Kapitel 89

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Zehn Minuten später stürzte Max in das Zimmer hinein. Hinter ihm mein Vater. "Es tut mir leid. Ich habe ihn zu spät erreicht.", sagte mein Vater, während Max sich vor das Sofa hinkniete und mir über die Haare strich. "Wenn es dir schlechter geht, dann solltet ihr ins Medical Center. Dafür sind sie zwar nicht unbedingt da, aber sie werden dir sicher trotzdem helfen. Das kläre ich schon und Max, wir reden später noch einmal.", fügte er hinzu bevor mein Vater die Tür wieder Schloss. Er wirkte kühl und wütend. Gleichzeitig schien er doch auch besorgt zu sein. 

Max hob meinen Kopf an und setzte sich auf das Sofa bevor er meine Kopf wieder auf seinen Schoss sinken ließ. Er strich mir über die Haare. Er trug immer noch seinen Rennanzug und war ziemlich verschwitzt, aber das war mir egal. Ich schloss meine Augen und war einfach nur froh, dass er bei mir war.

"Was ist denn passiert?", fragte Max leise. "Ich weiß es nicht. Nach dem Unfall konnte ich mich gar nicht mehr konzentrieren. Es wurde schlimmer und ich wäre fast zusammengeklappt. Mein Vater hat mich dann überredet mich hinzulegen. Was ist bei dir in der Zwischenzeit passiert?" Ich spielte auf die Situation mit dem Fahrer von zuvor an. Es war immerhin nur wenige Minuten her. "Das ist doch jetzt egal. Jetzt müssen wir es erst einmal schaffen, dass du wieder auf die Beine kommst.", sagte Max dann.

"Hast du Hunger?", fragte er, doch ich ignorierte ihn. "Max, ich habe es auf dem Fernseher gesehen. Du hättest dich fast geprügelt.", sagte ich dann. Er zuckte nur mit den Schultern. "Er hat es verdient, außerdem habe ich nichts getan. Natürlich bin ich wütend, aber ehrlich gesagt war mir das ziemlich egal, nachdem dein Vater mir gesagt hat, dass es dir schlecht geht. Ich bin jetzt für dich da. Am Ende des Tages ist die Formel 1 mein Job und du bist so viel mehr als das."

Ich lächelte leicht bevor ich ihm widersprach: "Die Formel 1 war nie nur dein Job." Max zuckte mit den Schultern. "Das mag stimmen, aber du bist mir trotzdem wichtiger." Ich schloss meine Augen und genoss einfach, wie Max mir über die Haare strich. "Ich schätze, wenn man so etwas von einem Rennfahrer hört, der so vernarrt ins Gewinnen ist wie du, dann heißt das schon einiges."

"Weißt du das verrückte an Rennfahrern ist, dass sie ihr eignes Leben alle zwei Wochen riskieren und trotzdem nicht besser mit Gefahr umgehen können. Ich habe kein Problem damit, mich selbst zu verletzen, aber wenn dir etwas passieren würde, dann wäre das die Hölle für mich.", erklärte Max dann. "Dann kannst du dir ungefähr vorstellen wie es für mich ist die Rennen anzusehen. Ich erinnere dich nur an Japan."

"Mein Vater hat auch immer gesagt, dass er nervöser ist, wenn ich im Wagen sitze als er es bei seinen eigenen Rennen war. So aber jetzt lass und nicht mehr länger über die Gefahr reden. Mir passiert schon nichts. Lass uns lieber sehen, dass wir dich wieder hinbekommen.", sagte Max dann und half mir auf. "Holen wir dir etwas zu Essen."

Max nötigte mich praktisch dazu etwas zu essen, obwohl ich kaum Hunger hatte. Er musste noch kurz weg, aber nur etwa zwei Stunden nach dem Rennen waren wir zurück im Hotel. Normalerweise dauerte es immer etwas länger bis Max wieder zurück war. Nach dem Rennen musste er oft noch Interviews geben und es gab Meetings mit dem Team.

Diesmal allerdings hatte er alles abgesagt. Er hatte mich ins Bett verfrachtete, während er unsere Sachen zusammenpackte. Heute Abend würden wir noch zurück nach Monaco fliegen. Tatsächlich wurde es langsam besser, aber ich war immer noch nicht gesund. Ich konnte genau sehen, wie Max mich immer wieder mit einem besorgten Blick musterte. Er schien sich wirklich ernsthaft Sorgen um mich zu machen.

Von dem Ärger und der Wut, über die Situation im Rennen schien nichts mehr übrig zu sein. Zumindest nicht vor mir. Ich war mir fast sicher, dass er immer noch aufgebracht war, aber es ihm im Moment einfach nicht wirklich interessierte. "Max?", fragte ich. Er sah auf und hörte auf die Klamotten in den Koffer zu werfen. "Was ist denn?", erwiderte er.

"Kannst du kurz herkommen?", forderte ich ihn auf und sofort setzte er sich auf die Bettkante und strich mir über die Haare. "Ich wollte mich nur schnell bei dir bedanken. Ich weiß nicht was los ist, aber zu wissen das du dich um mich kümmerst beruhigt mich doch sehr.", sagte ich dann. Max lächelte leicht. "Ehrlich gesagt ersparst du mir gerade Ärger mit Christian. Ich warte ehrlich gesagt nur auf den Anruf von Helmut."

Ich musste grinsen und auch Max konnte sich ein Lachen nicht verkneifen. "Naja, wenn das der einzige Grund ist.", antwortete ich. Max strich über meine Wange und stand dann wieder auf. "Natürlich ist das der einzige Grund.", erwiderte er ironisch. "Gut, dass ich so einen tollen Freund habe.", fügte ich dann an.

Wenigstens hatten wir unser Lachen nicht verloren. Als wir allerdings drei Stunden später zum Flughafen fuhren und das klimatisierte Hotel verließen wurde es wieder schlimmer. Kurz bevor wir in das Flugzeug eingestiegen waren kam dann auch der angekündigte Anruf von Helmut Marko, aber Max drückte ihn weg. Ich zog eine Augenbraue nach oben. Er zuckte nur mit den Schultern. "Ich war eben schon im Flugzeug. Solange du mich nicht verrätst. Die Standpauke kann ich mir auch später noch anhören.", sagte er und ließ sich in den Sitz fallen. Ich setzte mich gegenüber von ihm.

"Ich glaube insgeheim verstehen sie dich.", sagte ich dann. "Am Ende des Tages hast du viele Punkte geholt und warst auf dem Podium." Max sah aus dem Fenster. "Das könnte trotzdem Konsequenzen haben.", erwiderte er. Ich lachte. "Als ob du dir je Gedanken über die Konsequenzen gemacht hast." Max lachte ebenfalls. "Du hast Recht." Max reichte mir eine Flasche Wasser und forderte mich auf sie zu trinken. Den gesamten Flug über blieb sein besorgter Blick. Allerdings wurde es besser nachdem wir Brasilien hinter uns gelassen haben. Sobald ich aus dem Flugzeug stieg und wieder europäisches Klima hatte ging es mir schlagartig besser, auch wenn ich mich nach wie vor leicht schwummrig fühlte.

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