TE:N

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Alltag. Es war einfach Alltag für mich geworden, Taehyung um mich herum zu haben. Er hatte mich aus meiner kleinen Hölle raus geholt, und ich war mir nicht mal sicher, ob er überhaupt wusste, wie sehr er mir geholfen hatte. Gerade wartete ich wie jeden Abend auf ihn und trank dabei einen warmen Kakao. Es war Winter geworden, Weihnachten stand vor der Tür. Letze Woche war mein kleiner Bruder bei uns zu Besuch, und er verstand sich auf Anhieb mit Taehyung. Wir waren auf einem großen Spielplatz in der Nähe gewesen, Tae hatte uns zum Eis essen eingeladen. Eis essen im Winter? Da war ich dabei. Zwar war mein Bruder am Sonntag Nachmittag, als wir ihn wieder zu seinem Wohnheim gebracht hatten mehr als traurig, doch Tae versprach ihm, dass wir beim nächsten Mal wieder irgendwas machen würden, was er sich aussuchen dürfte.

Während ich die beiden beobachtet hatte, keimte in mir das Gefühl der absoluten Ruhe und Zufriedenheit auf, so ein Gefühl, wie ich es bisher noch nicht gekannt hatte. Nervös spielte ich mit meiner Tasse, trank ab und an einen Schluck des leckeren Kakaos. Der gute teure, nicht den, den ich früher bei meiner Mutter immer trank. Man merkt keinen Unterschied? Hell, oh doch und wie. In den letzten Tagen hatte ich mir immer mehr Gedanken darüber gemacht, warum Tae das alles für mich tat. Natürlich, wir waren schon sehr lange Freunde, fast 5 Jahre lang. Wir hatten zwar nicht viel Kontakt am Anfang, doch seit einem halben Jahr drehte sich mein Leben eigentlich nur noch um ihn. Er nannte mich immer nur Babe, Bunny oder Baby. Ich liebte es, wie sehr er mir das Gefühl gab, etwas besonderes zu sein, auch wenn ich es meiner Meinung nach nicht war.

Und diese Gedanken, die kleinen Gesten, die er mir gegenüber immer wieder an den Tag legte, all das verunsicherte mich. Auch wenn es irgendwie dumm klang, doch war es möglich, dass Taehyung mehr in mir sah, als nur einen guten Freund? Beschämt senkte ich meinen Blick, fixierte die nun leere Tasse in meinen Händen. Wie absurd dieser Gedanke war, dass dieser Mensch, dieser perfekte Mensch, etwas für mich empfinden könnte. Ich sollte mich glücklich schätzen, ihn überhaupt meinen Freund nennen zu dürfen, und mich nicht meinen dummen Hirngespinsten hingeben. Aber ich hatte mir fest vorgenommen, ihn heute darauf anzusprechen. Denn bevor ich mich noch komplett in seiner Anwesenheit, seiner Fürsorge und seinem Wesen verlor, wollte ich wissen, woran ich war. Vor allem wollte ich ihm deutlich klar machen, dass ich derzeit absolut nicht an einer Beziehung interessiert war. Ob ich das überhaupt jemals wieder sein würde? Min hatte einiges in mir zerstört, von dem ich nicht wusste, ob man es überhaupt reparieren konnte.

Durch Schlüssel, die die Tür öffneten, wurde ich aus meinen Gedanken gerissen. "Baby?" klang die tiefe Stimme von Tae durch die Wohnung, während ich mich aus der Kuscheldecke kämpfte, unter der ich mich versteckt hatte. "Bin hier!" rief ich aus dem Wohnzimmer, als Tae strahlend um die Ecke lief, ehe ich ihm einfach um den Hals fiel. Es war normal, dass wir uns so liebevoll begrüßten. Oft standen wir auch einfach nur einige Minuten in einer Umarmung im Flur, genossen die Nähe des jeweils Anderen. "Wie war ein Tag?" fragte Tae, während er mir über den Rücken strich. "Gut, Uni und danach ein wenig für die Klausuren gelernt.." lächelte ich, genoss die Streicheleinheiten, ehe Tae sich von mir löste. "Alles gut? Du bist so hibbelig irgendwie.." grinste er, zog sich seine Jacke aus und ging in Richtung Schlafzimmer, um sich in bequeme Klamotten zu werfen, wie jeden Tag. "Ja, ich.. Wollte kurz mit dir reden?" fing ich an, stand wie bestellt und nicht abgeholt im Flur. "Können wir auch beim Essen reden? Ich wollte dich eigentlich heute in ein Restaurant einladen.." kam er dann aus dem Schlafzimmer, hatte sich nur die Haare gekämmt und ein anderes Hemd angezogen.

