch wurde die Luft dünner und die Temperaturen sanken. Ich war mir sicher, hätten wir Alva erzählt wo wir lang wollten, hätte sie uns wärmere Kleidung mit gegeben, so mussten wir uns abwechseln. Den Vormittag trug ich den Winterumhang Manuels, den Nachmittag nahm er ihn und ich musste mich mit den zwei Normalen zufrieden geben. Doch vermutlich hätte Manuel mir am Anfang unserer Reise nicht mal seinen Umhang geliehen und so war es fair.

So anstrengend die Wanderung auch war, ich schätzte mich glücklich, hier zu sein. Manuel sprach immer noch weniger als die Tage bevor wir das Gebirge erreicht hatten, doch ich hatte gelernt durch die Mauer, die er um sich baute, hindurch zu sehen und wenn ich Glück hatte, tatsächlich mit Manuel zu sprechen, so wie er war.

Der Weg vor uns machte eine Biegung und kurz darauf stieg er steil an. Mein Begleiter blieb stehen und blickte hinauf. "Das Stück ist nicht weit, kein ganzer Kilometer mehr. Dann haben wir den Gipfel erreicht und ein Stück weiter ist unser Nachtlager."

"Na dann los, ich will endlich ankommen.", lächelte ich. "Noch grinst du, aber wenn wir zweihundert Meter gelaufen sind wirst du mich um eine Pause anbetteln." Er lachte und ich nahm  mir insgeheim vor, durch zu halten.

Natürlich hatte Manu recht und schon nach den ersten Schritten den steilen Hang hinauf, hatte ich das Gefühl direkt wieder umkehren zu wollen. Keiner von uns sagte ein Wort, verbissen kämpften wir uns den Berg hinauf. Meter für Meter wurde es nebliger, so dass ich Angst hatte Manuel irgendwann zu verlieren, doch er blieb dicht bei mir. "Ist... ist das eine... Wolke?", fragte ich ihn außer Atem und er schüttelte den Kopf.

"Die Höhe würde passen, aber ich glaube nicht. Von Zeit zu Zeit ist das Klippengebirge in fast undurchdringlichen Nebel gehüllt. Er verschwindet meist genauso schnell wie er kommt, doch wir sollten uns wirklich beeilen anzukommen.", erklärte er und blieb einen Moment stehen. Wir kämpften uns weiter voran und meine Hoffnung, der Nebel würde nicht weiter zunehmen schwanden mit jeder Minute.

Ich erkannte kaum noch den staubigen Boden als mein Fuß plötzlich ins Leere trat. Mit einem Schrei stürzte ich nach vorne. Ich fing mich mit den Händen voraus ab, doch sie waren trocken von der Kälte und die kleinen Steine hinterließen Schnitte und Kratzer.

Ich spürte Manuels Hand auf meiner Schulter, er hatte sich vor mich gehockt und wollte wissen: "Ist alles okay?" Ich machte ein zustimmendes Geräusch und rappelte mich wieder auf, meine Handflächen brannten doch ich ignorierte das unangenehme Gefühl.

Ich sah den Langhaarigen kaum doch ich hörte das Grinsen in seiner Stimme: "Aber herzlichen Glückwunsch, du hast soeben den höchsten Punkt unserer Wanderung gefunden."

"Na dann lohnt es sich natürlich hin zu fallen.", grummelte ich.

"Komm, wir haben es bald geschafft. Aber der Pfad nach unten ist im Nebel verdammt tückisch, wir müssen unbedingt zusammen bleiben." Mit diesen Worten griff er nach meiner Hand und zog mich vorwärts. Ich war etwas perplex, dass er kein Problem damit hatte mich festzuhalten. Seine kalten Finger lösten ein Kribbeln in meinem Bauch aus. Vermutlich wollte er einfach nur verhindern, dass ich mich im Nebel verirrte, doch im Stillen genoss ich diese Geste der Aufmerksamkeit. Ständig rutschte ich weg oder erkannte kaum noch den Weg, so dass ich froh war mich an Manuels Hand klammern zu können. Ihm schien es jedoch ähnlich zu gehen, wenn er ins Straucheln geriet.

Wir hatten ein winziges Feuer entzündet und in dessen flackernden Licht gegessen, während sich der Nebel vor dem Eingang der Höhle in ein Schneegestöber verwandelt hatte. Schließlich zog der Größere die Schlafsäcke hervor und warf mir einen davon zu. "Wir müssen schlafen, es ist später als es sein sollte."

Ich nickte und verkroch mich unter dem Stoff, obwohl ich so dicht am Feuer lag wie nur möglich, begann ich schon nach kurzer Zeit zu zittern. Ich drehte mich auf die andere Seite, wissend, dass ich einschlafen musste, doch die Kälte ließ es nicht zu.

"Manu?", flüsterte ich. Er grummelte etwas Unverständliches. "Ich kann nicht schlafen.", sagte ich leise, ohne zu wissen was er dagegen tun sollte.

"Ich hab doch gesagt du sollst her kommen.", murmelte er und ich rutschte zu ihm herüber.
Unsicher blieb ich neben ihm sitzen bis er seufzte: "Dir ist doch kalt? Dann komm her." Er klang nicht wirklich genervt, nur müde. Schließlich rang er sich ein kleines Lächeln ab, als er den Schlafsack so auf hielt, dass ich hinein schlüpfen konnte.

Ich hatte erwartet er würde sich von mir weg drehen, doch statt dessen legte er vorsichtig einen Arm um meine Tallie.

"Ist das okay für dich, wenn ich hier bin?", fragte ich vorsichtig. Er schwieg einen Moment und erklärte dann leise: "Wenn ich dir etwas anbiete, dann ist es okay. Ich bin... ich bin froh, dass du da bist."

Ich wusste nicht was ich darauf antworten sollte, doch seine Worte zauberten ein Lächeln auf meine Lippen.

Geschrieben von
IzyMoonlight

Avec Toi ° KürbistumorWhere stories live. Discover now