THIRTEE:N

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Taehyung und ich hatten es geschafft, den schmalen Grad zwischen einer sehr engen Freundschaft und einer Beziehung zu finden. Denn auch wenn ich mehr als nur Freundschaftliche Gefühle für ihn hatte, war ich noch nicht wirklich bereit für eine Beziehung. Min hatte wirklich sehr viel in mir zerstört, auch wenn er mich mittlerweile nicht mehr interessierte. Vor ein paar Tagen war ich bei meiner Mutter zu Besuch, um meine letzten Sachen zu holen. Ihr Zustand sollte mich schocken, doch irgendwie hatte ich das schon erwartet. Als ich in die Wohnung kam, roch es mehr als unangenehm, nach was genau, wollte ich nicht versuchen herauszufinden. "Mom?" rief ich nach ihr, mehr als ein "Hmh?" bekam ich nicht. War ja jetzt nicht so, dass ich ein paar Wochen nicht da war, und an sich nicht mehr hier wohnte. Störte es sie? Wohl kaum. Ein Mund weniger, den sie stopfen musste.

"Ich nehm dann meine restlichen Sachen, keine Ahnung wann ich wieder vorbei komme." schnappte ich mir meine Reisetasche, die ich mir von Tae geliehen hatte, und fing an meine letzten Habseligkeiten einzupacken. "Lässt dich auch mal wieder blicken, ja?" kam meine Mutter dann aber doch in mein Zimmer, ihr Anblick war wieder mal etwas ganz für sich. Dass sie zu Hause keine Hosen mehr trug war nichts neues für mich, aber dass sie nun nicht mal mehr Wert darauf legte einen BH zu tragen, oder sich zumindest zu bedecken schockte mich dann doch. Sie stand in einem alten, schlabberigen Shirt vor mir, eine Zigarette in der Hand und musterte mich nachdenklich. "Ja, bin aber gleich wieder weg." antwortete ich, wand meinen Blick ab und konzentrierte mich darauf, alles mit zu nehmen was ich brauchte. All den Papierkram, den man fürs Leben halt brauchte. Ich stockte in meiner Bewegung. In diesem Moment wurde mir so wirklich klar, dass ich mich, ohne es geplant zu haben, heute wohl von meiner Mutter verabschieden würde.

"Weißt du wo meine Geburtsurkunde ist?" fragte ich sie dann, ging an ihr vorbei zum großen Schrank im Wohnzimmer, wo sie alle Unterlagen bunkerte. Nicht, dass sie geordnet waren, nein. Einfach rein geschmissen und dann konnte man auf gut Glück schauen, ob man das richtige finden würde. Ich versuchte also mein Glück, wurde aber auch nach knapp 10 Minuten nicht fündig. Genervt stand ich wieder auf und packte alles was ich ausgeräumt hatte wieder zurück, würde zwar keinen Unterschied bei dem Chaos hier machen, aber ich war einfach grundlegend Anders als meine Mutter was Ordnung anging. Seufzend stand ich im Wohnzimmer und überlegte, ob ich noch etwas anderes als die Klamotten und paar Bilder brauchte, die ich in meinem Zimmer schon eingepackt hatte, entschied mich aber dagegen. Auch wenn ich später mal ohne Taehyung klar kommen würde, so würde ich lieber bei 0 anfangen, als irgendwas von hier mit in mein neues Leben zu nehmen.

Irgendwie fühlte es sich gut an, alles hinter mir zu lassen. Das einzige was ich aus meinem 'alten Leben' mitnehmen würde, war mein Bruder. Ich wollte gut in der Uni sein, um später einen guten Job zu bekommen und ihn vielleicht eines Tages zu mir zu holen, wenn er das wollte natürlich. Aber zu unserer Mutter zurück gehen würde er mit Sicherheit nicht. Mit einem Lächeln auf den Lippen ging ich in mein altes Zimmer, und erwischte meine Mutter gerade dabei, wie sie sich an meinem Geldbeutel zu schaffen machte. Taehyung hatte mir Geld gegeben, damit ich später mit dem Taxi nach Hause fahren konnte und nicht mit meiner großen Reisetasche in der Bahn herumsitzen müsste. Tja, dieses Geld hielt meine Mutter gerade in der Hand. "Wie kommst du an so viel Geld?" fragte sie mich, zählte es gerade nochmal. "Das geht dich nichts an." murmelte ich nur, innerlich gab ich mich schon geschlagen, da ich das Geld sowieso nicht wieder bekommen würde.

"Gib es mir bitte wieder, ich muss nach Hause kommen." sagte ich trotzdem, einen Versuch war es wert. "Nach Hause? Dein zu Hause ist hier! Du bist schon lang genug weg!" schnauzte sie mich an, zog ihre Zigarette zu Ende und schmiss sie auf den Boden. Ja, klar. "Du weißt genauso gut wie ich, dass das hier nie wirklich ein zu Hause war." schaute ich sie ernst an, doch sie lachte mich aus. "Und jetzt? Denkst du etwa dass du es alleine da draußen schaffst?" verschränkte sie ihre Arme und schaute mich abwartend an. "Glaub mir, du kannst niemandem vertrauen. Am Ende verarschen sie dich doch eh, du bist viel zu naiv und dumm für die harte Welt." schüttelte sie den Kopf und ich musste ihr in einer Sache recht geben. Ich war naiv und dumm, und das bekam ich auch immer wieder zu hören. "Ja, bin ich. Aber es gibt Menschen, denen bin ich wichtig, Menschen, die möchten, dass ich glücklich bin." antwortete ich ihr und nahm meine Reisetasche, schulterte sie und nahm mein Portmonee, natürlich ohne das Geld. Dieses hielt meine Mutter fest in ihrer Hand.

You. ᵗᵃᵉᵏᵒᵒᵏWo Geschichten leben. Entdecke jetzt