"Ähm.." überlegte ich, da ich es nicht mochte, wenn er Geld für mich ausgab. "Komm schon, Bunny. Heute ist doch ein besonderer Tag." kam er auf mich zu und schaute mir tief in die Augen. Fuck? Was habe ich vergessen? Meine Augen weiteten sich vor schreck, doch Tae grinste nur. "Heute ist der Tag, an dem ich dich angeschrieben habe, vor genau 5 Jahren." beantwortete er mir meine Frage, und ich versuchte einzuordnen, ob er jetzt sauer auf mich war oder nicht, da ich es wirklich vergessen hatte. "Zieh dich an, wir gehen Essen." wies er mich erneut an, und ich schlich ins Schlafzimmer, um mir mein schönstes Hemd anzuziehen, eine enge schwarze Jeans und meine Haare irgendwie zu retten. "Du hättest mir früher bescheid sagen können, ich seh unmöglich aus.." murmelte ich vor mir hin, während ich mit Haargel und einem Kamm meine Haare bändigte.

"Du siehst umwerfend aus, Babe." kam Tae hinter mich und legte seine Arme von hinten um mich, worauf ich ihn nur beschämt durch den Spiegel ansah. "Los, wir haben eine Reservierung." flüsterte er mir ans Ohr und ich bekam eine Gänsehaut am ganzen Körper. Tae nahm meine Hand, als wir das Haus verließen und wir gingen zu seinem Auto, ohne noch weiter über irgendwas zu sprechen. Eine angenehme Stille legte sich über uns und ich freute mich auf den Abend, auch wenn es mir noch immer ein wenig unangenehm war, dass ich mich von ihm einladen ließ. Wir fuhren vor einem schönen kleinen Restaurant vor, wo es BBQ gab. Meine Augen leuchteten, da ich es einfach liebte, meine Mutter allerdings nie wirklich Lust oder Geld hatte, so ein aufwendiges Essen zuzubereiten. Und Essen gehen? Da musste ich keine Erklärung geben, warum das bei uns nie drinnen war.

"Auf uns." lächelte Tae, während wir mit einem Glas Wein anstießen. Auch wenn ich noch nie wirklich in einem Restaurant essen war, so fühlte ich mich wohl. Das lag nicht nur an dem familiären Ambiente, nein es lag wohl zum größten Teil an Taehyung, der einfach wie immer mit mir umging und sich ganz normal unterhielt. "Du wolltest mit mir reden, Babe?" sprach er dann, nachdem wir unser Essen bekommen hatten. "Ähm.." stoppte ich in meiner Bewegung, da ich nicht wirklich wusste, wie ich mit dem Thema anfangen sollte. "Iss erstmal, wir können später reden. Wollte dich nur ein wenig ärgern." grinste Tae dann nur und fing schon an, die ersten Stücke Fleisch in eine süße Soße zu tunken und seufzte genüsslich auf. "Probier mal die Soße!" wies er mich an, nachdem ich bisher ohne Soße gegessen hatte. Ich sah ja, dass Tae die Soße mochte, deswegen wollte ich sie ihm nicht wegessen. "Nein, schon gut." lächelte ich nur und aß das Fleisch weiter, doch Tae machte mir einen Strich durch die Rechnung. "Mund auf." sagte er, als er mir eines seiner Stücke mit der Soße hinhielt.

Die Leute schauten ein wenig verwundert, doch Tae schien es nicht zu stören, also nahm ich das Fleisch, und verdammt, es schmeckte noch mal doppelt so gut mit der Soße. "Sei nicht so, wenn ich bei dir bin. Du kannst machen, auf was du Lust hast, wonach dir der Sinn steht. Schäm dich nicht, niemals. Ich bin doch nur Tae." griff er über den Tisch nach meiner Hand, worauf ich ihn leicht lächelnd ansah. "Ja, das ist es ja.. Du bist du.." sagte ich, und irgendwie fanden die Worte von selbst ihren Weg aus meinem Mund. "Du bist du.. Das ist ja das wundervolle.. Ich verstehe nicht, womit ich dich verdient habe.. Warum tust du all das für mich? Ich meine, ich bin dir so unendlich dankbar, aber.. Ich möchte nicht, dass du dir etwas erhoffst.. Was ich dir nicht geben kann?" senkte ich meinen Blick und wurde gegen Ende immer leiser. In mir keimte direkt eine Angst auf, dass ich nun etwas zerstört hatte. Würde Tae verstehen, dass ich ihm keine Beziehung geben konnte, wie er sie verdient hatte? Würde er mich rausschmeißen, und ich zurück in mein altes Leben gehen? Nun, das wäre wohl das beste für ihn, immerhin war ich eine wandelnde Katastrophe.

"Babe.." sprach Tae mich an, strich mir sanft über meinen Handrücken, meine Hand noch immer in seiner. "Ich weiß, dass ich mehr in uns sehe, als du. Aber ich verspreche dir, ich werde jeden Tag nutzen, den ich mit dir zusammen verbringen darf, um zu versuchen dass du dich in mich verliebst. Jede Sekunde, die ich dich in meinen Armen halten darf, genieße ich. Einfach deine Anwesenheit, dein Lächeln und deine Art, jedes funkeln deiner Augen macht meinen Tag so viel besser." nun senkte Tae seinen Blick, nur um mich danach mit seinen braunen Augen erneut zu mustern. "Ja, ich erhoffe mir etwas, ich habe Gefühle für dich, die weit über die eines normalen Freundes hinausgehen. Aber ich weiß, dass die letzten Wochen nicht einfach waren, und dass du Zeit brauchst. Ich gebe dir alle Zeit der Welt, aber bitte. Bitte lass mich in deinem Leben bleiben, lass mich bei dir sein und dir Liebe geben, auch wenn du sie nicht erwidern kannst. Stoß mich nicht von dir, ich habe so lange davon geträumt, dich so nah in meinem Leben zu haben." bat er mich, und ich sah in seinen Augen, dass er den Tränen nah war.

Moment mal, er dachte wirklich, ich würde ihn nun von mir stoßen? Nach allem, was er für mich getan hat? Nach all dem, was er für mich war, wie viel er mir bedeutete? Traurig musterte ich ihn, griff dann aber auch nach seiner Hand und lächelte ich an. "Tae, du bedeutest mir so viel.. Ich könnte nicht mehr ohne dich leben. Aber mehr als eine Freundschaft kann ich dir momentan nicht anbieten.. Und ob ich je wieder eine Beziehung will? Ich kann es dir nicht sagen. Aber ein Leben ohne dich kann ich mir nicht mehr vorstellen.." gestand ich ihm, und ich sah Erleichterung in seinen Augen, als er seine Mundwinkel hob und mich anlächelte. "Dann lass mich einfach bei dir sein, dich umarmen und dich durchkuscheln, wenn das alles für dich okay ist. Lass mich versuchen, dein Herz zu erobern, ich will dir zeigen, dass es wahre Liebe wirklich gibt." sprach er leise, flüsterte es mir schon fast zu.

Mehr als ein Nicken brachte ich nicht mehr raus, da mir der Mann, auf den ich schon so lange einen Crush hatte, gerade indirekt gestanden hatte, dass er mich liebte.

You. ᵗᵃᵉᵏᵒᵒᵏWhere stories live. Discover now