Teil 22

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Mein Herz setzte einen Schlag aus. Scheiße.
„Rose bist du da?" Bie klang ernsthaft besorgt.
Während ich vor lauter Angst, von meiner Besten Freundin mit einem Lehrer, den wir eigentlich nicht ausstehen konnten im Bett erwischt zu werden, nicht mehr wusste, wo hinten und vorne war, schien Herr Bachert die Ruhe in Person zu sein. Zwar waren seine Augenbrauen nachdenklich zusammengezogen, schien er jedoch - anders als ich - nicht in Panik zu verfallen. Oder zumindest ließ er es sich nicht anmerken.
„Komm schon, ich gehe erst, wenn du mir sagst was los ist." Eigentlich wäre ich gerührt von ihrer Fürsorglichkeit, aber aufgrund meiner aktuellen Situation, von der ich nie im Leben gedacht hätte, ich würde mal in sie hinein gelangen,wünschte ich mir einfach nur, dass sie ging. „Du kannst mich auch einfach nur anstarren, wenn du magst."
Sie war echt süß. Herr Bachert schien das ein wenig anders zu sehen, denn er verdrehte nur die Augen. Langsam stieg er erst von mir und dann vom Bett hinunter.
„Ich weiß, dass du da drin bist Rose" Ich hörte, wie sie sich an der Tür entlang auf den Boden gleiten ließ.
Mein Lehrer machte sich auf in Richtung Badezimmer, nachdem er sein Shirt mit einem schnellen Griff vom Boden gefischt hatte und gab mir Handzeichen die Tür zu öffnen. Ungläubig warf ich ihm einen Bist-Du-qVerrückt-Blick zu, doch da hatte er bereits die Tür hinter dich geschlossen.
Zögernd stand ich auf. Mir war unwohl bei dem Gedanken Bie herein zu lassen, denn in Filmen war sowas bekanntlich nicht immer die beste Idee, sondern meistens der Wendepunkt, nachdem das Drama erst begann. Trotzdem blieb mir nun keine andere Wahl mehr, weshalb ich schließlich zur Tür ging und sie zögerlich öffnete. Bie sah mich mit einem erleichterten Lächeln an.
„Ich hatte schon Angst hier draußen übernachten zu müssen", bemerkte sie und betrachtete mich. „Alles okay bei dir? Nathan sah nicht gerade glücklich aus, als er alleine zurückkam und da dachte ich, zwischen euch ist vielleicht...", sie verstummte, suchte nach den richtigen Worten.
„Es geht mir gut", half ich ihr aus. Bis auf die Tatsache meiner emotionalen Verwirrung und dem Lehrer in meinem Badezimmer stimmte das ja auch. Trotzdem hatte mir Nathan's Name einen kleinen Stich versetzt und ich wollte jetzt alles außer an den Kuss - oder eher den Versuch - denken.
„Ich bin nur müde. Wenn es dir recht ist, erzähle ich dir morgen was da genau passiert ist. Irgendwie muss ich damit jetzt erst mal alleine... selbst klar kommen." Ich versuchte ein Lächeln.
„Klar das verstehe ich", entgegnete Bie, allerdings war ich mir nicht sicher, ob sie ihre Worte auch so meinte. Sie sah neugierig aus und vielleicht täuschte ich mich, weil ich Angst hatte, sie könne etwas bemerken, doch kam es mir vor, als mischte sich ein wenig Verwirrung und Misstrauen in ihren Blick. Oder sie war einfach nur enttäuscht, dass ich ihr nicht sofort anvertraute was geschehen war. Ich gab mich mit letzterem zufrieden.
„Morgen erzähle ich dir alles, versprochen", sagte ich deshalb und schon nach diesem Satz lächelte Bie wieder, wünschte mir eine gute Nacht und zog die Tür hinter sich zu.
„Was genau wirst du ihr denn erzählen?" Herr Bachert stand in der Tür des Badezimmers, seine Stimmfarbe hatte sich verändert, klang nun weniger angenehm, eher nach Sarkasmus, wie man es von ihm gewohnt war. Das enttäuschte mich. Ich wollte den anderen, den warmen, fürsorglichen Lehrer, der eben noch ihren Körper mit seinem bedeckt hatte.
„Nichts..." Ich sah weg. „Also nichts von... dem hier." Mein Blick flog Richtung Bett.
„Was ist zwischen dir und Nathan passiert?" Hatte ich mich getäuscht? War das, was ich als Sarkasmus abgestempelt hatte in Wirklichkeit Eifersucht? Er sah mich durchdringend an. Ich wollte Lügen, wollte ihm sagen, dass da nichts zwischen uns war, doch ich war mir nicht sicher. Also blieb mir nichts als die Wahrheit:
„Er hat versucht mich zu küssen", brachte ich mit so fester Stimme wie nur möglich hervor.
Sofort verengten sich seine Augen und ich sah mit Erstaunen, dass sich seine Hände zu Fäusten geballt hatte.
„Aber ich bin weggelaufen", ergänzte ich deshalb schnell, doch er entspannte sich kaum. Ob Nathan nun meinetwegen Probleme bekommen würde? Herr Bachert schien ihn von Anfang an nicht gemocht zu haben, doch nun? Ich wusste genau, dass das sehr unangenehm werden konnte, andererseits hatte er auch Pflichten gegenüber seinen Schülern. Gegenüber jedem Schüler.
Ohne ein weiteres Wort ging er auf mich zu. Ich wusste nicht warum, aber er machte mir Angst, weshalb ich instinktiv einen Schritt nach hinten wagte. Kurz vor mir blieb er stehen, legte eine Hand auf die Türklinke, während sich seine Gesichtszüge entspannten. Dann lehnte er sich zu mir nach vorne, sodass sein Gesicht direkt neben meinem war und flüsterte drei Worte, die mir eine Mischung aus Gänsehaut und Schauer über den Körper trieben. Dann verließ er das Zimmer.

Die Worte begleiteten mich ins Bad, beim Zähneputzen, beim Umziehen, während ich mein Glas mit Wasser füllte und es auf den Nachttisch neben meinem Bett stellte, unter die Bettdecke kroch und selbst während ich meinen Wecker stellte.
Ich schloss die Augen und spürte seinen Atem auf meiner Haut, als er es sagte. Mein Herz begann erneut wie wild zu pochen und ich wusste nicht, ob es Freude oder Angst waren, das es antrieb.
„Du bist mein", hatte er ganz leise und doch so laut gesagt, dass es in meinem Inneren tausend mal zurückgehallt war. Du bist mein. Was bedeutete das für mich? Bisher war mein einziges Ziel im Leben gewesen, eine emanzipierten und von jedem Mann unabhängige Frau zu werden, die sich immer und zu jeder Zeit selbst versorgen konnte. Und jetzt sagte mir jemand - und noch dazu ihr Lehrer - ich gehöre ihm? Nein, das konnte ich nicht so hinnehmen. Zumal ich nicht mal mehr einordnen konnte, ob ich etwas für ihn empfand oder nicht. Und dann war da noch Nathan. Mit aufkeimender Angst vor dem morgigen Tag und damit einer unweigerlichen Begegnung mit Nathan und Herrn Bachert drehte ich sich auf die Seite, bereit zum Schlafen. Die Augen geschlossen, dachte ich nur an drei Worte. Wie ein Mantra, das man immer vor sich her sprach. Du bist mein. Du bist mein. Du bist mein. Du bist...
Ich schlief ein.

Lehrer meiner LustWhere stories live. Discover now