Kapitel 64

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Wincent

„Fuck!!!" fluchte ich und pfefferte meinen Rucksack in dir Ecke. Ich setzte mich aufs Bett und raufte mir die Haare. Ich hatte bereits ein schlechtes Gewissen und es ärgerte mich, das Amelie sauer auf mich war. Das wollte ich nicht und doch hab ich es heute so provoziert, dass sie es nun einfach auch an mir rausliess. „Scheisse..." murmelte ich und sah vor mich hin. Ich erblickte dann die Tabletten die ich vergessen hatte und schmiss mir automatisch gleich zwei rein. Ich liess mich auf den Rücken fallen und starrte an die Decke. Wie konnte ich das nur wieder gerade biegen?! Scheisse!! Ich spürte dann langsam wie meine Energie wieder zu mir zurück kam und setzte mich auf. Ich schnappte mir mein Handy und rief Amelie an. „Ja!" ging sie ran. Wow sie war echt sauer. „Amelie wo bist du?" fragte ich und versuchte ganz normal zu klingen. „Backstage Büro." sagte sie knapp. „Ok ich komm dahin." sagte ich. „Ok." meinte sie und legte dann auf. Toll Wincent! Super Arbeit die du mal wieder leistest. Du verärgerst alle mit deinem Verhalten. Redete ich in Gedanken zu mir selbst. Ich stand auf und machte mich also auf den Weg ins Büro. Da klopfte ich an die Tür und betrat den Raum. Amelie beachtete mich nicht sondern druckte die Setlist für heute Abend aus. Ich blieb einen Moment stehen und hoffte auf eine Reaktion. Doch sie ignorierte mich komplett. Das tat mir irgendwie weh, aber ich hatte es wohl nicht anders verdient. Sie stand dann auf und ging zum Drucker um die Blätter zu holen und dann tat ich das, was ich auch immer bei Mia tat wenn sie mal wieder sauer auf mich war. Ich ging auf Amelie zu und umarmte sie von hinten. Ich schlang meine Arme fest um sie und legte meinen Kopf auf ihre Schulter. „Es tut mir leid." murmelte ich und Amelie hielt kurz inne, ehe sie sich dann aus meinen Armen wand und sich zu mir drehte.

„Sag mir einfach was mit dir los ist! Ich kenn dich kaum mehr. Wincent wir sind doch nicht nur Arbeitskollegen, wir sind Freunde! Rede mit mir, Bitte!" sagte Amelie und der letzte Satz kam mir so bekannt vor. Wie oft musste ich ihn bei Mia anwenden, als sie nicht mit mir geredet hatte?! Und nun wurde mir auch klar wie sich Amelie fühlen musste. Es musste für sie die Hölle sein, dass ich nicht redete. Denn so ging es mir damals immer bei Mia. Ich sah meine Managerin an und strich mir übers Gesicht. Und in dieser Bewegung liess ich auch meine aufgesetzte Maske fallen und ich sah sie mit traurigen Augen an. Sie sah mich an und kam auf mich zu. „Wincent was ist los?!" sagte sie leise und strich über meinen Arm. „Können wir.... In meine Garderobe? Da ist etwas, was ich dir erzählen sollte." sagte ich leise und räusperte mich, als meine Stimme kurz brach. „Ja natürlich." sagte sie und sagte irgendwem durch den Funk Bescheid, dass sie mal eben nicht zu erreichen war. Sie schaltete den Funk aus und folgte mir in meine Garderobe. Ich liess mich aufs Sofa sinken und sie setzte sich neben mich. Sie sagte nichts, sondern sah mich einfach nur an. Und ich fiel mit der Tür direkt ins Haus. „Mia hat vor zwei Monaten unser Baby verloren." sagte ich und Amelie legte erschrocken ihre Hand auf den Mund. „Nein!" sagte sie doch ich nickte. „Doch. Sie hatte eine Fehlgeburt." sagte ich leise und da zog mich Amelie in eine feste Umarmung, die ich seit Wochen schon gebrauchen konnte. Irgendwie nahm sie mir eine Last von den Schultern, denn endlich konnte ich es aussprechen. Ich erzählte ihr alles, von Anfang bis Ende. Als Mia das Baby verlor, das viele Blut und der unerträgliche Schmerz und die Trauer die ich seit her fühlte. Manchmal hatte ich das Gefühl zu übertreiben, aber ich kam einfach nicht damit klar, weil ich dachte das mein sehnlichster Wunsch endlich erfüllt werden würde.

