𝟐𝟖. 𝐒𝐨 𝐜𝐨𝐦𝐞 𝐫𝐚𝐢𝐧 𝐨𝐧 𝐦𝐲 𝐩𝐚𝐫𝐚𝐝𝐞 𝐜𝐚𝐮𝐬𝐞 𝐈 𝐰𝐚𝐧𝐧𝐚 𝐟𝐞𝐞𝐥 𝐢𝐭

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Kapitel Achtundzwanzig
(Trigger Warning am Ende des Kapitels)

"Papa?"

"Vaaaader?!"

"Paaaaapaaaa!"

"In der Küche!"
Ich verdrehe meine Augen und renne die Treppen 'runter. Mein Vater sitzt in der Küche an dem Esstisch und isst allein zu Mittag.

"Was schreist du denn hier so 'rum?",fragt er mich, als ich vor ihm stehe und ihn kritisch mustere.

"Ich wollte dich etwas fragen."
Er sieht mich abwartend an, führt seine Gabel zu seinem Mund und isst seinen Salat.

"Ich will heute Abend mit Fin auf den Weihnachtsmarkt gehen. Kannst du mir etwas Geld leihen? Ich bin pleite."

Der Weihnachtsmarkt in dieser Kleinstadt ist nichts Besonderes. Nur ein weiteres Event, das vor allem Paare einlädt, Bilder zu machen, zu essen und eine gute Zeit zu haben. Er ist klein und ich war seit Jahren nicht mehr da. Fin auch nicht, hat er mir gestern Abend noch erzählt.

Mein Vater verzieht sein Gesicht.
"Sein wann gehst du denn auf den Weihnachtsmarkt?"

"Naja, eigentlich gehe ich nie hin, aber Fin und ich wollen uns einen schönen Abend machen und mal sehen, was sich so geändert hat."

"Einen schönen Abend also?",hakt er nach und hebt anzüglich seine Augenbrauen, "ein Date etwa?"

Ich weiß nicht, ob ich dem Moment eher blass oder rot werde, aber mein Herz bleibt kurz stehen und ich sehe ihn verblüfft an.

"B-bitte?!"
Ist es überhaupt eins? Ich weiß es ja selbst nicht. Möchte ich, dass es eins ist?

"Wie auch immer. Wenn du doch immer Geld brauchst, warum fängst du dann nicht mal selbst an zu arbeiten?"

"Och",mache ich und verdrehe erneut die Augen, "ich hab keine Zeit und keine Lust."

Sein Blick wird sanfter.
"In der Küche in der Schublade neben dem Besteck liegt mein Portemonnaie. Nimm' dir ruhig etwas heraus."

"Danke",sage ich und lächele, gebe ihm einen Kuss auf den Hinterkopf und gehe zu der besagten Schublade und nehme sein Portemonnaie heraus.

Als ich es öffne, bleibt alles stehen; mein Herz, meine Bewegungen, meine Augen blinzeln nicht mehr und bleiben nur noch auf dem Bild kleben, das in dem Portemonnaie liegt.

"Alex, hast du es?",höre ich die Stimme meines Vaters im Hintergrund.

Auf dem Bild sind er, ich und meine Mutter. Ein altes Bild. Ich bin sehr jung, vielleicht acht, neun oder zehn. Neben mir mein Vater, der jung und glücklich aussieht und seinen Arm um meine lächelnde, wunderschöne Mutter liegen hat. Ich hätte sie beinahe nicht erkannt.

"Alex?"
Ich höre, wie er aufsteht und sich mir nähert.

Sie hat blonde Haare, helle und leuchtende Augen und ein hübsches Kleid an.

"Alex, was ist los?"

Ihr Lächeln sieht aus wie das meines Vater, dessen wie meins aussieht. Ihre Haltung ist frei und schön und einfach natürlich und real.

"Alex."
Ich spüre die Präsenz meines Vaters neben mir und seinen Blick auf dem Bild in meinen Händen haften.

"Oh",sagt er und legt einen Arm um meine Schulter, "ist sie nicht wunderschön?"

Er legt seinen Zeigefinger auf sie, als würde er ihre Energie durch das Bild fühlen und aufsaugen könne.

Ich nicke sprachlos und spüre wie sich die Tränen in meinen Augen ansammeln. Ich habe seit langer Zeit kein Bild mehr von ihr angesehen, hab es nicht gewagt, wollte es mir nicht selbst antun.

𝐈𝐌𝐌𝐔𝐍𝐈𝐓𝐘Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt