13.07.- 13:02 Uhr

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Es ist heiß. Ein leichter Schweißfilm glänzt auf seiner Haut, als er sich nochmal umdreht und das Gesicht fest ins zerknitterte Kissen drückt. Sein Telefon klingelt unbeirrt weiter, aber das scheint ihn nicht sonderlich zu stören. Die ihm so bekannte Melodie plätschert ruhig vor sich hin, aber er dreht sich bloß um und tritt die restliche Decke von seinem Körper. Es ist viel zu warm dafür. Irgendwann verebbt die Melodie, nur das gleichmäßige Atmen unterbricht weiterhin die Stille.

Einige Zeit später schlägt er dann doch die Augen auf und greift als erstes nach seinem Handy. Wo bist du? Und Ach komme schon, wir schreiben Klausur leuchten ihm entgegen. Dabei war er seit Wochen nicht mehr in der Uni, und seinen Kommilitonen hat er noch länger kein Lebenszeichen mehrgegeben. Er ignoriert die Nachrichten wie immer, und wirft einen kurzen Blick in seinen Kalender. Nicht, dass dieser sonderlich mit wichtigen Termin gefüllt wäre, aber ein Blick kann dennoch nicht schaden, gerade wenn man keine Ahnung hat, welcher Tag heute überhaupt ist. Er sollte unbedingt seinen gesteigerten Alkoholkonsumüberdenken, aber seine Freunde machen es ihm auch wirklich sehr leicht. Sie stellen keine nervigen Fragen, wie es mit seinem Studium läuft oder stellen seine Träume in Frage. Ganz im Gegensatz zu seinen Eltern und seinen Freunden an der Universität. Beim Gedankendaran läuft ihm ein kalter Schauer den Rücken herunter.

Zielstrebig läuft er barfuß über den kalten Fliesenboden seiner Einzimmerwohnung direkt auf seine Kaffeemaschine zu, nur um kurzer Zeit später mit mittelmäßigem Kaffee und einer Zigarette in der Hand am Fenster zu stehen und den mittäglichen Trubel der Stadtunter sich zu beobachten. Er zieht kurz an seiner Zigarette und pustet den Rauch kurz darauf durch das geöffnete Fenster nachdraußen. Währenddessen spekuliert er , wohin die ganzen Menschenunter ihm laufen, wer vielleicht auf sie wartet und vor allem, wie sie das machen. Woher sie die Energie dafür nehmen und warum es ausgerechnet ihm so schwer fallen muss, diese Energie auch zu finden. Warum unbedingt er alle seine Entscheidungen in Frage stellen muss, und nicht mehr so richtig weiß, was seine Leidenschaft ist, was er machen möchte und was ihn so wirklich erfüllt. Er bemitleidet sich ein wenig selbst, und zieht sich so nur noch weiter in sein selbst geschaufeltes Loch. Erneut fängt sein Handy an zu summen, und ein kurzer Blick auf dieses bestätigt ihm, dass er dieses Mal definitivabheben sollte.

„Hey Mum, was gibt es ?", melde er sich betont freundlich bei seiner Mutter, obwohl seine Mundwinkel weiterhin unten hängen. Er nimmt noch einen tiefen Zug seiner Zigarette, wartend, dass das Nikotin seine bekanntlich beruhigende Wirkung zeigt.

„Louis, bist du schon wieder am Rauchen? Ich habe dir schon oft genug gesagt, was ich davon halte". Die Stimme seiner Mutter klingt anklagend, und Louis kann nur ergeben seufzen.

„Ich weiß, ich gebe mein bestes. Aber du hast bestimmt nicht angerufen, um mir das zu sagen". Er hält das Telefon dieses Mal ein ganzes Stück von sich gestreckt, damit seine Mutter nicht nochmal hört, wie er einen letzten Zug der Zigarette nimmt, ehe er sie in seinem Aschenbecher ausdrückt und das Fenster wieder schließt. Mit der Kaffeetasse in der Hand setzt er sich auf den einzigen Stuhl seiner kleinen Wohnung und hält sich das Telefon wieder ans Ohr.

„Ich wollte nur wissen, wie deine letzte Klausur heute gelaufen ist. Du hast dich ja nicht wie versprochen gemeldet". Sie ist wütend, aber Louis kann es ihr nicht verdenken. Er hatte ihr tatsächlich geschworen, er würde sich nach seiner letzten Klausur melden. Er konnte zu dem Zeitpunkt ja noch nicht wissen, dass er sich zu keiner einzigen anmelden würde. Irgendwann in den letzten Wochen hat er ganz klar die komplette Kontrolle über sein Leben verloren und den Fokus ganz einfach anders gelegt. Statt Bildung für eine aussichtsvolle Zukunft heißt es nun feiern für eine heiße Nacht, Hauptsache nicht an seine innere Verzweiflung denken.

„Die Klausuren liefen alle gut, Mum. Du kennst mich doch. Ich habe allesunter Kontrolle". Er nimmt einen neuen Schluck von seinem inzwischen abgekühlten Kaffee. Es stört ihn nicht, es ist zu warm für heiße Getränke.

„Ich habe das Gefühl, ich kenne dich überhaupt nicht mehr. Du warst Ewigkeiten nicht mehr zuhause, ich habe schon vergessen wie mein Ältester aussieht".

Louis kann nur wieder seufzen. Die Gespräche mit seiner Mutter verlaufen immer gleich, deshalb hat er sich auch so lange nicht mehr gemeldet. Kaum auszudenken, was passieren würde, wenn er ihr beichtet, dass er sein Studium eigentlich gerne abbrechen würde.

„Ich bin ab Sonntag mit Liam und Zayn in Irland zelten, auf dem Rückwegschaue ich mal bei euch rein, ok? Ich muss jetzt auch los, ich möchte mit ein paar Kommilitonen noch die Klausur nachbesprechen. Hab dich lieb".


Ohne auf eine Antwort zu warten drückt er seine Mutter weg, trinkt den letzten Schluck seines Kaffees und läuft ins Bad, um sich ansehlich für den restlichen Tag zu machen. Auch, wenn er diesen wahrscheinlich alleine in seiner Wohnung verbringen wird.


Camping - L.S.Where stories live. Discover now