Wir unterhielten uns lange und es tat mir so gut einfach mal alles von der Seele zu reden. Obwohl alles? Dass ich Tabletten schluckte verheimlichte ich Amelie, sie würde durchdrehen und gleich wieder sauer sein. Das musste niemand wissen. Nur noch eine Woche und dann wars vorbei. Es war ein harter Tag und das Konzert am Abend kam immer näher. Trotz Tabletten fühlte ich mich einfach irgendwie Antriebslos und auch während dem Konzert kam ich nicht auf Touren. Ich gab zwar mein Bestes und es merkte es niemand, aber es war noch anstrengender als sonst und ich kämpfte. Dennoch war das Konzert ein Erfolg und ich blickte in tausende strahlende Gesichter. Meine Sprünge von Manu's Klavier liess ich heute bleiben, ich baute sie immer öfters ein und auch der letzte Sprung bei ‚Feuerwerk' war die letzten Shows immer dabei. Aber heute konnte ich nicht. Ich war zu kraftlos um mich auf den Beinen zu halten wenn ich landen würde. Also liess ich es einfach bleiben. Nach der Show trafen wir uns wie immer im Bus und sassen noch etwas zusammen während wir in die nächste Stadt fuhren. „Leute!!" sagte ich dann laut und alle sahen sie mich an. Ich stand auf und kratze mich am Kopf ehe ich zu reden begann. „Es tut mir leid wie ich mich die letzten Wochen verhalten habe. Ich war ein Vollidiot, bitte verzeiht mir." sagte ich dann und sah alle an. „Du warst kein Vollidiot. Zum Teil warst du ein richtiges Arsch." sagte Mani, begann dann aber zu grinsen. Ich musste ebenso etwas grinsen und sah dann alle an. Zum Glück nahmen sie meine Entschuldigung an und wir stiessen auf eine super letzte Woche an. Nach ner Stunde legte ich mich dann jedoch ins Bett, ich war irgendwie so müde und brauchte Ruhe. Ich fiel in einen tiefen aber unruhigen Schlaf.

~Traumsequenz~

„Papaaaaaaaaa!!!" hörte ich meinen Sohn nach mir brüllen und seufzend stand ich auf. Eigentlich sollte Linus seinen Mittagsschlaf machen, aber dieser kleine Kerl wollte einfach nicht. Bei Mia sah das immer so einfach aus. Sie legte ihn ins Bett und schon schlief er. Aber heute musste sie Arbeiten und da ich grad nicht auf Tour war, war ich dran mit Babysitten. „Papaaaaa!" rief er wieder. „Jaa Linus! Ich komme." sagte ich und ging zur Treppe und sah nach oben. Da stand er und sah durch die Stäbe vom Treppenschutzgitter. „Wie bist du denn aus deinem Bett gekommen.", „Laus geklettet." sagte er und ich schmunzelte und ging die Stufen hoch. „Raus geklettert?" wiederholte ich und er nickte und streckte die Arme nach mit aus. Ich hob meinen bald 2 jährigen Sohn hoch und öffnete das Gitter und ging zurück zu seinem Zimmer. Er begann zu protestieren und lehnte sich über meine Schulter, weil er eigentlich nach unten ins Wohnzimmer wollte. „Nein!! Nein!!" sagte er ständig. „Nein, du schläfst jetzt erst bevor du runter kommen kannst." sagte ich und legte ihn wieder ins Bett wo er augenblicklich anfing zu weinen und sich an meinen Armen fest hielt. „Ach Linus! Warum machst du bei mir immer so ein  Drama und bei Mama nicht." seufzte ich. Er sah mich mit grossen Augen an und schluchzte herzzerreisend. Ich seufzte, setzte mich neben seinem Bettchen hin und hielt seine kleine Hand die er zwischen den Gittern rausstreckte. „Papa... singen." sagte mein Kleiner und ich lächelte danft. „Was soll ich dir vorsingen?" fragte ich und sah ihn an. „Meck mich." ich musste leise lachen, ich liebte es wenn er redete. „Weck mich nicht auf?" fragte ich und er nickte. Er liebte dieses Lied, er drehte jedes Mal völlig ab wenn er es hörte. Also begann ich leise und sanft zu singen. „Weck mich nicht auf aus diesem Traum. Es ist so schön, kann es selber kaum glauben. Möcht' ein wenig noch bleiben in meiner Welt. Ich will nicht zurück, weil's mir da nicht gefällt." ich sah wie Linus langsam schläfig wurde und dann seine Augen schloss.

~Traumsequenz Ende~

Ich öffnete meine Augen und blickte mich um. Ich sass nicht im Kinderzimmer und hielt auch nicht die Hand meines Sohnes. Ich lag im Bus und war völlig alleine. Noch immer hallten mir die Worte meines eigenen Songs durch den Kopf und ja, ich wünschte mir, dass ich noch etwas in diesem Traum hätte bleiben können. Ich fühlte mich leer, ausgelaugt und unendlich traurig, als mit bewusst wurde, dass ich keinen Sohn hatte. Dass ich gar nicht Papa war. Dass das alles nur ein Traum war.

Am anderen Morgen liess mich dieser Traum nicht los. Ich konnte mich nicht konzentrieren und war echt froh nen Off- Day zu haben. Alles drehte sich um meinen Traum in meinem Kopf und ich fand keine Ruhe. Ich wollte nicht mehr warten. Ich wollte einfach Papa sein, ich hielt es gerade eben nicht mehr aus. Ich schnappte mir meinen Lap Top und begann zu googeln. In die Suchleiste tippte ich ‚Adoption Deutschland' ein. Ich las mich durch unzählige Artikel, klickte gefühlte hunderte Links an und informierte mich über alles was ich wissen musste. Das wäre eine Möglichkeit, wir würden auch etwas gutes tun und einem Kind eine gute Zukunft ermöglichen. Ich war Feuer und Flamme dafür nur gab es einen Haken. Die meisten Jugendämter setzten eine Heirat voraus. Na dann musste ich Mia eben schnellstmöglich heiraten und dann ein Adoptionsantrag stellen. Völlig begeistert von meiner Idee rief ich Mia an.

Wincent Weiss - Ich krieg nicht genug von Dir!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt