Kapitel 74

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Die nächsten Tage hatten wir endlich einmal Zeit nichts zu tun. Zumindest fast nichts. Ich glaube es gab keinen Tag an dem Max nichts zu tun hatte, aber wir hatten immerhin etwas Zeit für uns. Es gab keinen Rechtsstreit mit meiner Mutter, keine Termine von Max und keine Rennkarriere. Wir waren einfach ein normales Paar.

Endlich hatte ich mal wieder die Zeit richtig zu kochen. Ich hatte schon immer gern gekocht. Im Grunde hatte ich es mir selbst beigebracht mit einem Kochbuch, welches wir noch von meiner Großmutter Zuhause hatten. An sie selbst hatte ich fast keine Erinnerungen, da ich noch sehr klein war als sie gestorben ist.

Sie hatte Bauchspeicheldrüsenkrebs. Ich kann mich noch erinnern wie wir sie im Krankenhaus besucht hatten, aber das war nur eine sehr verschwommene Erinnerung. Heute bedauerte ich es sie nicht wirklich kennengelernt zu haben. Sehr sogar. Denn dieses Kochbuch war kein normales Kochbuch, denn die Ränder waren vollgekritzelt mit den Veränderungen meiner Großmutter.

Auf vielen Seiten hatte sie Zutaten durchgestrichen oder neue hinzugefügt, sich andere Techniken kommentiert oder andere kleine Tipps und Hinweise. Keine Ahnung warum sie das alles aufgeschrieben hatte, aber dieses Kochbuch war mein heiliger Gral gewesen. Früher hatte ich zu Matt immer gesagt dieses Kochbuch ist wie das Buch des Halbblutprinzen aus Harry Potter.

Noch nie hatte ich etwas daraus gekocht, dass nicht fantastisch geschmeckt hätte. Leider war es in der Küche bei meiner Mutter Zuhause. Irgendwann würde ich es mir wieder holen, aber es war nun einmal nicht bei meinen Sachen dabei gewesen. Trotzdem kannte ich das ein oder andere Rezept auswendig.

Max kam gerade vom Joggen wieder als ich fertig geworden war. Es gab selbst gemachte Nudeln und meine Lieblingssoße dazu. Eine Champignon-Tomaten-Creme-Soße. Die konnte ich wirklich im Schlaf machen. Bis ich die Nudeln gut hinbekommen habe hat es lange gedauert. Eigentlich sind es nicht besonders viele Zutaten, weshalb ich immer etwas frustriert war, aber irgendwann hatte ich den Dreh heraus.

"Was riecht denn hier so gut?", fragte Max sofort und drückte mir einen Kuss auf die Lippen. "Ich habe gekocht, wenn du schnell unter die Dusche springst, dann bin ich fertig, wenn du wiederkommst." Er nickte und verschwand ins Bad, währenddessen verteilte ich die Nudeln auf zwei Teller und stellte sie auf den Tisch.

Wenige Minuten später stand ein frisch geduschter Max vor mir. Er schloss mich noch einmal kurz in die Arme bevor er sich gegenüber auf den Stuhl fallen ließ. "Ist schon ziemlich lange her, dass wir nichts bestellt haben und auf dem Sofa gegessen haben.", murmelte Max. Ich nickte. "Deshalb wollte ich endlich auch wieder kochen. Ich hoffe du darfst es essen. Du weißt schon, wegen dem Ernährungsplan und Gewicht und was weiß ich was."

Max winkte ab. "Das geht schon. So ungesund wird dein Essen schon nicht sein und ich trainiere so viel, dass ich nicht schnell zunehme." Max nahm den ersten Bissen. Es war das erste Mal, dass ich diese Nudeln für ihn gemacht habe. Sonst habe ich eigentlich immer relativ einfache Sachen gemacht. Selbst gemachte Nudeln allein waren mir meistens schon zu aufwendig.

Max grinste mich an. "Also wenn du so kochst, dann müssen wir uns doch Gedanken um mein Gewicht machen. Warum kochst du so selten? Ich wusste gar nicht das du so gut bist.", sagte er während ich ihn abwartend ansah. Auch auf meine Lippen schlich sich jetzt ein Lächeln. "Ich weiß es nicht. Wir haben ja nicht unbedingt besonders viel Zeit, aber wenn du willst kann ich in Zukunft öfter kochen."

"Wegen mir musst du nicht unbedingt kochen, aber dagegen habe ich nichts. Woher kannst du das? Ich kann mir nicht vorstellen, dass es dir deine Mutter beigebracht hat.", fragte Max dann. Ich schüttelte den Kopf. "Meine Großmutter.", antwortete ich. Max legte seinen Kopf leicht schief und sah mich etwas verwirrt an. "Du hast sie noch nie erwähnt."

Ich nickte, während ich herunterschluckte. "Ich habe sie auch nicht kennengelernt oder zumindest weiß ich davon nicht mehr viel, aber ihr Kochbuch ist mir geblieben. Leider liegt es bei meiner Mutter, aber ein paar Rezepte kenne ich auch so." Max lächelte mich leicht an und er kniff seine Augen etwas zusammen. Ich wusste nicht was dieser Blick bedeuten sollte, aber er vertiefte das Thema nicht mehr.

"Nächstes Rennen ist Amerika, oder?", fragte ich dann. Max nickte. "Wie ist Austin so?" Ich war froh, wenn ich wusste wo genau die Rennen waren, aber ich hatte keine Ahnung von den Strecken oder den Städten. Max war immerhin schon ein paar Mal an den einzelnen Orten. "Ich mag die Strecke eigentlich ganz gerne. Sie ist ziemlich uneben, was manchmal etwas anstrengend werden kann. Austin ist glaube ich eine der schönsten Städte im ganzen Kalender. Ich verspreche dir, du wirst begeistert sein. Wir müssen unbedingt essen gehen. Das Essen dort ist einfach nur fantastisch."

"Gut, dann gehen wir dort essen. Das hört sich doch gar nicht so schlecht an. Irgendwie hätte mir klar sein müssen, dass du nichts anderes als Essen im Kopf hast.", lachte ich und Max warf mir einen gespielt bösen Blick zu. "Keine Sorge es gibt auch noch andere Sachen zu sehen und zu tun, aber du vergisst etwas. Das ist kein Urlaub, sondern Arbeit. Trotzdem können wir gerne auf den Turm gehen. Von dort oben hat man eine wunderschöne Aussicht. Das könnte dir gefallen."

"Max, mit dir sehe ich mir alles an. Egal was es ist.", erwiderte ich nur und er fing sofort an zu grinsen. Ruckartig zog er mich zu sich und legte seine Arme um mich. Dann küsste er mich. "Ich freue mich schon darauf.", sagte er dann. Ich sah ihn leicht schief an. "Auf was freust du dich?", fragte ich deshalb nach. Max zuckte nur mit den Schultern. "Auf alles was wir noch gemeinsam erleben."

Ich lächelte ihn an. "In ein paar Monaten wird alles besser.", murmelte ich dann und wusste, dass ich damit gerade die Stimmung kaputt machen würde. "Warum?", fragte Max etwas verwirrt. "Ich bin einfach froh, wenn der Gerichtsprozess vorbei ist und ich endlich voll und ganz von meiner Mutter befreit bin." Max zog mich noch etwas näher an sich. "Ich bin bei dir."

A new lifeWhere stories live. Discover now