Kapitel 57

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Ich verabschiedete mich mit einem kurzen Kuss von Max, welchen er allerdings vertiefte. "Bis bald.", murmelte er, während er mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht strich. Dann verließ ich die Wohnung. Ich glaube es war das erste Mal, dass ich diejenige war, die etwas vorhatte. Sonst war es immer Max, der irgendwelche Termine hatte.

Zu vielen würde ich ihn wahrscheinlich bald begleiten können, doch im Moment wollten wir unsere Beziehung noch nicht öffentlich machen. Ich war mir zwar sicher, dass es schon das ein oder andere Gerücht gab. Es war nicht möglich, dass ich nicht mit Max gesehen worden war. Dafür hatten wir zu viel miteinander unternommen.

Jetzt würde ich mich, aber mit Matt treffen. Wir hatten uns in einen kleinen Cafe verabredet. Genau das würde ich in der nächsten Zeit brauchen. Ein Gespräch mit meinem großen Bruder. Matt hatte mich immer beschützt. Besonders in dieser Zeit konnte ich das auch wirklich gebrauchen. Meine Mutter verklagte mich gerade immerhin. Sie hatte es bei Matt ja ebenfalls schon versucht. Ich war mir sicher, dass er mir da durchhelfen konnte.

Als ich seine brauen, zurückgegelten Haare und den Anzug sah, wusste ich sofort, dass er es war. Er hatte sich doch sehr verändert. Irgendwie gefiel mir aber sein neuer Look. Er sah so edel damit aus. Ich fiel ihm um den Hals. Er erwiderte meine Umarmung sofort. "Hallo Aria.", begrüßte er mich mit einem Lächeln. "Und wie geht es dir?", fragte er mich sofort, noch bevor wir uns gesetzt hatten.

"Gerade bin ich ziemlich zwiegespalten. Zum einen ist da natürlich Mum und der Rechtsstreit. Das bessert meine Laune nicht unbedingt auf. Im Gegenteil. Es zermürbt mich. Es gibt fast keinen Moment in dem ich nicht daran denken kann. Du weißt ja wie Mums Erziehungsmethoden waren. Das sie dafür jetzt auch noch Geld bekommen soll. Das kann ich einfach nicht akzeptieren. Zum anderen gibt es ja auch erfreuliche Nachrichten. Du weißt ja, dass ich und Max seit kurzem zusammen sind. Das war auch eine lange Reise. Irgendwann hätte ich nicht mehr gedacht, dass wir es tatsächlich schaffen. Heute habe ich aber den hier bekommen."

Ziemlich stolz hielt ich den Schlüssel zu Max' Wohnung hoch. Beziehungsweise unserer Wohnung. Matt lächelte warm und herzlich. "Das freut mich für dich. Ich wusste vom ersten Moment an wie viel er dir bedeutet. Das ist auch kaum zu übersehen. Du hast immer dieses Lächeln auf den Lippen, wenn du ihn ansiehst. Ich mag Max. Er ist ein anständiger Kerl.", antwortete mir Matt. Als er das mit dem Lächeln erwähnte wurde ich rot. Das war mir doch etwas unangenehm.

"Es ist so merkwürdig. Früher warst du praktisch mein Leben. Als ich noch klein war, warst du meine einzige Bezugsperson und jetzt haben wir plötzlich ein eigenes Leben. Das ist so ungewohnt.", murmelte ich vor mich hin. Matt nickte zustimmend. "Wobei ich glaube ich bei dir ziemlich gut auf dem Laufenden bin. Gut, Daniel habe ich nur kurz gesehen, aber Christian und Max habe ich jetzt doch desöfteren getroffen. Du kennst zumindest Aiden. Er war seit meiner Ausbildung mein bester Freund. Jetzt fehlt nur noch eine Person. Deshalb habe ich dir auch geschrieben."

Ich war zuerst verwirrt. Ich wusste nicht wen er meinen könnte. Matt schien meinen verwirrten Blick zu bemerken. Er sah kurz auf seine Uhr. "Weißt du nicht mehr von wem ich dir das letzte Mal erzählt habe, als wir uns in Monaco getroffen haben?", fragte er und deutete auf seinen Ehering. Natürlich. Warum war ich nicht sofort darauf gekommen? Emily glaube ich hieß sie. Seit dem war so viel passiert, dass ich nicht mehr daran dachte.

Ehe ich mich versah stand sie auch schon vor uns. Emily war unglaublich schön. Ihre weichen blonden Haare fielen über ihre Schulter. Ihr Gesicht sah sehr jung aus. Wahrscheinlich hätte ich sie auf mein Alter geschätzt, aber ich wusste natürlich, dass sie älter sein musste. Sie war dezent geschminkt und trug ein weißes Sommerkleid. Ich bemerkte wie viele Ringe sie trug. Unter anderem natürlich auch den selben Ehering wie Matt.

Ich stand auf und sie umarmte mich sofort mit einem herzlichen Lächeln. "Es freut mich so sehr dich kennenzulernen.", sagte sie. Sie setzte sich neben Matt. Umso länger ich sie betrachtete, umso hässlicher kam ich mir neben ihr vor. Meine braunen Haare, welche die selbe Farbe hatten, wie die von Matt, kamen mir plötzlich stumpf und matt vor. Es war als hätte mir Emily zwei Zentimeter Selbstbewusstsein genommen.

Sie hatte eine besondere Ausstrahlung und zog mich total in ihren Bann. Ich war mir sofort sicher: Mit so einer Frau würde ich niemals mithalten können. Im ersten Moment fühlte ich mich nur wie die unbedeutende kleine Schwester. "Matt hat mir viel von dir erzählt. Nicht nur seit ihr euch wieder gesehen hat. Er hat es immer bedauert nicht länger für dich da gewesen zu sein." Plötzlich war es Matt, dem das Gespräch unangenehm war. Er drehte seinen Ehering nervös an seinem Finger.

"Ehrlich?", fragte ich verwirrt nach. Emilys warmes Lächeln verließ nicht für einen Moment ihre Lippen. "Aber sicher doch. Er hat mir irgendwann von dir erzählt. Er hätte dich dort immer gern herausgeholt. Ich habe versucht dich zu finden, aber als ich bei euch Zuhause angerufen hatte, hat deine Mutter nur wutentbrannt aufgelegt. Ich wollte dich unbedingt zu unserer Hochzeit holen, aber ich habe es nicht geschafft. Umso glücklicher bin ich jetzt, dass ihr euch wieder habt. Du bedeutest ihm wirklich viel."

Plötzlich schoss eine Erinnerung in mir hoch. Jemand hatte angerufen. Meine Mutter hatte abgehoben und danach wutentbrannt das Telefon ausgesetzt. Ich muss um die 14 Jahre gewesen sein. Ich konnte mir gut vorstellen, dass das Emily gewesen war. Vielleicht musste ich mein Urteil über sie noch einmal überdenken.

Ich sollte mich neben ihr nicht schlecht fühlen. Sie schien ernsthaft froh zu sein, dass ich wieder Teil von Matts Leben war. "Danke. Ich wäre nur zu gern dabei gewesen. Ich weiß es zu schätzen, dass du es versucht hast.", sagte ich zu Emily, bevor sich Matt einmischte. "Das hast du mir nie erzählt.", sagte er dann an Emily gerichtet. "Ich habe es ja auch nicht geschafft."

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