Die unterdrückten Gefühle

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Kakashi drückte Atana noch fester an sich, geschockt von dessen Gefühlsausbruch. Er konnte in sich selbst plötzlich eine tiefe Trauer und Angst spüren, doch das erreichte er nicht durch Atanas Jutsu, sondern bloß aufgrund des herzzerreißenden Schluchzens.

Er hatte vor ein paar Tagen von Tsunade gehört, dass fast die ganze Einheit ausgelöscht wurde, nur Atana lebte noch. Es war ihm ein Rätsel wie dies der Fall sein konnte, also zog er in Betracht, dass Atana einfach mit ihnen gestorben war, aber nie gefunden wurde. Diese Vorstellung hatte sämtliche Wärme aus seinem Körper geblasen. Er hatte oft in der Nacht da gesessen und gebetet, gebetet zu irgendwas und irgendwem, er möge Atana doch bitte verschonen. Mit niemandem sonst konnte er glücklich werden. Er war seine einzig wahre Liebe, auch wenn diese gerade höllische Qualen erlitt und in seinen Armen nach Blut und Erde roch. Er trug immernoch Kakashis Jacke. Ein Teil von ihm hatte ihn also auf seinem Weg begleitet. Vielleicht hatte sie ihn sogar beschützt. Den tapferen Anbu-Kapitän, der eigentlich viel zu rein und gutherzig für diese schreckliche Welt war.

Plötzlich löste sich Atana ruckartig von Kakashi und stieß den Körper von sich weg. Er ignorierte Kakashis geschocktes Gesicht und hörte sofort auf zu weinen. Seine Ärmel saugten beinahe aggressiv die Tränen von seinem Gesicht auf und verschwanden schließlich wieder unter dem Mantel, als ob sie nie da gewesen wären. Der Jonin, der ihm am vorbeigehen betrachtete, verstand die Welt nicht mehr. Was war bloß mit ihm los? Er drehte sich vorwurfsvoll um und rief:
»Atana! Warte!«

Augenblicklich drehte Atana sich um und sah Kakashi in die Augen, das rote und das schwarze, vollkommen gleichgültig.
»Was ist denn? Lass mich in Ruhe, ich will bloß duschen und dann einen heißen Tee. Geh ins Bett, du hast doch kaum geschlafen.«
Er war wie ausgewechselt. Seine Stimmung war vollkommen anders. In Kakashis Augen war Atana durchgedreht, doch in Wirklichkeit hatte er bloß sein Chakra wieder in die richtige Bahn gedrückt, sodass er kaum etwas fühlte.

Kakashi folgte Atana in das Innere des Hauses und sah, wie der Shinobi sich vorsichtig seiner Rüstung entledigte und bloß noch in Shorts ins Schlafzimmer wanderte. Kakashi erkannte, wo die Rüstung gewesen war, denn dort war die Haut nicht mit Blut besprenkelt. Atanas Ignoranz war absolut unglaublich. Er musste doch irgendwas gegen diese Art tun können! Wenn Atana nicht trauerte konnte dies schwerwiegende Folgen haben. Folgen, die sich auf seine Psyche lebenslänglich auswirken. Kakashi kannte diese Art von Trauer, doch mit bloßer Konfrontation war das nicht zu lösen. Es brauchte dazu mehr, mehr Gewalt. Aber er konnte Atana unmöglich wirklich verletzen. Es sei denn er wählte einen unterschwelligen Weg, eine andere Art von körperlicher Gewalt und das, was in seinen Augen gegen alles half. Eine perfekte Methode um Atana irgendwie wieder zu sich selbst werden zu lassen.

Unter der Dusche ließ Atana wieder seinen Gefühlen freien Lauf und hoffte, dass Kakashi ihn einfach in Frieden lassen würde. Die nächsten 22 Stunden würden eine Qual für ihn werden. Er musste Kakashi aus dem Weg gehen, so gut er konnte. Er beschloss den Jonin einfach mit Worten zu verletzen, vielleicht würde er dann freiwillig gehen. Tief in seinem verkorksten Innern hoffte er aber lieber, dass Kakashi den Schmerz irgendwie linderte. Nur ein bisschen weniger von der Schuld, die er trug und ein wenig Liebe gegen die Nervosität in ihm, dann wäre alles zu ertragen.

Kakashi ließ Atana wirklich für eine lange Zeit in Frieden leben. Sie liefen auf den Fluren manchmal aneinander vorbei, redeten nicht miteinander und sahen sich nicht an, was Atana überhaupt nicht störte und Kakashi unendlich weh tat. Er wusste, was sich hinter dieser Maske verbarg. Das alles hatte er doch selbst schon durchlebt.

Seine Kameraden sterben lassen ohne ihnen helfen zu können hatte ihn zu dem Teamgeist-Fanatiker gemacht, der er heute ist. Atana war psychisch eigentlich ein sehr starker Mensch, Resilienz sein zweiter Vorname, doch jetzt schien er mit Irgendwas nicht wirklich klar zu kommen. Sein Inneres war anscheinend total in sich zerfallen und wollte sich nicht mehr aufbauen. Kakashi musste etwas tun, doch sein Freund hatte sich in seinem Schlafzimmer verbarrikadiert.

Blindfight - Ein Ninja kehrt zurück || Naruto FFWhere stories live. Discover now